Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Hilfebedürftigen auf zusätzliche Gewährung eines behinderungsbedingten Mehrbedarfs
Orientierungssatz
1. Nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB 12 wird für Personen, welche die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB 12 noch nicht erreicht haben, voll erwerbsgemindert sind und denen das Merkzeichen "G" zuerkannt ist, ein Mehrbedarf von 17 % des maßgeblichen Regelsatzes anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.
2. Eine rückwirkende Feststellung der Erwerbsunfähigkeit des Antragstellers nach § 44a SGB 2 führt nicht zur Zuständigkeit des Grundsicherungsträgers für die Gewährung von Leistungen für die Vergangenheit. Vielmehr ist der Sozialhilfeträger als eigentlich Leistungsverpflichteter auch zuständig für die Erfüllung eines etwa höheren als des bereits bewilligten Anspruchs.
Tenor
Die Berufung der Beigeladenen wird zurückgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene hat ein Zehntel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
... Juni 1958 geborene Kläger, dem von der Rechtsvorgängerin des Beklagten (im Weiteren einheitlich: Beklagter) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für einen Zeitraum bewilligt wurden, für den nachträglich durch den Träger der Rentenversicherung eine dauerhafte volle Erwerbsminderung festgestellt wurde, begehrt für diesen Zeitraum die zusätzliche Gewährung eines behinderungsbedingten Mehrbedarfs durch die Beigeladene, bei der es sich um die Leistungsträgerin nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) handelt.
Der Kläger bezog bei Inkrafttreten des SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) oder dem Grundsicherungsgesetz (GSiG). Ab 1. Januar 2005 bewilligte der Beklagte Leistungen nach den Vorschriften des SGB II, so auch auf den Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 21. September 2009 durch Bescheid vom 23. September 2009 für die Zeit vom 1. November 2009 bis zum 30. April 2010. Diese enthielten Leistungen für den Regelbedarf, teilweise einschließlich eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung, i.H.v. 395,- Euro für die Monate November und Dezember 2009, i.H.v. 385,40 Euro für den Monat Januar 2010 sowie i.H.v. 359,- Euro für die Monate Februar bis März 2010. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhielt der Kläger in diesem Zeitraum nicht.
Im November 2009 gab das Versorgungsamt im Rahmen eines sozialgerichtlichen Verfahrens (S 59 SB 648/08) ein Anerkenntnis hinsichtlich der Zuerkennung des Grades der Behinderung (GdB) von 80 und des Merkzeichens G ab und erließ am 30. November 2009 einen entsprechenden Feststellungsbescheid mit Wirksamkeit ab dem 28. April 2008.
Mit Telefax vom 1. Dezember 2009 bat der Kläger beim Beklagten um eine Neuberechnung des Mehrbedarfs wegen des Merkzeichens G und übersandte zugleich einen Schriftsatz des Versorgungsamtes vom 20. November 2009 aus dem sozialgerichtlichen Klageverfahren, in dem es heißt, die Auswertung der vom Gericht übersandten Befunde habe ergeben, "daß der Grad der Behinderung (GdB) mit 80 und das gesundheitliche Merkmal 'erhebliche Gehbehinderung' (Merkzeichen G) festgestellt werden können." Mit Schreiben vom 3. Dezember 2009 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Veränderung des GdB sowie das zusätzliche Merkzeichen G nicht zu einer Veränderung der Bedarfe nach dem SGB II führten. Das Schreiben machte keine Mitteilung dazu, auf welchen Leistungszeitraum die Mitteilung zu beziehen sei. Es enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung dahingehend, dass Widerspruch erhoben werden könne. Der Kläger erhob mit Schreiben vom 8. Dezember 2009 Widerspruch. Zur Begründung verwies er auf § 28 SGB II und § 30 SGB XII.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2010 zurück. Ein Mehrbedarf gem. § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II könne nicht gewährt werden, da kein Nachweis vorliege, dass dem Kläger Maßnahmen nach § 33 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) erbracht würden. Ein Mehrbedarf nach § 28 Abs. 1 Nr. 4 SGB II scheide aus, da beim Kläger keine volle Erwerbsminderung festgestellt sei und er auch nicht in Bedarfsgemeinschaft mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen lebe. Der Widerspruchsbescheid, dessen in der Leistungsakte des Beklagten befindliches Exemplar einen sog. "Ab-Vermerk" der Sachbearbeiterin vom 13. Januar 2010 enthält, machte keine Ausführungen dazu, auf welchen Leistungszeitraum die Entscheidung zu beziehen sei.
Am 19. Februar 2010 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Hamburg erhoben. Er hat u.a. eine Kopie des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2010 übersandt, die am 19. Januar 2010 an seine Prozessbevollmächtigten per Fax übersandt worden war und deren Eingangsstempel von diesem Tag trägt.
Am 8. Februar 2011 hat der Kläger bei der Beigeladenen einen Antrag auf Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII gestellt. Die Beigeladene h...