Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung der steuerrechtlichen Vorschriften zur Einkommensermittlung beim Elterngeld

 

Orientierungssatz

1. Bei der Anwendung der steuerrechtlichen Vorschriften zur Einkommensermittlung ist auf das im Bemessungszeitraum erzielte Einkommen abzustellen.

2. Die am Jahresprinzip des § 2 Abs. 2 EStG orientierte lohnsteuerrechtliche Zuordnung, wonach später als drei Wochen nach Jahresende für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Jahres zugeflossener Arbeitslohn als sonstiger Bezug im Folgejahr bezeichnet ist, ist im Rahmen des § 2 Abs. 7 S. 2 BEEG nicht zu übernehmen.

3. Für die Berücksichtigung von Umsatzbeteiligungen als laufende Bezüge bei der Bemessung von Elterngeld ist es nicht erforderlich, dass diese monatlich ausgezahlt werden. Sonstige Bezüge liegen danach nicht vor, wenn mit den Zahlungen ein verbindlich geschuldeter Teil des tatsächlich erwirtschafteten Gesamtarbeitslohnes befriedigt wird und die Auszahlungen dieser Lohnanteile zwar unterjährig, jedoch nicht monatlich mit dem Grundgehalt erfolgen. Um sie als laufenden Arbeitslohn einordnen zu können, müssten den Zahlungen jeweils unterjährige Arbeitszeiträume entsprechen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. September 2010 aufgehoben sowie der Bescheid der Beklagten vom 18. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2009 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Elterngeld in Höhe von 1.800,00 EUR monatlich abzüglich des bezogenen Mutterschaftsgeldes und des bezogenen Zuschusses zum Mutterschaftsgeld zu gewähren. Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Klage- und das Berufungsverfahren dem Grunde nach zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des Elterngeldanspruchs der Klägerin.

Die 1976 geborene Klägerin besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und lebt mit ihrem Ehemann in H ... Sie bezog vor der Geburt ihrer Tochter Y. am XXXXX 2009 Erwerbseinkommen aus einer abhängigen Beschäftigung als Zahntechnikerin bei der Praxislaborgemeinschaft E. in H., einem Minijob bei der Ärztin D. in H. und einer Aushilfstätigkeit bei der Firma A ... § 7 des zwischen der Fa. E. und der Klägerin am 1. Oktober 2006 geschlossenen Anstellungsvertrages vom 1. Oktober 2006 lautet wie folgt:

"Frau C. erhält für die Tätigkeit ein monatliches Bruttoentgelt von 2.033,88 EUR, außerdem vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 26,59 EUR und Fahrgeld in Höhe von 64,10 EUR zahlbar am Ende eines Monats nachträglich. Es werden 13 Gehälter per anno gezahlt, aufgeteilt in ½ im Juni, ½ im November. Mehrarbeit wird über einen Umsatzschlüssel vergütet. D.h. für zahntechnische Umsätze, die dem Zahntechniker Frau C. individuell zugerechnet werden können und über 82.585,08 EUR liegen, erhält dieser eine Umsatzbeteiligung von 15 %. Es wird eine monatliche Vorschusszahlung auf die zu erwartende Umsatzbeteiligung von EUR 255,65 vereinbart. Alle darüber hinausgehende Leistungen und Vergütungen der Praxisgemeinschaftslaborinhaber sind freiwilliger Natur. Auf sie besteht kein Rechtsanspruch. Das gilt insbesondere für Gratifikationen, gleich aus welchem Anlass ... Auf den Antrag der Klägerin vom 9. Februar 2009 bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2009 für das erste Lebensjahr ihres Kindes Elterngeld in Höhe von 67 vH eines durchschnittlich erzielten monatlichen Nettoeinkommens in Höhe von 1.867,22 EUR, das sie, ausgehend von einem Bemessungszeitraum von November 2007 bis Oktober 2008, auf Grundlage der vorgelegten Gehaltsabrechnungen und der in den Abrechnungen der Fa. E. ausgewiesenen Steuer-Brutto-Gehälter ermittelt hatte. Bei der Leistungsbemessung ließ die Beklagte unter anderem drei in den Monaten Dezember 2007 in Höhe von 6.284,17 EUR, im Mai 2008 in Höhe von 21.506,92 EUR und im Juli 2008 in Höhe von 7.277,64 EUR gezahlte Umsatzbeteiligungen unberücksichtigt. Hieraus ergab sich ein monatlicher Elterngeldanspruch von 1.251,04 EUR, der wegen der Anrechnung des zuvor bezogenen Mutterschaftsgeldes nebst Arbeitgeberzuschuss (55,20 EUR kalendertäglich) für den ersten Lebensmonat des Kindes auf 0,- EUR und für den zweiten Lebensmonat auf 89,36 EUR vermindert wurde.

Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass die Beklagte die Umsatzbeteiligungen, die nach dem von ihr vorgelegten Arbeitsvertrag ein variabler Bestandteil ihres Gehalts seien, bei der Berechnung des Elterngeldanspruchs hätte berücksichtigen müssen. Nach § 7 ihres Arbeitsvertrages enthielten die monatlichen Zahlungen einen Vorschuss auf die zu erwartende Umsatzbeteiligung. Somit sei diese eine endgültige Abrechnung der laufenden monatlichen Vorauszahlung. Hiermit blieb die Klägerin ohne Erfolg. Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Mai 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, sie habe als Einkommen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG...

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