Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Beschwerde gegen eine einstweilige Anordnung. fehlendes Rechtsschutzbedürfnis. Erlass eines Umsetzungsbescheides ohne ausdrücklichen Vorbehalt in Bezug auf den Ausgang des Beschwerdeverfahrens. Bindung an Recht und Gesetz. Verpflichtung zur Umsetzung trotz nicht vollstreckungsfähigen Inhalts. Asylbewerberleistung. örtliche Zuständigkeit. Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes durch Au-pair-Aufenthalt bei Gastfamilie
Leitsatz (amtlich)
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates sowie auch des mit Verfahren der Grundsicherung für Arbeitsuchende befassten 8. Senates des LSG Neubrandenburg besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde eines Leistungsträgers gegen eine vom Sozialgericht erlassene einstweilige Anordnung, wenn der Umsetzungsbescheid des Leistungsträgers keinen ausdrücklichen Vorbehalt in Bezug auf den Ausgang des Beschwerdeverfahrens vor dem LSG Neubrandenburg enthält (vgl ua LSG Neubrandenburg vom 12.9.2013 - L 8 AS 99/11 B ER und L 8 AS 378/12 B ER).
2. Ein Sozialleistungsträger ist nach Art 20 Abs 3 GG an Recht und Gesetz gebunden, sodass auch ein nicht vollstreckungsfähiger Inhalt einer einstweiligen Anordnung von ihm umzusetzen ist.
3. Bei summarischer Prüfung ist der Rechtsauffassung des Sozialgerichts beizupflichten, dass die Antragstellerin, die zu einem einjährigen Au-pair-Aufenthalt nach Deutschland gekommen ist, bei ihrer Gastfamilie einen gewöhnlichen Aufenthalt iS des § 10a Abs 3 S 1 AsylbLG begründet hat.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schwerin vom 30. April 2013 wird als unzulässig verworfen.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt und Rechtsanwältin N., D-Stadt, beigeordnet.
Gründe
I.
Die am 1986 geborene Antragstellerin stammt aus V.. Am 15. November 2006 kam sie für einen einjährigen Au-pair-Aufenthalt nach Deutschland und wohnte bei ihrer Gastfamilie in 2xxxx W., Ortsteil K. (Landkreis A-Stadt). Im Zusammenhang mit diesem Aufenthalt war die Antragstellerin befristet für ein Jahr privat krankenversichert. Am 13. Januar 2007 erlitt die Antragstellerin bei einem Verkehrsunfall auf der L 286 zwischen K. und v., bei dem sie als Fußgängerin frontal von einem PKW angefahren wurde, irreversible Hirnschäden. Nach der Erstversorgung im Klinikum D-Stadt vom 13. Januar bis 22. Februar 2007 wurde sie seit dem 23. Februar 2007 Patientin in der HELIOS Klinik C-Stadt, Akutklinik für Frührehabilitation und interdisziplinäres Rehabilitationszentrum behandelt. Jetzt befindet sie sich in dem Pflegeheim F. in D-Stadt.
Am 22. Februar 2007 beantragte die Antragstellerin (durch ihre Betreuerin) erstmals Leistungen bei der Antragsgegnerin. Dieser Antrag wurde nicht beschieden.
Am 15. Februar 2008 beantragte die Antragstellerin erneut die Leistungsgewährung bei der Antragsgegnerin.
Diese leitete den Antrag mit Schreiben vom 4. März 2008 an die Beigeladene weiter. Zwischen diesen beiden Sozialleistungsträgern entstand eine kontroverse Korrespondenz über die Frage, wer von beiden örtlich zuständig sei; dies ist auch der wesentliche Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Antragsgegnerin vertrat im Wesentlichen die Auffassung, dass die Antragstellerin vor dem Unfall gar keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe, sodass auf den tatsächlichen Aufenthalts abzustellen sei, der - im Hinblick auf die hier zunächst streitigen Leistungen - in C-Stadt liege.
Die Beigeladene vertrat demgegenüber die Rechtsauffassung, der Krankenhausaufenthalt im C-Stadt begründe keinen gewöhnlichen Aufenthalt, sodass sie nicht zuständig sei. Die Antragstellerin habe sich seit November 2006 tatsächlich bei ihrer Gastfamilie und damit im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin aufgehalten; dort sei der gewöhnliche Aufenthalt begründet.
Mit Bescheid vom 7. April 2010 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin vom 15. Februar 2008 auf Kostenübernahme aus Mitteln der Sozialhilfe mit der Begründung ab, der Bedarf sei aufgrund zur Verfügung stehender Mittel von Versicherungen gedeckt.
Am 30. Dezember 2010 beantragte die Antragstellerin die Übernahme der nicht gedeckten Behandlungs- und Heimkosten.
Mit Bescheid vom 16. März 2012 lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme mit der Begründung ab, dass seit dem 1. April 2007 sowohl in der gesetzlichen, als auch in der privaten Krankenversicherung ein Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall bestehe.
Hiergegen erhob die Antragstellerin am 11. April 2012 Widerspruch und führte im Wesentlichen aus, dass der Abschluss einer gesetzlichen Krankenversicherung in ihrem Falle ausgeschlossen sei. Eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung sei ebenfalls nicht möglich. Auf Grund der mangelnden Zuordnung zur privaten Krankenversicherung habe seinerzeit...