Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. private Zuwendung eines Dritten. 5 000 Euro für die Beschaffung eines Kfz. Zweckbindung begründet keine grobe Unbilligkeit. maßgeblicher Einfluss auf die Lage des Leistungsberechtigten
Leitsatz (amtlich)
1. Eine grobe Unbilligkeit iS des § 11a Abs 5 Nr 1 SGB 2 liegt nicht vor in einem Fall, in dem die Mutter eines SGB 2-Leistungsbeziehers ihrem 61-jährigen Sohn, ohne hierzu rechtlich oder sittlich verpflichtet zu sein, einen Betrag in Höhe von 5 000 Euro in bar für die Beschaffung eines Kfz zuwendet.
2. Ein Zufluss eines Geldbetrages in Höhe von 5 000 Euro, mithin eines Vielfachen des monatlichen Regelsatzes, hat so maßgeblichen Einfluss auf die Lage des Leistungsberechtigten, dass Leistungen der Grundsicherung daneben nicht gerechtfertigt wären (§ 11a Abs 5 Nr 2 SGB 2).
Normenkette
SGB II § 11a Abs. 5 Nr. 1, Abs. 3, § 11 Abs. 3, §§ 11b, 9 Abs. 1; SGB X § 48 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 3; SGG § 86b Abs. 1
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Rostock vom 11. Dezember 2012 wird aufgehoben und der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 27. November 2012 gegen den Aufhebungsbescheid vom 21. November 2012 abgelehnt.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts über den 01. Dezember 2012 hinaus.
Der im Juni 1951 geborene Antragsteller bezieht seit 2006 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Im Übrigen übt er eine geringfügige Beschäftigung bei der Gemeinde B. aus, mit der er ein Erwerbseinkommen in Höhe von 26,- € monatlich erzielt. Nach dem hierzu am 30. Juni 2010 geschlossenen Arbeitsvertrag soll die Tätigkeit in unmittelbarer Nähe der Wohnung des Antragstellers, nämlich in der Dorfstraße in V., ausgeübt werden.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2012 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für den Abschnitt vom 01. August 2012 bis zum 31. Januar 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 535,26 € monatlich (374,- € Regelleistung zzgl. 161,36 € Kosten für Unterkunft und Heizung).
Am 16. November 2012 teilte der Antragsteller mit, dass er mit seinem Pkw einen Unfall mit Totalschaden erlitten habe. Er legte Nachweise vor, wonach er bei einem Kfz-Händler einen Gebrauchtwagen der Marke Hyundai (Baujahr 2006) zum Preis von 4.900,- € am 06. Oktober 2012 erworben habe. Weiter legte er die schriftliche Bestätigung seiner Mutter, der Zeugin Elisabeth A., vom 06. Oktober 2012 vor, in der diese bestätigte, ihrem Sohn am 06. Oktober 2012 einen Barbetrag in Höhe von 5.000,- € zweckgebunden für den Kauf eines Kraftfahrzeugs geschenkt zu haben. Das Abschleppunternehmen stellte dem Kläger für das Abschleppen seines verunfallten Fahrzeugs insgesamt 271,32 € in Rechnung.
Mit Aufhebungsbescheid vom 21. November 2012 hob der Antragsgegner die dem Antragsteller bewilligten Leistungen ab dem 01. Dezember 2012 auf. Zur Begründung führte er aus, der Antragsteller habe ab dem genannten Zeitpunkt Einkommen aus einer Schenkung erzielt. Laut eingereichten Unterlagen habe er von seiner Mutter einen Betrag in Höhe von 5.000,- € erhalten, der als einmalige Einnahme auf 6 Monate aufzuteilen sei. Ein Betrag in Höhe von monatlich 833,33 € sei zugrunde gelegt worden. Mit diesem Einkommen sei der Antragsteller nicht mehr hilfebedürftig.
Am 27. November 2012 legte der Antragsteller gegen den Aufhebungsbescheid Widerspruch ein, der bislang noch nicht beschieden wurde.
Am gleichen Tage hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Rostock beantragt. Im Wesentlichen hat er vorgetragen, dass es sich bei der Zuwendung durch die Mutter um eine zweckgerichtete Schenkung gehandelt habe, die für den Kauf des PKW eingesetzt worden sei. Er sei trotz dieser Schenkung weiter hilfebedürftig.
Der Antragsteller hat beantragt:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen nach dem 2. Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in gesetzlicher Höhe über den 01. Dezember 2012 hinaus zu bewilligen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er ist der Auffassung, dass der Kläger am 06. Oktober 2012 ein einmaliges Einkommen aus der Schenkung seiner Mutter in Höhe von 5.000,- € erhalten habe. Das Einkommen sei am 06. Oktober 2012 zugeflossen und ab dem Folgemonat mit einem entsprechenden Teilbetrag in Höhe von 833,33 € (5.000 € / 6 Monate) zu berücksichtigen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Betrag zweckgerichtet für den Kauf eines Pkws geschenkt worden sei. Insbesondere sei die Anrechnung als Einkommen vorliegend nicht grob unbillig. Der Antragsteller sei durch den Betrag in Höhe von 5.000,- € gegenüber anderen Leistungsberechtigten besser gestellt. Seine Lage werde zudem so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht mehr gerechtfertigt seien. Bei einer Schenkung in Höhe von 5.000,- € handele es sich nicht um eine allgemein ü...