Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Entlassung aus der vollstationären Krankenhausbehandlung. Abwarten der endgültigen Histologie. Wiederaufnahme. keine Beurlaubung

 

Orientierungssatz

Eine Beurlaubung iS des § 1 Abs 7 S 4 FPV 2012 (juris: FPVBG 2012) liegt nicht vor, wenn der Patient aus der vollstationären Krankenhausbehandlung entlassen wurde, um die Ergebnisse der endgültigen Histologie abzuwarten, die dann zu einer Wiederaufnahme geführt haben.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.11.2019; Aktenzeichen B 1 KR 6/19 R)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin ist der Krankenversicherer der Frau H., geboren (im Weiteren: Versicherte). Die Beklagte betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Die Versicherte befand in der in der Zeit vom 13. bis 20. Januar 2012 und vom 24. Januar bis 1. Februar 2012 in stationärer Behandlung im Krankenhaus der Beklagten. Sie wurde aufgrund einer verdächtigen Raumforderung im rechten Lungenoberlappen aufgenommen. Es bestand der Verdacht auf ein Adenokarzinom der Lunge, nachdem die Versicherte fünf Jahre zuvor bereits unter einer onkologischen Erkrankung litt. Während des ersten Aufenthaltes wurde die Versicherte am 16. Januar 2012 operiert, wobei die Raumforderung mittels Keilresektion entfernt und das Gewebe analysiert wurde. Das Ergebnis des Schnellschnitts wurde noch während der OP mitgeteilt. In einem vorläufigen pathologischen Bericht vom 18. Januar 2012 hieß es dann, dass es sich am ehesten um ein primäres Lungenkarzinom handele, zur Diagnoseabsicherung aber noch weitere Untersuchungen erforderlich seien. Am Morgen des 20. Januar 2012, einem Freitag, wurde die Versicherte in die ambulante Weiterbehandlung entlassen. Die Ergebnisse der endgültigen histologischen Untersuchung lagen der Beklagten am Abend des 20. Januar 2012 vor. Am 24. Januar 2012 wurde die Versicherte wieder stationär aufgenommen und es erfolgten eine Lobektomie des Oberlappens rechts sowie eine radikale Lymphadenektomie.

Für den ersten Aufenthalt rechnete die Beklagte die D. (D.) E06C (Andere Lungenresektionen, Biopsie an Thoraxorganen und Eingriffe an Thoraxwand, Pleura und Mediastinum ohne äußerst schwere CC, Alter ) 15 Jahre) mit einem Entgelt in Höhe von 5.706,81 € ab und für den zweiten Aufenthalt die D. E05B (Andere große Eingriffe am Thorax ohne äußerst schwere CC, bei bösartiger Neubildung) mit einem Entgelt in Höhe von 8.584,51 €.

Die Klägerin beglich die beiden Rechnungen am 24. Februar 2012 und 29. März 2012 in voller Höhe. Zur Überprüfung der Abrechnungen schaltete sie den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein, welcher in seinem Gutachten vom 11. November 2013 zu dem Ergebnis gelangte, dass die beiden Behandlungsfälle zusammenzufassen und mit der DRG E05B abzurechnen seien.

Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 15. April 2014 mitteilte, dass sie das Gutachten des MDK nicht akzeptiere und den damit konkludent geltend gemachten Erstattungsanspruch nicht anerkannte, hat die Klägerin am 29. Dezember 2014 Klage erhoben. Zur Begründung beruft sie sich auf das Gutachten des MDK und macht geltend, die durchgeführte Behandlung in zwei getrennten Aufenthalten habe nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen. Es handele sich vorliegend nicht um zwei selbstständige medizinische Behandlungsfälle, die mit jeweils einer D.-Fallpauschale abzurechnen wären. Vielmehr habe die Klägerin einen noch nicht abgeschlossenen Behandlungsfall unzutreffend in zwei Abrechnungsfälle aufgeteilt (sog. Fallsplitting). Es habe bereits vor der Entlassung der Versicherten am 20. Februar 2012 festgestanden, dass die medizinische Notwendigkeit zur weiteren stationären Behandlung bestanden habe. Die Versicherte hätte daher in der Zeit vom 20. bis 24. Januar 2012 lediglich beurlaubt werden dürfen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. Juni 2018 abgewiesen. Rechtsgrundlage eines Vergütungsanspruchs für eine Krankenhausbehandlung sei i.V.m. (KHEntG), die Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2012 (FPV 2012) sowie der am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Vertrag Allgemeine Bedingungen Krankenhausbehandlung vom 19. Dezember 2002 zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft e.V. und den Verbänden der Krankenkassen (Vertrag nach § 112 SGB V). Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse für die Krankenhausbehandlung entstehe unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolge und gemäß erforderlich sei. Im vorliegenden Fall stehe fest, dass die stationäre Behandlung der Versicherten erforderlich gewesen sei. Die Beklagte habe den Behandlungsfall nach Überzeugung der Kammer auch zu Recht mit zwei Krankenhausbehandlungen abgerechnet. Die Voraussetzungen fü...

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