Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwerbehindertenrecht. GdB-Bewertung. Restless-Legs-Syndrom. keine erhöhte Tagesmüdigkeit oder psychische Folgeerscheinungen. schwacher Einzel-GdB von 20

 

Orientierungssatz

Beim Restless-Legs-Syndrom (RLS) kommt ein höherer als ein schwacher Einzel-GdB 20 nur dann in Betracht, wenn Schlafstörungen zu erhöhter Tagesmüdigkeit und psychischen Folgeerscheinungen - wie Gereiztheit, Abgeschlagenheit oder sogar depressiven Stimmungen - führen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 13.03.2023; Aktenzeichen B 9 SB 41/22 B)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 29. Mai 2019 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe des festzustellenden Grades der Behinderung (GdB).

Gegenüber der 1961 geborenen Klägerin war mit Bescheid vom 10. September 2014 ab dem 3. Juli 2014 ein GdB von 40 festgestellt worden. Folgende Behinderungen fanden dabei Berücksichtigung:

- Schwerhörigkeit, Schallempfindungsschwerhörigkeit rechts (30)

- Ohrgeräusche (20)

- chronische Magenschleimhautentzündung (10)

- Lungenfunktionsstörung (10)

- wiederkehrende Harnwegsinfekte (10)

- Allergien, Hautveränderungen (10).

Die Klägerin stellte am 21. Dezember 2016 einen Änderungsantrag unter Hinweis auf ein hinzugetretenes Asthma sowie ein Restless Legs-Syndrom (RLS). Beigefügt war dem Antrag ein Arztbrief des Facharztes für u. a. Lungenheilkunde Dr. S. vom 7. November 2016, in welchem ein Asthma bronchiale (Pollen) diagnostiziert wurde ohne Hinweis auf eine obstruktive oder restriktive Ventilationsstörung.

Die vom Beklagten angehörte Allgemeinmedizinerin Dr. L. berichtete am 4. Januar 2017 über ein Bronchialasthma, vorwiegend in der Pollenzeit von Mai bis September. Befunde bezüglich eines RLS seien nicht dokumentiert. Bei nächtlicher Unruhe würde an 5 bis 6 Tagen im Monat eine Tagesmüdigkeit bewirkt.

In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 15. Februar 2017 bewertete Herr Herbst im Abgleich zu den o.g. Behinderungen eine Lungenfunktionsstörung/Asthma nunmehr mit einem Einzel-GdB von 20. Das Syndrom der unruhigen Beine bedinge keine Behinderung, der Gesamt-GdB betrage weiterhin 40.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2017 lehnte der Beklagte daraufhin den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, dass eine wesentliche Änderung nicht eingetreten sei.

Der am 7. März 2017 erhobene Widerspruch wurde dahingehend begründet, dass die verschiedenen vom Beklagten festgestellten Behinderungen nicht beziehungslos zueinander stünden und die Einzel-GdB bezogen auf die Ohrgeräusche und die Lungenfunktionsstörung/Asthma höher zu bewerten seien. Auch sei bezüglich des RLS ein Einzel-GdB angebracht.

In einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 28. Juni 2017 befürwortete Dr. Schwager bezüglich des Beschwerdekomplexes der Schwerhörigkeit/Tinnitus einen Einzel-GdB von 30 sowie einen Gesamt-GdB von weiterhin 40, woraufhin der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2017 zurückgewiesen wurde.

Am 20. Juli 2017 ist unter Aufrechterhaltung des Begehrens Klage vor dem Sozialgericht (SG) Stralsund erhoben worden.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 17. Februar 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2017 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihr einen GdB von mindestens 50 festzustellen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das SG hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte eingeholt.

Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. L. hat am 24. Januar 2018 u. a. berichtet über Fingergelenksarthrosen mit Funktionsbehinderungen beim Zufassen und Festhalten, ein ausgeprägtes RLS mit Schlafstörungen und ein infektexazerbiertes Asthma bronchiale (zweimal pro Jahr). Dr. S. hat zu verschiedenen Zeitpunkten über eine gute O2-Sättigung (zwischen 95 und 99 Prozent) berichtet ohne Hinweis auf eine obstruktive oder restriktive Ventilationsstörung. Ein Schlafapnoesyndrom sei ausgeschlossen worden, die Gesundheitssituation habe sich seit 2014 gebessert. Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. hat am 30. Januar 2018 berichtet, dass auf neurologischem Gebiet keine pathologischen Befunde erhoben worden seien; es werde von einem vermuteten RLS ausgegangen mit medikamentöser Behandlung. Dr. P. hat auf gynäkologischem Fachgebiet keine Diagnosen erhoben. Dr. K. hat exazerbierte obstruktive Atemwegserkrankungen diagnostiziert, die Klägerin bekomme oft Fieber und Luftnot. Vom 25. Mai bis 1. Juni 2018 sei sie krankgeschrieben worden.

In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23. August 2018 hat sich Dr. D. unter Auswertung der beigezogenen Behandlungsunterlagen für die Anerkennung folgender Gesundheitsstörungen mit einem Gesamt-GdB von 40 ausgesprochen:

- Schwerhörigkeit: Ertaubung des linken Ohres nach Mumpsotitis, Hörminderung rechts, Ohrgeräusche (Tinnitus) GdB 30

- Lungenfunktionsstörung, allergisches Bronchialasthma GdB 20

- chronische Magenschlei...

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