Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen eines Vergütungsanspruchs des Krankenhauses als Nothelfer gegen den Sozialhilfeträger

 

Orientierungssatz

1. Ein Anspruch des Krankenhauses als Nothelfer gegen den Sozialhilfeträger besteht nach § 25 SGB 12 nur solange, wie dieser keine Kenntnis vom Leistungsfall hat und ein Anspruch des Hilfebedürftigen gegen den Sozialhilfeträger deshalb nicht entsteht. Es fehlt am sozialhilferechtlichen Moment eines Eilfalls i. S. des § 25 S. 1 SGB 12, wenn Zeit verbleibt, die Entschließung des Sozialhilfeträgers über eine Gewährung der erforderlichen Hilfe abzuwarten (BSG Beschluss vom 1. 3. 2018, B 8 SO 63/17 B).

2. Die Nothilfe endet an dem Tag, an dem der Hilfebedürftige selbst einen Anspruch auf Krankenhilfeleistungen gegen den Sozialhilfeträger hat. Der Tag der Kenntniserlangung bzw. der Möglichkeit der Kenntniserlangung ist nicht mehr dem Nothelferanspruch zuzuordnen.

 

Tenor

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Erstattung von 1.687,33 Euro als Nothelferin für eine stationäre Krankenhausbehandlung einer Patientin in der Zeit vom 5. bis zum 8. Dezember 2014 streitig.

Die Klägerin betreibt das W. Krankenhaus G. in H., die Beklagte ist zuständiger Sozialhilfeträger. Am 5. Dezember 2014, einem Freitag, wurde die l. Staatsangehörige L.C., geb. am xxxxx 1979 (im Folgenden: die Patientin), um 11:00 Uhr in alkoholisiertem Zustand und mit Hämatomen im Gesicht vom Rettungsdienst der Feuerwehr H. in die Notaufnahme der Klägerin gebracht. Laut Rettungsdienstprotokoll hatte die Patientin gegenüber dem Rettungsdienstpersonal angegeben, mehrfach blutig erbrochen zu haben. Zu den Punkten „Anschrift des Versicherten“ und „Kostenträger“ hieß es im Protokoll „ofW“ bzw. „Selbstzahler“.

Die Klägerin nahm die Patientin stationär in ihre Abteilung für Innere Medizin auf und führte eine Gastroskopie durch, bei der eine schwere Refluxösophagitis zu erkennen war. Es erfolgte eine Therapie mit einem hochdosierten Protonenpumpenhemmer und eine weitere Medikamentengabe. Am 8. Dezember 2014 wurde die Patientin entlassen.

Die Patientin hatte im Krankenhaus ihre l. Identitätskarte vorgelegt und noch am 5. Dezember 2014 eine an die Beklagte adressierte und von der Klägerin vorformulierte „Mittellosigkeitserklärung“ unterschrieben, in der sie erklärte, keinen Versicherungsschutz zu haben und über keinerlei Vermögen zu verfügen, um die Krankenhauskosten aus eigenen Mitteln zu zahlen. Sie stelle daher einen Antrag auf Übernahme der Kosten durch das zuständige Sozialamt.

Am 9. Dezember 2014 ging bei der Beklagten ein Fax ein, mit dem der Behandlungsfall der Patientin gemeldet und die Übernahme der Behandlungskosten beantragt wurde. Die Klägerin gab darin an, es sei weder bekannt, wo die Patientin wohne bzw. sich für gewöhnlich aufhalte noch wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreite. Ob eine Krankenversicherung bestehe, werde noch ermittelt. Die Mittellosigkeitserklärung und eine ärztliche Stellungnahme zur Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit waren beigefügt.

Die Beklagte, bei der bereits im Oktober 2014 ein Behandlungsfall der Patientin durch die A. Klinik S. angemeldet worden war, forderte von der Klägerin mit Schreiben vom 11. Dezember 2014 verschiedene Unterlagen und Nachweise an, u.a. eine „Bestätigung, dass in der Heimat kein Krankenversicherungsschutz besteht“ und eine Erklärung der Patientin, wo sie sich in den letzten zwei Monaten aufgehalten und wovon sie gelebt habe. Die Klägerin übersandte daraufhin erneut die bei der Beklagten bereits eingegangenen Antragsunterlagen.

Mit Bescheid vom 6. März 2015, der Klägerin am 12. März 2015 zugestellt, lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme für die Behandlung der Patientin ab. Sie führte zur Begründung aus, von der Klägerin sei lediglich die Identität, nicht aber die sozialhilferechtliche Bedürftigkeit der Patientin nachgewiesen worden. Diesbezügliche eigene Ermittlungen der Beklagten seien ergebnislos geblieben.

Die Klägerin legte am 10. April 2015 Widerspruch ein und führte aus, die Patientin habe ihre Mittellosigkeit erklärt und könne daher die Behandlungskosten nicht tragen. Eine Meldeadresse in H. liege ebenso wenig vor wie eine Versicherung in L.. Beigefügt war eine Stellungnahme des l. Krankenversicherungsträgers vom 16. Dezember 2014 zum Fall der Patientin.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2016 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Zurückweisung des Widerspruchs an. Die Klägerin habe ihren Mitwirkungspflichten nicht genügt, da sie die Mittellosigkeit der Patientin nicht nachgewiesen habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2016, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 20. Dezember 2016 zugestellt, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin aus den Gründen des Anhörungsschreibens zurück.

Die Klägerin hat hiergegen ...

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