Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers gegenüber dem Rentenversicherungsträger nach § 40a SGB 2. Erfüllungsfiktion. nachträgliche Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung
Orientierungssatz
1. Nach der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs 1 SGB 10 gilt ein Anspruch des (Leistungs-)Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt, soweit ein Erstattungsanspruch nach den Regelungen der §§ 102 ff SGB 10 besteht. Anwendbar ist § 107 Abs 1 S 1 SGB 10 gemäß § 40a S 3 SGB 2 auch auf Erstattungsansprüche nach § 40a SGB 2, die bestehen, wenn die Erbringung des Arbeitslosengeld II allein aufgrund einer nachträglich festgestellten vollständigen Erwerbsminderung rechtswidrig war.
3. § 40 Abs 4 SGB 2 aF findet nur Anwendung, wenn es sich um einen Erstattungsanspruch nach § 50 SGB 10 handelt.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung von 17.068,04 Euro.
Der 1959 geborene Kläger erlitt am 4. August 1999 einen Arbeitsunfall und erhielt auf seinen Rentenantrag von Juli 2001 hin von der D. (D.) zunächst eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in Höhe von ca. 529,02 Euro monatlich. Er lebte mit seiner Ehefrau in einem Haushalt, welche eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhielt.
Neben der Erwerbsminderungsrente bezog der Kläger seit 2005 vom Beklagten laufende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Ausweislich einer Übersicht in der Leistungsakte des Beklagten wurden dem Kläger im Zeitraum von November 2008 bis Mai 2015 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von zwischen 163,09 Euro und 236,49 Euro gezahlt, lediglich vereinzelt höhere Beträge (278,11 Euro im November 2010, 362,02 Euro im Februar 2012, 257,38 Euro im Januar 2014 und 500,77 Euro im Dezember 2014). Für die Einzelheiten wird auf Bl. 704 der Leistungsakte verwiesen.
Der Kläger führte ein Klageverfahren gegen die D. wegen der Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Nachdem das Sozialgericht Hamburg mit Urteil vom 3. Juni 2014, bestätigt durch Urteil des Landessozialgerichtes Hamburg vom 20. März 2015, der Klage stattgegeben hatte, bewilligte die D. dem Kläger mit Rentenbescheid vom 29. April 2015 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ab dem 1. November 2008. Der monatliche Zahlbetrag lag ab November 2008 bei 1.077,61 Euro, in 2009 zunächst bei 1.065,12 Euro, ab 1. Juli 2009 bei 1.094,45 Euro und stieg dann langsam an bis auf 1.144,79 Euro ab dem 1. März 2015. In dem Bescheid führte die D. aus, für die Zeit vom 1. November 2008 bis zum 31. Mai 2015 bestehe Anspruch auf eine Rentennachzahlung in Höhe von insgesamt 43.816,27 Euro. Die Nachzahlung werde vorläufig nicht ausgezahlt, weil Ansprüche anderer Stellen zu klären seien. Sobald die Höhe der Ansprüche bekannt sei, werde die Nachzahlung abgerechnet.
Ebenfalls am 29. April 2015 teilte die D. dem Beklagten die Rentengewährung an den Kläger und die Höhe des Nachzahlungsbetrages mit. Die monatlichen Nachzahlungsbeträge waren in dem Schreiben genau beziffert und lagen zwischen 532,56 Euro und 573,04 Euro. Insgesamt betrage die Nachzahlung 43.816,27 Euro. Der Beklagte wurde gebeten, seinen Erstattungsanspruch zu beziffern.
Mit Schreiben vom 4. Juni 2015 machte der Beklagte gegenüber der D. einen Erstattungsanspruch für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis zum 31. Mai 2015 in Höhe von 17.068,04 Euro geltend. Es seien lediglich Rentenversicherungsbeiträge von November 2008 bis Dezember 2010 sowie für den gesamten Zeitraum von November 2008 bis Mai 2015 Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt 17.068,04 Euro gezahlt worden.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2015 teilte die D. dem Kläger mit, der Beklagte habe auf den mit Bescheid vom 29. April 2015 errechneten Nachzahlungsbetrag in Höhe von 43.816,27 Euro einen Erstattungsanspruch in Höhe von 17.068,04 Euro erhoben. Die D. bezifferte die an den Kläger zu zahlende restliche Nachzahlung auf 26.748,23 Euro. Außerdem seien dem Kläger die Zinsen auf den Gesamtbetrag in Höhe von insgesamt 3.506,32 Euro auszuzahlen, also insgesamt 30.254,55 Euro. Ebenfalls am 23. Juni 2015 überwies die D. zum einen 17.068,04 Euro an den Beklagten und zum anderen 30.254,55 Euro an den Kläger.
Mit Schreiben vom 17. November 2015 forderte der Kläger den Beklagten auf, den Betrag von 17.068,04 Euro, den der Beklagte nach seiner Auffassung zu Unrecht von der D. erhalten habe, an ihn zurück zu erstatten. Nach der Rechtsprechung des BSG sei eine Erstattung an den Beklagten bei rückwirkender Gewährung einer Erwerbsminderungsrente aus medizinischen Gründen nach den §§ 102 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) rechtswidrig. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch sei eine recht...