Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschiedenenwitwenrentenanspruch. letzter wirtschaftlicher Dauerzustand. Billigkeitsunterhalt. Anrechnungsmethode
Leitsatz (amtlich)
1. Ob ein zur Gewährung einer Geschiedenenwitwenrente erforderlicher Unterhaltsanspruch gemäß § 60 EheG 1946 besteht, ist nicht anhand der im Rahmen des § 58 EheG 1946 von der Rechtsprechung angewandten Anrechnungsmethode zu bestimmen.
2. Die Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs gemäß § 60 EheG 1946 sind nicht schon dann erfüllt, wenn deutliche Unterschiede in den Einkommensverhältnissen beider Ehegatten bestehen, sondern nach Wortlaut, Sinn und Zweck dieser Bestimmung erst, wenn sich der bedürftige Ehegatte nicht selbst unterhalten kann. Dies ist der Fall, wenn er weder über hinreichendes Einkommen noch Vermögen verfügt, somit zum Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz berechtigt ist.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin Geschiedenenwitwenrente aus der Versicherung des H. M zu gewähren hat.
Die zwischen der Klägerin und dem Versicherten am 20. April 1960 geschlossene Ehe wurde rechtskräftig am 2. Dezember 1971 aus beiderseitigem Verschulden geschieden. Die 1960 und 1961 geborenen Kinder blieben bei der Klägerin.
Ein Unterhaltsurteil liegt nicht vor. Nach einem Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts -- Hans.OLG -- vom 12. November 1971 wurde auf die Gegenvorstellung des Antragsgegners (Versicherter) der (nicht mehr vorliegende) Beschluss vom 10. September 1971 hinsichtlich des Unterhalts der Antragstellerin (Klägerin) dahingehend geändert, dass dem Antragsgegner auferlegt wurde, an diese monatlich DM 420.-- zu zahlen; der weitergehende Antrag wurde zurückgewiesen.
Der Versicherte, der zwischenzeitlich die Beigeladene geheiratet hatte, ist am 14. April 1985 verstorben; die Beigeladene erhält von der Beklagten eine Hinterbliebenenrente (Bescheid vom 22. August 1985).
Zum Zeitpunkt der Scheidung betrug das monatliche Brutto-Einkommen des Versicherten DM 1.900.-- (1971), während die Klägerin bis Anfang der siebziger Jahre nicht berufstätig war. 1984 hatte der Versicherte ein monatliches Brutto-Einkommen von mindestens DM 5.200.-- (Beitragsbemessungsgrenze), im Januar bis März 1985 von jeweils DM 5.400.-, vom 1. bis zum 14. April 1985 von DM 2.520.-.
Die als selbständige Grafikerin tätige Klägerin erzielte ausweislich der Einkommensteuererklärung 1984 einen Gewinn von DM 25.020.-.
Sie wurde am 4. Januar 1985 Opfer einer Gewalttat und befand sich bis zum 27. März 1985 im Krankenhaus. Während dieser Zeit erhielt sie Krankenhaustagegeld aufgrund einer bei der Hanse-Merkur Krankenversicherungs a.G. -- Hanse-Merkur -- bestehenden Versicherung. In der Folgezeit war die Klägerin arbeitsunfähig und weitgehend ohne eigenes Einkommen. Ausweislich des Einkommensteuerbescheides erzielte sie im Jahre 1985 einen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von -- i.H.v. -- DM 297.-.
Auf ihren im Mai 1986 beim Versorgungsamt Hamburg gestellten Antrag hin wurde der Klägerin mit Bescheid des Versorgungsamtes Hamburg vom 27. Juni 1988 ab 1. Mai 1986 eine Grundrente sowie mit Bescheid vom 10. Februar 1993 für die Zeit vom 1. Mai 1986 bis 31. Dezember 1986 eine Ausgleichsrente (i.H.v. DM 367.-, ab 1. Juli 1986 i.H.v. DM 375.-), ein Ehegattenzuschlag (i.H.v. DM 91.-, ab 1. Juli 1986 i.H.v. DM 93.-) und ein Berufsschadensausgleich (i.H.v. DM 1.353.-, ab 1. Juli 1986 i.H.v. DM 1.382.-) nach dem Opferentschädigungsgesetz -- OEG -- gewährt. Der Leistungsgewährung wurde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 60 vom Hundert für die Zeit bis 31. Dezember 1986 zugrunde gelegt (ab 1. Januar 1987 betrug die MdE 30, ab 1. Mai 1990 40 vom Hundert).
Am 1. Februar 1993 beantragte die Klägerin die Gewährung von Geschiedenenwitwenrente. Auf Anfrage teilte sie der Beklagten mit Schreiben vom 13. September 1993 mit, dass auch der sie damals vertretende Anwalt nicht die Frage beantworten könne, warum 1971 kein Antrag auf Billigkeitsunterhalt gestellt worden sei; Unterlagen lägen weder bei ihm noch beim Gericht vor. Sie habe bis zur Rechtskraft der Scheidung Unterhalt erhalten. Danach sei Unterhalt nur noch für die Kinder gezahlt worden. Die Witwe des Versicherten erklärte, dass dieser allein für die Kinder, nicht aber für die Klägerin habe Unterhalt zahlen müssen.
Mit Bescheid vom 5. Oktober 1993 lehnte die Beklagte den Antrag ab und wies den Widerspruch mit Bescheid vom 21. Juni 1994 zurück, da die Klägerin zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten weder einen Unterhaltsanspruch gegen diesen gehabt noch von ihm tatsächlich Unterhalt erhalten habe.
Das Sozialgericht hat die hiergegen erhobene Klage nach Beiladung der Witwe des Versicherten mit Urteil vom 10. Februar 1998 abgewiesen. Der Versicherte habe der Klägerin unstreitig keinen Unterhalt geleistet. Sie könne auch keinen Unterhaltsanspruch aus dem Beschluß des Hans.OLG vom 12. November 1971 herleiten, da dieser nur de...