Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessung der Höhe des Einstiegsgeldes durch den Träger der Grundsicherung - Auswahlermessen
Orientierungssatz
1. Bei der Bewilligung von Einstiegsgeld nach § 16b SGB 2 bezieht sich das dem Grundsicherungsträger eingeräumte Auswahlermessen auf die Förderungshöhe und -dauer.
2. Das Einstiegsgeld soll lediglich einen Anreiz zur Aufnahme auch einer niedrig entlohnten Tätigkeit setzen und den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bei deren Aufnahme unterstützen. Dabei ist dessen individuelle Einkommens- und Lebenssituation zu berücksichtigen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten ein höheres Einstiegsgeld nach § 16b Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Kläger, der zur streitigen Zeit gemeinsam mit seiner Ehefrau im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II stand und arbeitslos war, beantragte am 30. November 2020 beim Beklagten die Gewährung von Einstiegsgeld im Rahmen der zum 1. Dezember 2020 vorgesehenen Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung als Außendienstmitarbeiter bei der H. GmbH. Der vorgelegte Arbeitsvertrag sah eine monatliche Bruttovergütung von 2.400 Euro vor, zuzüglich einer variablen Vergütung von maximal 100 Euro ab dem 1. Mai 2021, die sich an dem Erfolgsgrad bestimmter festgelegter Ziele orientieren sollte.
Mit Bescheid vom 11. Januar 2021 bewilligte der Beklagte dem Kläger ein Einstiegsgeld in Höhe von 159,90 Euro monatlich für den Zeitraum vom 1. Dezember 2020 bis zum 30. November 2021. Zur Begründung hieß es, die Entscheidung beruhe auf § 16b SGB II und der Verordnung zur Bemessung von Einstiegsgeld (Einstiegsgeld-Verordnung - ESGV) und sei unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfolgt. Das Einstiegsgeld solle den Kläger finanziell bei der Aufnahme der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung unterstützen und könne erbracht werden, wenn es für erforderlich gehalten werde, um die Hilfebedürftigkeit des Klägers prognostisch dauerhaft zu überwinden. Dabei seien die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Das Einstiegsgeld werde hier nach § 1 ESGV einzelfallbezogen bemessen. Im Falle des Klägers bestehe die Förderung aus einem Grundbetrag in Höhe von 116,70 Euro monatlich, entsprechend 30 % des individuellen Regelbedarfs von hier 389 Euro. Weiterhin werde dem Kläger ein Ergänzungsbetrag in Höhe von 43,20 Euro monatlich, entsprechend 10 % des „vollen“ Regelbedarfs von 432 Euro pro zusätzlichem leistungsberechtigtem Mitglied seiner Bedarfsgemeinschaft, gewährt. Daraus ergebe sich eine monatliche Fördersumme von 159,90 Euro.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, der Beklagte sei bei der Bewilligung des Einstiegsgeldes „vom üblichen Maß“ abgewichen.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2021 zurück. Der Kläger verdiene 1.641,30 Euro netto, bereinigt seien dies 1.341,30 Euro. Er sei mit diesem Einkommen in der Lage, den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft von 1.024 Euro zu decken. Eine Förderung durch die Gewährung von Einstiegsgeld sei daher möglich. Hinsichtlich des Förderungsumfanges handele es sich um eine Ermessensentscheidung. Das Ermessen sei hier dahingehend auszuüben, die bewilligten 159,90 Euro zu gewähren. Die Förderungshöhe von 30 Prozent ergebe sich aus der Beachtung der Einkommens- und Lebenssituation des Klägers. Zudem sei auch das Interesse der Allgemeinheit an einem wirtschaftlichen Umgang mit steuerfinanzierten Mitteln zu berücksichtigen.
Der Kläger hat am 19. April 2021 Klage zum Sozialgericht Hamburg erhoben. Er hat die Höhe des ihm gewährten Einstiegsgeldes für unangemessen niedrig gehalten; es liege „weit unterhalb der sonst üblichen Höhe“. Der Beklagte habe zudem weder das Einkommen seiner Ehefrau noch die Kosten seiner Diabetes-Erkrankung und seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Tochter berücksichtigt. Außerdem habe der Beklagte die Höhe seiner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes falsch bemessen; dagegen sei bereits Klage erhoben worden. Der Beklagte müsse deshalb eine neue Einschätzung seiner tatsächlichen wirtschaftlichen Lage vornehmen.
Das Sozialgericht hat im Vorbringen des Klägers den Antrag erkannt,
den Bescheid vom 11. Januar 2021 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2021 abzuändern und ihm ein höheres Einstiegsgeld zu bewilligen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich auf die angefochtenen Bescheide bezogen.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren mit Beschluss vom 29. November 2021 abgelehnt. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 24. März 2022 zurückgewiesen ( L 4 AS 379/21 B PKH).
Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. Juli...