Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Rechtswidrigkeit. Honorarverteilungsmaßstab. keine arztgruppeneinheitliche Festlegung von Fallpunktzahlen. Erfüllung. Übergangsregelung des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004
Orientierungssatz
1. Honorarverteilungsregelungen entsprechen nicht den Vorgaben des § 85 Abs 4 S 7 und 8 SGB 5 idF des GMG vom 14.11.2003, wenn sie keine arztgruppeneinheitliche Festlegung von Fallpunktzahlen, wie dies für arztgruppenspezifische Grenzwerte jedoch erforderlich ist, beinhalten, sondern mit den praxisbezogenen Regelversorgungsvolumina iS sogenannter Individualbudgets auf individuellen Punktzahlvolumina vergangener Zeiträume aufbauen und keine festen Punktwerte iS des Gesetzes vorsehen.
2. Das zur Durchsetzung der gesetzlichen Vorgaben gebotene enge Verständnis der Übergangsregelung des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 (Teil III Nr 2.2) verlangt zumindest Honorarverteilungsregelungen, die schon nach Art von arztgruppenspezifischen Unterscheidungen feste Punktwerte zuweisen, auch wenn sie nicht vollständig den Vorgaben für Regelleistungsvolumina entsprechen, die der Bewertungsausschuss formuliert hat. Mit diesem Verständnis sind fortgeführte praxisindividuelle Budgets nicht vereinbar.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Juni 2009 und der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2006 sowie der Bescheid der Beklagten vom 28. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2007 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über das Honorar der Klägerin für das Quartal II/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist das Begehren der Klägerin nach höherem Honorar im Quartal II/2005, in diesem Zusammenhang auch nach Erweiterung des praxisbezogenen Regelversorgungsvolumens (pRVV) aus Härtefallgründen, und in diesem Rahmen jeweils ihr Anspruch auf Neubescheidung. Die Neuberechnung des Honorars begehrt sie insbesondere unter Berufung darauf, dass die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage der Honorarbescheid ergangen sei, unwirksam gewesen seien, weil sie kein Regelleistungsvolumen (RLV) vorgesehen hätten.
Die Klägerin ist Fachärztin für Plastische Chirurgie und Chirurgie. Sie führt die Zusatzbezeichnung Handchirurgie. Die Klägerin nimmt seit 1. Februar 2001 im Bezirk der Beklagten mit einer Zulassung als Plastische Chirurgin mit der Zusatzbezeichnung Handchirurgie an der vertragsärztlichen Versorgung unter der Praxisanschrift H. Ring teil. In dem streitbefangenen Quartal waren neben ihr sechs weitere Plastische Chirurgen zugelassen. Bis einschließlich des Quartals I/2005 erfolgte ihre Vergütung unbudgetiert auf der Grundlage des sog. floatenden Punktwertes für sog. sonstige Arztgruppen. Ab dem Quartal II/2005 wurden Plastische Chirurgen in einem gemeinsamen, budgetierten Honorarkontingent mit Chirurgen, Neurochirurgen sowie Kinderchirurgen zusammengefasst. Dieser Wechsel stand im Zusammenhang damit, die Leistungen für ambulantes Operieren ab dem Quartal II/2005 aus dem Bereich der praxisbezogenen Regelversorgungsvolumina herauszunehmen und diese aus einem gesonderten Honorartopf zu vergüten.
Nachdem der Klägerin durch Schreiben der Beklagten vom 7. Juni 2006 mitgeteilt worden war, dass ihr ab dem Quartal II/2005 ein praxisbezogenes Regelversorgungsvolumen zugeteilt werde, beantragte sie mit Schreiben vom 14. Juni 2005 bei der Beklagten eine Erweiterung ihrer praxisbezogenen Regelversorgungsvolumina ab dem Quartal II/2005, weil das Vergleichsquartal II/2004 erst ihr 13. vollständiges Quartal gewesen sei und sie zudem unter den nur sechs oder sieben niedergelassenen Plastischen Chirurgen die einzige Handchirurgin sei.
Ausweislich des Honorarbescheides vom 7. Dezember 2005 für das Quartal II/2005 honorierte die Beklagte die Leistungen der Klägerin mit 210.768,8 abzurechnenden Punkten und einem durchschnittlichen arztindividuellen Punktwert von 4,0 Euro-Cent. Das Honorar betrug 21.032,75 EUR und der Umsatz 15.412,85 EUR. Der Fallwert betrug 66,43 EUR, die Fallzahl 232 und der Leistungsbedarf in Punkten 385.465,5. Das praxisbezogene Regelversorgungsvolumen betrug 209.742,6 Punkte; das arztgruppendurchschnittliche Regelversorgungsvolumen (aRVV) betrug 210.768,8 Punkte.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin unter anderem geltend, das ihr zugewiesene praxisbezogene Regelversorgungsvolumen beruhe auf einer Durchschnittsbildung, die sich lediglich auf sieben Praxen beziehe, die zudem zum großen Teil nur eine sehr kleine Anzahl von Kassenpatienten versorgten. Sie selbst aber versorge mit ihrem Schwerpunkt der Handchirurgie sehr viel mehr Kassenpatienten und sei dies eine Praxisbesonderheit. Außerdem befind...