Entscheidungsstichwort (Thema)

Persönliche Arbeitslosmeldung des Antragstellers als Voraussetzung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld

 

Orientierungssatz

1. Voraussetzung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ist gemäß § 141 Abs. 1 S. 1 SGB 3 die persönliche Arbeitslosmeldung des Antragstellers.

2. Darauf kann nicht verzichtet werden.

3. Die persönliche Arbeitslosmeldung kann nicht Gegenstand eines Verwaltungshandelns sein. Infolgedessen kann sie nicht aufgrund einer ausstehenden Beratung durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch fingiert werden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 11.12.2023; Aktenzeichen B 11 AL 8/23 BH)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg).

Die am ... 1972 geborene Klägerin meldete sich am 25. April 2013 bei der Beklagten arbeitslos. Zuvor war sie als Assistenzärztin und Schreibkraft tätig. Sie bezog von der Beklagten für die Zeit vom 01. Januar 2010 bis 09. März 2010 Alg. Nach erneuter Arbeitslosmeldung gewährte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 27. Dezember 2013 bis 16. Juni 2014 Alg. Vom 12. März 2016 bis 10. November 2016 gewährte die Beklagte der Klägerin erneut Alg, wobei sie den Anspruch mit Bescheid vom 28. September 2016 bis zum 07. September 2016 begrenzte und die vorigen Bescheide ab dem 08. September 2016 aufhob, so dass ein Restleistungsanspruch von 63 Tagen verblieb.

Die Klägerin bezog in der Folgezeit Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Einer versicherungspflichtigen Beschäftigung geht sie seitdem nicht mehr nach. Das Jobcenter (nachfolgend: Jobcenter) machte bei der Beklagten zunächst einen Erstattungsanspruch ab dem 26. Februar 2018 geltend und beantragte mit Schreiben vom 25. September 2018 ersatzweise für die Klägerin die Gewährung von Alg.

Die Beklagte forderte die Klägerin zu einer persönlichen Arbeitslosmeldung auf und kündigte an, die Leistung anderenfalls zu versagen.

Am 27. Februar 2019 übergab die Klägerin in der Eingangszone der Beklagten ein Schreiben mit Fragen zu einem eventuell bestehenden Arbeitslosengeldanspruch. Die Beklagte leitete das Schreiben an das Jobcenter weiter. Die Klägerin bat mit Erinnerungen vom 07. März 2019 und 20. März 2019 erneut um Auskunft zu den von ihr gestellten Fragen. Hinsichtlich des Inhalts des Schreibens wird auf Bl. 111 der Prozessakte ausdrücklich Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 04. April 2019 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie ihr Schreiben weitergeleitet habe und die persönliche Vorsprache am 27. Februar 2019 als Arbeitslosmeldung werte. Dem widersprach die Klägerin am 17. April 2019. Sie habe lediglich Schreiben eingereicht und sonst keine Erklärungen abgegeben oder Handlungen vorgenommen. Zudem erklärte sie sich mit der Weiterleitung der Schreiben an das Jobcenter nicht einverstanden. Die Fragen seien an die Beklagte gerichtet.

Den Antrag des Jobcenters auf Gewährung von Alg lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07. Juni 2019 ab. Die Klägerin habe schriftlich erklärt, dass ihr Erscheinen am 27. Februar 2019 nicht als Arbeitslosmeldung zu deuten sei. Damit habe sie sich nicht wirksam arbeitslos gemeldet. Daneben habe sie angeforderte Unterlagen nicht beigebracht, so dass der Anspruch auch bei persönlicher Arbeitslosmeldung versagt werden würde.

Die Klägerin erhob gegen den Bescheid vom 07. Juni 2019 Widerspruch. Zur Begründung verwies sie auf die fehlende Beantwortung ihrer Fragen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2019 zurück und vertiefte die Begründung aus dem Ausgangsbescheid.

Am 05. Juli 2019 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Hamburg erhoben. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen vertieft. Ihre Fragen seien immer noch nicht beantwortet worden. Sie bestreite mit Unwissen, dass ihr kein Arbeitslosengeld zustehe.

Die Beklagte ist bei ihrer Rechtsauffassung geblieben. Aufgrund einer bei wohlwollender Auslegung vorgenommenen Arbeitslosmeldung zum 12. März 2020 und der Sonderregelung des § 421d Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), hat die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 17. August 2020 Alg für die Zeit vom 12. März 2020 bis zum 13. August 2020 bewilligt.

Das Sozialgericht Hamburg hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 01. Februar 2021 abgewiesen und zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen. Ohne persönliche Arbeitslosmeldung habe die Klägerin keinen Anspruch auf Alg.

Gegen den am 04. Februar 2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 04. März 2021 Berufung eingelegt. Sie sei nicht die richtige Adressatin des Bescheides vom 07. Juni 2019, da das Jobcenter die Leistungen für sie beantragt habe. Zudem habe die Klage bereits Erfolg, weil ihre Fragen nicht beantwortet worden seien und eine persönliche Arbeitslosmeldung sei bei Antragstellung durch den nachrangig verpflichteten Leistungsträger entb...

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