Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Versicherungspflicht. nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson. Betreuung mehrerer Pflegebedürftiger. keine Zusammenrechnung des Pflegeaufwands für mehrere Pflegebedürftige zur Erfüllung der Mindestpflegezeit. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die von § 3 S 1 Nr 1a SGB 6 für die Rentenversicherungspflicht von nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen geforderte Mindestpflegezeit von wenigstens 14 Stunden wöchentlich muss für die Pflege einer pflegebedürftigen Person erbracht werden. Sie kann nicht durch Addition der Pflegeleistungen für verschiedene Pflegebedürftige erreicht werden.
2. Die volle Pflege einer einzelnen Person und die Pflege mehrerer Personen stellen keine identischen Sachverhalte dar, die eine Gleichbehandlung nach Art 3 GG erfordern würden.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 04. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung als nicht erwerbsmäßige Pflegeperson für die Zeit ab dem 21. Dezember 2006.
Der Kläger pflegt seit dem 24. Juni 2004 seine Mutter, Frau C. D., sowie darüber hinaus seit dem 21. Dezember 2006 seinen Onkel Herrn S.; beide beziehen von der Beigeladenen Pflegeleistungen entsprechend der Pflegestufe I. Nach den Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) anlässlich einer Begutachtung im August 2004 betrug der Pflegeaufwand für die Pflege von Frau D. weniger als 14 Stunden in der Woche. Eine Nachbegutachtung am 12. Juli 2006 bestätigte dieses Ergebnis. Für Herrn S. wurde laut Gutachten des MDK die Pflege in einem zeitlichen Umfang von 12 Stunden und 57 Minuten in der Woche erbracht.
Mit Schriftsätzen vom 14. April 2008 teilte die Beigeladene dem Kläger formlos mit, dass Versicherungspflicht für ihn leider nicht eintrete, da sein persönlicher Aufwand für die Pflege von Frau C. D. und Herrn E. S. laut den vorliegenden medizinischen Gutachten weniger als 14 Stunden wöchentlich erfordere.
Mit Schriftsatz des Klägers vom 29. April 2008 beantragte dieser die Feststellung der Versicherungspflicht. Zur Feststellung der Frage der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gab die Beigeladene mit Schriftsatz vom 11. September 2008 das Verfahren an die Beklagte ab.
Ausweislich eines MDK-Gutachtens aus dem Oktober 2008 hinsichtlich der Feststellung des Pflegeaufwandes des Herrn S. ergab sich ein wöchentlicher Pflegebedarf von 12,83 Stunden.
Ausweislich eines MDK-Gutachtens aus dem Oktober 2008 hinsichtlich der Feststellung des Pflegeaufwandes der C. D. ergab sich ein wöchentlicher Pflegebedarf von 12,37 Stunden.
Mit Bescheid der Beklagten vom 04. November 2008 lehnte diese den Antrag des Klägers vom 29. April 2008 auf Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen als Pflegeperson für die Zeit ab dem 24. Juni 2004 bzw. dem 21. Dezember 2006 ab, da Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI nicht bestehe. Die Voraussetzungen der Versicherungspflicht für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI lägen nicht vor, weil der vom Kläger ausgeübte Umfang der Pflegetätigkeit unter 14 Stunden in der Woche liege (§ 19 Satz 2 SGB XI) und ein höherer als der bereits vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung im Rahmen der Prüfung nach § 18 SGB XI ermittelte Pflegeaufwand nicht berücksichtigt werden könne. Die erforderliche Mindeststundenzahl müsse durch die Pflegetätigkeit für einen Pflegebedürftigen erreicht werden, da die Versicherungspflicht gem. § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI i.V.m. § 19 Satz 2 SGB XI separat aus dem Anspruch der jeweiligen pflegebedürftigen Personen festzustellen sei. Eine Kumulation einzelner Pflegestufen bei verschiedenen Pflegebedürftigen genüge daher nicht.
Mit dem dagegen am 13. November 2008 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch machte der Kläger u. a. geltend, seine Pflegetätigkeit für 2 Personen erfordere täglich 4 Stunden. Sie liege damit um das Doppelte über den 2 Stunden täglich, die Voraussetzung für die Rentenversicherungspflicht für Pflegepersonen seien. Die Rechtsauffassung der Beklagten, dass die Mindeststundenzahl nicht durch Kumulation für zwei Pflegebedürftige erreicht werden dürfe, teile er nicht. Es seien keinerlei Gründe ersichtlich, aus welchen Gründen dem Kläger die Versicherungspflicht verweigert werde, obwohl er deutlich über 14 Pflegestunden pro Woche ableiste. Die Pflege an zwei pflegebedürftigen Personen dürfte sich wesentlich schwieriger gestalten als die Pflege einer Person. Von daher sei dem Kläger nicht verständlich, warum ihm, der mehr als 25 Pflegestunden leiste, die Versicherungspflicht verwehrt werde, während Pflegeleistungen bis zu 14 Stunden an nur einer Person zur Versicherungspflicht führen würde...