Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Zugangsfiktion eines Verwaltungsaktes. Eine Auskunft der Behörde besitzt keine Verwaltungsaktqualität. Regelungswirkung. Informationsschreiben. Klagefrist
Orientierungssatz
1. Die Fiktion des Zugangs eines Bescheides nach § 37 Abs. 1 S. 1 SGB 10 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes nach Abs. 2 S. 3 nachzuweisen. Für das Vorliegen von Zweifeln genügt es, wenn der Empfänger substantiiert Umstände darlegt, aus denen schlüssig die nicht entfernt liegende Möglichkeit hervorgeht, dass der Zugang erst nach dem von § 37 Abs. 2 S. 1 SGB 10 vermuteten Zeitpunkt erfolgt ist.
2. Die gegen eine bloße Auskunft einer Behörde erhobene Anfechtungsklage ist mangels deren erforderlicher Verwaltungsaktqualität unzulässig. Eine bloße Auskunft stellt keine Regelung mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen dar, sondern enthält lediglich eine informatorische Mitteilung über die sachlichen oder rechtlichen Verhältnisse (BSG Urteil vom 10. 9. 1997, 5 RJ 14/97).
Normenkette
SGB X § 31 S. 1, § 37 Abs. 2; SGG § 87 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Qualifizierung eines Schreibens der Beklagten als Verwaltungsakt.
Der 1953 geborenen Klägerin wurde von der Beklagten durch Bescheid vom 10. Februar 2014 eine vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2015 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die Rente zeitlich befristet gewährt werde, weil die volle Erwerbsminderung nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand, sondern auch auf den Verhältnissen des Arbeitsmarktes beruhe. Ergänzend bezog die Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Am 28. Mai 2015 stellte die Klägerin einen Antrag auf Weitergewährung der Rente. In einer gutachtlichen Stellungnahme von Dr. E. vom 15. Juli 2015 heißt es, es gehe bereits aus einer Stellungnahme von Dr. F. vom 30. September 2013 hervor, dass das Leistungsvermögen der Klägerin wegen einer gemischten Angst und depressiven Störung unter drei Stunden werktäglich betrage und eine Besserung unwahrscheinlich sei. Warum die Rente dennoch nur befristet gewährt worden sei, sei nicht nachvollziehbar. Dem aktuellen Befundbericht der behandelnden Ärztin sei zu entnehmen, dass sich das Krankheitsbild nicht gebessert habe.
Daraufhin gewährte die Beklagte der Klägerin die Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Bescheid vom 24. Juli 2015 als Dauerrente weiter und wies die Klägerin darauf hin, dass möglicherweise ergänzend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Betracht kämen.
Mit Schreiben vom 28. September 2015 bat die Klägerin die Beklagte um Bestätigung, dass die Rente nach wie vor wegen eines verschlossenen Arbeitsmarktes und nicht wegen eines Leistungsvermögens von unter drei Stunden gewährt werde, da sie weiterhin ergänzende Leistungen nach dem SGB II beziehen wolle. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2015 teilte die Beklagte ihr mit, dass die Rente nach eindeutiger ärztlicher Aussage wegen eines Leistungsvermögens von unter drei Stunden gewährt werde. Dies habe zur Folge, dass sie sich an das Grundsicherungsamt wenden möge.
Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2016 als unzulässig zurückwies. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei dem angegriffenen Schreiben nicht um einen Verwaltungsakt handele, da es keine Regelung beinhalte. Die Regelung hinsichtlich der Weitergewährung der Rente aufgrund eines nunmehr unter drei Stunden werktäglich liegenden Leistungsvermögens sei vielmehr mit dem Bescheid vom 24. Juli 2015 getroffen worden. Auch ein wirksamer Widerspruch gegen den Rentengewährungsbescheid liege nicht vor, da dieser jedenfalls verspätet sei.
Nach einem Vermerk in der Verwaltungsakte der Beklagten wurde der Widerspruchsbescheid am 16. Juni 2016 abgesandt. Mit ihrer dagegen am 20. Juli 2015 erhobenen Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, das Schreiben vom 9. Oktober 2015 stelle einen Verwaltungsakt dar, mit dem die Beklagte erstmals festgestellt habe, dass die Klägerin aufgrund eines Leistungsvermögens von unter drei Stunden werktäglich eine Erwerbsminderungsrente erhalte. Eine solche Feststellung sei dem Rentenbescheid vom 24. Juli 2015 nicht zu entnehmen gewesen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 8. Dezember 2016 abgewiesen und ausgeführt, sie sei mangels Einhaltung der Klagefrist bereits unzulässig. Sie sei darüber hinaus unbegründet, denn die Beklagte habe den Widerspruch zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Das S...