Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsanspruch der Krankenkasse gegenüber dem Krankenhausträger bei überzahlter Vergütung einer stationären Behandlung des Versicherten - CPAP-Beatmung
Orientierungssatz
1. Hat der Krankenhausträger der Krankenkasse des Versicherten einen unzutreffenden Betrag für eine stationäre Behandlung in Rechnung gestellt und hat die Krankenkasse den Betrag an das Krankenhaus gezahlt, so ist Rechtsgrundlage der Forderung der Krankenkasse der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Die Krankenkasse schuldet gemäß §§ 109, 12 SGB 5 dem Krankenhausträger lediglich den Betrag aufgrund der zutreffenden Kodierung.
2. Die Auslegung der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) hat streng nach deren Wortlaut zu erfolgen (BSG Urteil vom 18. 9. 2008, B 3 KR 15/07 R).
3. Zeiten der CPAP-Beatmung können nur dann den für das Groupen relevanten Beatmungsstunden zugerechnet werden, wenn sich die CPAP-Beatmung als Entwöhnungsbehandlung darstellt.
4. Dient die Beatmung mit CPAP nicht der Entwöhnung von der maschinellen Beatmung, sondern der Behandlung der Grunderkrankung der Atemwege, so hat die Abrechnung nach der DRG P64Z zu erfolgen. Eine Beatmungsdauer von unter 480 Stunden führt zu der DRG 03 B.
Tenor
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch auf Vergütung einer Krankenhausbehandlung in Höhe von 14.267,47 EUR.
Die bei der Klägerin versicherte B. wurde in der Zeit seit ihrer Geburt am 20.09. bis zum 19.10.2012 in der pädiatrischen Abteilung des Johannes Wesling Klinikums Minden der Beklagten vollstationär behandelt.
Die Beklagte stellte der Klägerin für ihre Leistung einen Betrag von 34.885,14 EUR in Rechnung, die von der Klägerin am 13.12.2012 bezahlt wurde. Der Abrechnung legte sie die DRG P03C zu Grunde. Insbesondere kodierte sie 106 Beatmungsstunden.
Nachdem die Klägerin den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) mit einer Prüfung der Abrechnung beauftragt hatte, gelangte der Gutachter Dr. B1 mit Gutachten vom 14.03.2013 und nach Widerspruch der Beklagten mit weiterem Gutachten vom 15.05.2013 zu der Einschätzung, dass die Beatmungsstunden nicht zu kodieren seien. Die hier unstreitig vorliegende Continous-Positive-Airway-Pressure-(CPAP)-Unterstützung bei Neugeborenen und Säuglingen außerhalb der Entwöhnungszeit sei erst seit dem 01.01.2013 der Beatmungszeit zuzurechnen.
Am 31.07.2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, wegen der fehlerhaften Abrechnung stehe ihr ein Erstattungsanspruch zu. Bei richtiger Kodierung komme DRG P64Z zur Abrechnung; die Klageforderung entspreche der Differenz zu der Abrechnung auf Grundlage der DRG P03C. Die Aufnahme des Säuglings sei direkt nach der Geburt erfolgt. Aufgrund des festgestellten Atemnotsyndroms sei eine Atemunterstützung mittels CPAP erfolgt. Die Kodierung der Beatmungsstunden bei CPAP sei nicht analog der maschinellen Beatmung zu erfassen. Erst im Jahre 2013 sei die Deutschen Kodierrichtlinie (DKR) hinsichtlich der CPAP-Therapie bei Säuglingen angepasst worden. Somit seien die Beatmungsstunden zu streichen. Die Änderung der DKR 1001 (maschinelle Beatmung) von der Version 2012 zur Version 2013 sei eine Reaktion auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Saarland vom 14.12.2011 (L 2 KR 76/10) gewesen. Auf Grund des Engagements der Fachgesellschaft GKinD sei es infolgedessen zu der Änderung gekommen. Das LSG Hamburg habe in einer Entscheidung (Urteil v. 27.3.2014 - L 1KR 119/12) bestätigt, dass eine rückwirkende Änderung der DKR 2013 nicht in Betracht käme.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass im vorliegenden Fall anders als bei dem Urteil des LSG Saarland zu Grunde liegenden Sachverhalt eine CPAP-Unterstützung mittels Maske erfolgt sei. Des Weiteren lasse sich der Kommentierung der DKR aus dem Jahr 2012 entnehmen, dass im vorliegenden Fall die CPAP-Unterstützung zu den Beatmungsstunden hinzugerechnet werden solle. Darin heiße es: "Entsprechend der Festlegung in diesem Abschnitt der DKR ist bei Einsatz von CPAP bei Neugeborenen und Säuglingen - im Gegensatz zum Einsatz bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen und ausgenommen bei der Behandlung einer Störung wegen Schlafapnoe (siehe unten) - die Anwendung von CPAP als Beatmungsstunden zu zählen und der entsprechende Kode aus 8-711 Maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen anzugeben". Es finde sich im Anhang bei der DKR Version 2013 unter dem Punkt spezielle Kodierrichtlinie, Kapitel 10 Krankheiten des Atmungssystems auf Seite 153 der Hinweis, dass auch im Jahr 2012 die CPAP bei den Beatmungsstunden zu berücksichtigen gewesen sei. Dort heiße es: "Klarstellung, dass die Dauer der Atemunterstützung mit kontinuierlichem positiven Atemwegsdruck (CPAP) bei Neugeborenen und Säuglingen bei der Ermittlung der Beatmungsdauer zu berücksichtigen ist". Aus der Verwendung des Begriffes der Klarstellung gehe hervor, dass eine bereits bestehende, eventuell missverst...