Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzung eines ergangenen Verwaltungsaktes bzw. eines Vorverfahrens zur Zulässigkeit bzw. Begründetheit der Klage
Orientierungssatz
1. Hat der Beklagte den gegen ein an ihn gerichtetes Schreiben als unzulässigen Widerspruch zurückgewiesen, mit der Begründung, dieses stelle keinen Verwaltungsakt dar, so ist die gegen den ergangenen Widerspruchsbescheid erhobene Anfechtungsklage nicht unzulässig, sondern unbegründet.
2. Fehlt bei einer erhobenen Verpflichtungsklage das erforderliche Vorverfahren, so ist die erhobene Klage dagegen unzulässig.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1983 geborene Kläger war von April 2012 bis Juni 2016 Rechtsreferendar im Bezirk des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG Hamburg). Hierbei handelte es sich um ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis mit Anspruch auf Unterhaltsbeihilfe (§ 37 des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes ≪HmbJAG≫). Es bestand Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch i.V.m. § 37 Abs. 2 S. 4 HmbJAG). Aus der Unterhaltsbeihilfe wurden von der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, sozialen Pflegeversicherung und zur Arbeitslosenversicherung entrichtet. § 37 Abs. 2 S. 1 HmbJAG in der bis zum 6. Juni 2017 geltenden Fassung sah eine ungekürzte Zahlung der Unterhaltsbeihilfe unter anderem im Krankheitsfall vor. Erst mit Wirkung ab 7. Juni 2017 wurde die Vorschrift ausdrücklich um den Zusatz ergänzt, dass das Entgeltfortzahlungsgesetz Anwendung finde.
Des Weiteren übte der Kläger eine selbstständige künstlerische Nebentätigkeit aus, die von Oktober 2012 bis Ende 2014 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) begründete.
Vom 30.September 2013 bis zum 31. März 2014 war der Kläger arbeitsunfähig. Die FHH zahlte die Unterhaltsbeihilfe für sechs Wochen bis zum 10. November 2013 fort. Anschließend bezog der Kläger Krankengeld von der Beklagten, das diese (zunächst, s. Urteil vom heutigen Tag im Verfahren L 1 KR 77/19) in Höhe von 10,21 € brutto kalendertäglich bewilligte. Bei der Berechnung legte sie das Einkommen aus der selbstständigen künstlerischen Tätigkeit entsprechend den Meldungen der Künstlersozialkasse zugrunde.
Am 27. März 2014 teilte der Kläger der Beklagte mit, dass der Dienstherr auch im Krankheitsfalle Unterhaltsbeihilfe weiter leisten müsse und folglich auch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum der Zahlungseinstellung der Unterhaltsbeihilfe vom 11.November 2013 bis 31. März 2014 abzuführen wären.
Mit Schreiben vom 11. April 2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Beiträge aus der Unterhaltsbeihilfe vom Arbeitgeber solange geleistet würden, wie die Entgeltfortzahlung andauere.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2014 als unzulässig verwarf. Bei dem Schreiben vom 11. April 2014 handle es sich nicht um einen Verwaltungsakt, da das Erläuterungsschreiben keinen Regelungscharakter habe.
Mit Schreiben vom 23. April 2014 übermittelte die Beklagte dem Kläger den Meldeverlauf der aus seinem Krankengeld gezahlten Beitragsanteile zur Rentenversicherung.
Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2014 als unzulässig verwarf. Bei dem Schreiben vom 23. April 2014 handle es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Die Beklagte habe den Kläger gemäß § 14 des Sozialgesetzbuchs Erstes Buch (SGB I) über die aus dem Krankengeld abgeführten Beiträge zur Rentenversicherung informiert. Der Meldeverlauf habe keinen Regelungscharakter.
Am 27. Januar 2015 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass die Unterhaltsbeihilfe auch im Krankheitsfall voll zu zahlen sei und daher auch die Pflicht zur Zahlung der Beiträge der Arbeitslosenversicherung bestehe. Die Beklagte sei als Einzugsstelle verpflichtet gewesen, auch für die ersten 11 Tage des Novembers 2013 Beiträge zur Rentenversicherung einzuziehen und abzuführen.
Nach diesbezüglicher Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage durch Gerichtsbescheid vom 27. März 2019 als unzulässig abgewiesen.
Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG könne durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Verwaltungsakt sei jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts treffe und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sei (§ 31 S. 1 des Sozialgesetzbuchs Zehntes Buch ≪SGB X≫).
Die Be...