Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Bestimmung eines Krankenhauses nach § 116b SGB 5. Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung. Gewährung. einstweiliger Rechtsschutz. Erteilung einer Bestimmung. Verwaltungsakt mit Drittwirkung auf niedergelassene Ärzte. Vertragsarzt. Hinnahme von Einschränkungen. Übertragung auf Bundesländer durch Gesetzgeber im Rahmen der Krankenhausplanung
Orientierungssatz
1. Die Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten Behandlung von Katalogerkrankungen nach § 116b SGB 5 ist als Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung zu werten (vgl LSG Celle-Bremen vom 25.5.2009 - L 4 KR 116/09 B ER = GesR 2010, 109 und LSG Hamburg vom 11.2.2008 - L 2 B 485/07 ER KA = GesR 2008, 212).
2. Zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei einem Rechtsstreit über die Bestimmung eines Krankenhauses nach § 116b SGB 5.
3. Bei der Erteilung einer Bestimmung gem § 116b SGB 5 handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Sie erlaubt es dem begünstigten Krankenhaus, bestimmte Krankheiten bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ambulant zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen zu behandeln und die Kosten direkt mit den zuständigen Krankenkassen abzurechnen. Sie wirkt dadurch auch auf die Rechtsposition der niedergelassenen Ärzte im Einzugsgebiet des Krankenhauses ein.
4. Weil die Berufsausübung eines Vertragsarztes in einem staatlich regulierten Markt stattfindet, muss der Vertragsarzt Einschränkungen seines Behandlungsspektrums ebenso hinnehmen wie Regelungen, die seine Niederlassungsfreiheit, seine Fallzahlen und seine Vergütung begrenzen.
5. Der Gesetzgeber hat den Ländern im Rahmen der Krankenhausplanung das Recht zur Bestimmung geeigneter Krankenhäuser zur Erbringung von Leistungen nach § 116b SGB 5 übertragen. Damit hat er in zulässiger Weise den Gemeinwohlbelang der Aufrechterhaltung der Sicherstellung der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter Rechnung getragen.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 24. August 2010 wird geändert.
Die sofortige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners zu 2) vom 9. März 2010 wird vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vor dem Sozialgericht Hannover mit dem Aktenzeichen S 61 KA 294/10 angeordnet.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner zu 1) trägt die Kosten des Verfahrens aus beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird auf 150.000,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist als Hochschulklinik ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne des § 108 Nr. 1 Sozialgesetzbuch -Fünftes Buch- (SGB V). Der Antragsgegner zu 2) erteilte ihr mit Datum vom 9. März 2010 die Bestimmung zur ambulanten Behandlung von HIV-Infizierten und AIDS-Kranken im Rahmen des § 116b SGB V. Der Antragsgegner zu 1), der niedergelassener Vertragsarzt mit Schwerpunkten im Bereich HIV/AIDS und Suchtmedizin in Hannover ist, hat die Erteilung der Bestimmung mit der am 10. Mai 2010 bei dem Sozialgericht (SG) Hannover erhobenen Klage (AZ: S 61 KA 294/10) angefochten.
Die Antragstellerin hat am 7. Juni 2010 bei dem SG um einstweiligen Rechtsschutz mit folgendem Antrag nachgesucht: Das SG möge im Wege der einstweiligen Anordnung regeln, dass der am 6. Mai 2010 verfassten Klage des Antragsgegners zu 1) gegen das Schreiben des Antragsgegners zu 2) vom 9. März 2010 zur Bestimmung der Antragstellerin zur ambulanten Leistungserbringung gegenüber Patientinnen und Patienten mit HIV/AIDS nach § 116b Abs. 2 SGB V keine aufschiebende Wirkung zukomme, hilfsweise, die sofortige Vollziehung des Schreibens des Antragsgegners zu 2) zur Bestimmung der Antragstellerin zur ambulanten Leistungserbringung gegenüber Patientinnen und Patienten mit HIV/AIDS nach § 116b Abs. 2 SGB V anzuordnen.
Das SG hat dem Antrag durch Beschluss vom 24. August 2010 insoweit im Sinne des Hilfsantrages stattgegeben, als es die sofortige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners zu 2) vom 9. März 2010 zur Bestimmung der Antragstellerin zur ambulanten Leistungserbringung gegenüber Patientinnen und Patienten mit HIV/AIDS nach § 116b Abs. 2 SGB V für die Zeit bis 28. Februar 2011 mit der Maßgabe angeordnet hat, dass ambulante Leistungen ausschließlich gegenüber Patientinnen und Patienten erbracht werden dürfen, deren ambulante Betreuung durch die Antragstellerin vor der Bekanntgabe der Entscheidung gegenüber der Antragstellerin begonnen worden ist. Im Übrigen hat das SG die Anträge abgewiesen.
Gegen diesen ihr am 27. August 2010 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 20. September 2010 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, sie benötige bis zur Entscheidung des Rechtsstreits im Verfahren S 61 KA 294/10 Rechtssicherheit dahingehend, dass der Klage im Hinblick auf ihre Bestimmung keine aufschiebende Wirkung zukomme. Ihr Antrag sei begründet, weil die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) gewähre das Grundrecht der freien Berufswahl bzw. der Berufsausübung keinen Schutz vor Konkurrenz. Di...