Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Pflegegeld nach § 39 SGB 8. Erziehungsbeitrag
Orientierungssatz
1. Bei dem Erziehungsbeitrag des Pflegegeldes nach § 39 Abs 1 S 2 SGB 8 handelt es sich um Erwerbseinkommen der Pflegepersonen iS von § 11 Abs 1 S 1 SGB 2.
2. Es kann letztendlich offen bleiben, ob der Erziehungsbeitrag in voller Höhe eine zweckbestimmte Einnahme iS von § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 ist, wenn der Erziehungsbeitrag in der gewährten Höhe die Lage der Pflegeperson so günstig beeinflusst, dass zumindest eine teilweise Berücksichtigung als Einkommen erfolgen muss.
3. Zur Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens aus dem Erziehungsbeitrag.
Nachgehend
Tatbestand
Im Berufungsverfahren ist streitig, ob den Klägern im Zeitraum Januar bis Mai 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ohne Berücksichtigung des Erziehungsbeitrages gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII als Einkommen zu gewähren ist.
Die verheirateten Kläger bezogen jedenfalls seit 2002 bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Sie sind Eigentümer eines selbstbewohnten Einfamilienhauses mit einer Wohnfläche von 120 m².
Im gemeinsamen Haushalt der Kläger wohnten jedenfalls in dem hier streitigen Zeitraum (Januar bis Mai 2005) der 1988 geborene R K und die 1989 geborene J E als Pflegekinder. Mit Bescheid vom 27. Juni 2003 gewährte das Jugendamt des Landkreises D den Klägern für die beiden Pflegekinder Pflegegeld (Hilfe zur Erziehung) in Höhe von insgesamt 2.012,39 € monatlich. Ausweislich des an die Kläger adressierten Bescheides setzte sich dieser Betrag aus Leistungen für J E in Höhe von 1.287,24 € (558,80 € Pflegegeld zuzüglich 766,94 € Erziehungsbeitrag abzüglich Kindergeldanrechnung in Höhe von 38,50 €) und für R K in Höhe von 725,15 € (508,- € Pflegegeld zuzüglich 255,65 € Erziehungsbeitrag abzüglich des angerechneten Kindergeldes von 38,50 €) zusammen.
Grundlage dieser Bewilligung war die Richtlinie des Landeskreises D zur Finanzierung von Pflegestellen im Rahmen der Vollzeit- und Bereitschaftspflege. Unter Ziffer 4 der Richtlinie heißt es, Anspruchsberechtigte sind Personen, die junge Menschen zeitweilig oder auf Dauer in ihrem Haushalt aufnehmen und betreuen. Den Anspruchsberechtigten ist Pflegegeld zu gewähren. Nach Ziffer 5 sind die laufenden Leistungen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten als monatliche Pauschalbeträge zu gewähren. Damit werden die Aufwendungen für die Erziehung und den notwendigen Lebensunterhalt einschließlich Kosten zur Ernährung, Bekleidung, Unterkunft, Heizung, Körperpflege, Taschengeld, Lernmittel/Spielmaterial und sonstigen Bedarf für die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens (§ 12 BSHG) abgegolten. Bei Vollzeitpflege beträgt das Pflegegeld gemäß Ziffer 5.1 der Richtlinie für Jugendliche vom vollendeten 14. Lebensjahr bis zum 18. Lebensjahr für die materiellen Aufwendungen den 2,0-fachen Regelsatz nach dem BSHG in Höhe von 508,00 €, die Kosten der Erziehung betragen einheitlich für alle Altersstufen 255,65 €.
Nach Ziffer 5.2 beträgt das Pflegegeld bei sozialpädagogischer Familienpflege aufgrund des höheren Betreuungs- und Erziehungsaufwandes der Pflegeperson für Jugendliche vom vollendeten 14. Lebensjahr bis zum 18. Lebensjahr für die materiellen Aufwendungen den 2,2-fachen Regelsatz nach dem BSHG (558,80 €) sowie Kosten der Erziehung bis zu einem Betrag von 766,94 €.
Ziffer 6 der Richtlinie sieht darüber hinaus die Übernahme bestimmter katalogmäßig aufgezählter Nebenkosten auf Antrag durch das Jugendamt vor (z.B. Erstausstattung der Pflegestelle, Ergänzung der Kleidung, Jugendweihe, Konfirmation, Einschulung, Zuschuss zu Klassenfahrten, Urlaubsreisen, Ferienfahrten etc.). Aufgrund des Gutachtens der DM Z vom 21. Juli 2003 wurde aufgrund von Verhaltensstörungen und Auffälligkeiten die Zugehörigkeit des Pflegekindes J E zum Personenkreis des § 35 a SGB VIII festgestellt und Pflegegeld nach den Höchstsätzen entsprechend Ziffer 5.2 der Richtlinie gewährt.
Über die Pflegegeldzahlung in Höhe von 2.012,39 € monatlich hinaus bezogen die Kläger für die beiden Pflegekinder Kindergeld in Höhe von 308,- € monatlich.
Am 02. Oktober 2004 beantragten die Kläger die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 10. Dezember 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen seien die Kläger nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II. Einen Gesamtbedarf, der aus den beiden Kläger bestehenden Bedarfsgemeinschaft von 772,49 € (596,- € Regelsatz zuzüglich 176,49 € anteiliger Kosten für Unterkunft und Heizung) stehe ein Gesamteinkommen von 1.223,59 € gegenüber.
Den fristgemäßen Widerspruch hiergegen begründeten die Kläger damit, dass sich der Widerspruch insbesondere gegen die Anrechnung der Kosten der Erziehung der Pflegekinder auf das Einkommen und die Anrechnung des anteiligen Kindergeldes richte. Das Pflegegeld stelle...