Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Hilfebedürftigkeit. Vermögen. Treuhand. Verbindlichkeiten. Erbschaft. Pflichtteilsanspruch. Aufwendungen für eine Kranken- und Pflegeversicherung
Leitsatz (redaktionell)
Vermögen, das aus einer Erbschaft stammt, ist jedenfalls dann nicht um etwaige Pflichtteilsansprüche anderer Erben zu mindern, wenn diese Erben ihre Ansprüche gar nicht geltend machen.
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 12 Abs. 1, 3 S. 1 Nr. 6, Abs. 4; BGB § 1967
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht einen Anspruch Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 30. November 2010 geltend.
Der Kläger, an dessen gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und Erwerbsfähigkeit im Jahr 2010 keine Zweifel bestehen, ist am ... 1948 geboren. Er bezog seit Mai 2005 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Am ... 2007 verstarb die Mutter des Klägers. Das Amtsgericht Hamburg-Blankenese stellte zunächst einen Erbschein aus, der den Kläger und seine Schwester als Miterben zu je 1/2 auswies. Nachdem ein Testament gefunden worden war, das den Kläger zum Alleinerben einsetzte, zog das Amtsgericht Hamburg-Blankenese den gemeinschaftlichen Erbschein mit Beschluss vom 28. August 2007 ein und stellte am 7. September 2007 einen Erbschein aus, der den Kläger als Alleinerben auswies. Eine Erklärung des Klägers über die Ausschlagung des Erbes sah das Amtsgericht Hamburg-Blankenese als unerheblich an. Der Kläger beantragte daraufhin die Einziehung des Erbscheins vom 7. September 2007, was das Amtsgericht Hamburg-Blankenese mit Beschluss vom 22. November 2007 zurückwies (507 IV-VI 739/07). Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde wies das Landgericht Hamburg mit Beschluss vom 29. Januar 2008 zurück (301 T 649/07). In der Begründung führte das Landgericht aus, der Erbschein vom 7. September 2007 sei richtig, der Kläger sei Alleinerbe seiner Mutter geworden.
Der Kläger führte einen Schadensersatzprozess seiner Mutter gegen die E.-Klinik H. GmbH (im Folgenden: E.-Klinik) vor dem Landgericht Hamburg fort (303 O 307/04). Mit Urteil vom 4. April 2008 sprach das Landgericht dem Kläger einen Zahlungsanspruch in Höhe von 80.908,43 Euro nebst Zinsen zu. Der Kläger und die E.-Klinik legten Berufung beim Hanseatischen Oberlandesgericht (1 U 79/08) ein. In der Berufungsbegründung vom 24. Juli 2008 führte die E.-Klinik aus, dass die Haftung dem Grunde nach und die Verpflichtung zur Zahlung einer "unstreitigen Urteilssumme" von 38.004,82 Euro akzeptiert werde. Am 18. September 2008 wurde einem Sparkonto (S.) des Klägers bei der S.-Bank ein Zahlungseingang in Höhe von 48.713,25 Euro von der Versicherung der E.-Klinik mit dem Betreff "nicht angefochtene Urteilssumme zzgl. Zinsen" gutgeschrieben.
Bei einem Datenabgleich nach § 52 SGB II erfuhr die Rechtsvorgängerin des Beklagten, die H. Arbeitsgemeinschaft SGB II, Anfang November 2009 davon, dass der Kläger im Jahr 2008 Kapitalerträge in Höhe von 85,- Euro erzielt hatte. Mit Schreiben vom 9. November 2009 teilte sie dies dem Kläger mit und bat um lückenlose Belege über das Einkommen bzw. das Vermögen, das diesem Kapitalertrag zugrunde lag. Der Kläger äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 11. November 2009, 2. Dezember 2009 und 14. Dezember 2009, erläuterte die Erbschaft und den Schadensersatzprozess und teilte folgendes mit: Die Zahlung aus dem Schadenersatzprozess stünde nicht ihm allein, sondern auch seiner Schwester zu, außerdem seien hieraus Verbindlichkeiten seiner Mutter zu begleichen. Deshalb habe er die Zahlung einem Treuhandkonto zugeführt. Er könne über die Gelder erst nach rechtskräftigem Abschluss des Rechtsstreits mit der E.-Klinik verfügen. Die E.-Klinik habe die gut 48.000,- Euro überwiesen, ohne hierzu aufgefordert worden zu sein und unter Bezug auf die bisherige Rechtslage. Daraus folge, dass für den Fall, dass sich im Berufungsverfahren eine andere Rechtslage ergebe, die E.-Klinik diese vorab gezahlte Summe wieder zurückfordern könne und selbstverständlich auch werde. Ihm seien außerdem insgesamt über 5.000,- Euro an Anwaltskosten aus einem Prozess mit seiner Schwester entstanden. Dieser habe folgenden Hintergrund: Seine Mutter habe ihr Haus 1988 durch Schenkung an seine Schwester übertragen. Er selbst sei damals überschuldet gewesen. Nachdem seine Mutter 2001 infolge eines ärztlichen Kunstfehlers pflegebedürftig geworden sei, sei er 2002 zu ihr in ebenjenes Haus gezogen und habe ihre Betreuung und Pflege übernommen. Seine Schwester habe ihm anlässlich dessen versprochen, dass ihm nach dem Tode der Mutter die Hälfte des Hauses zustehen solle, dies habe sie auch schriftlich bestätigt. Nach dem Tod der Mutter im Jahr 2007 habe die Schwester diese Vereinba...