Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. keine Einkommensberücksichtigung. fiktives Einkommen. Einkommensteuerrückerstattung. Abtretung an einen Dritten. Ersatzanspruch. sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsverfolgung. teilweise Erfolgsaussicht. Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
1. Fiktives, tatsächlich jedoch überhaupt nicht zugeflossenes Einkommen stellt kein Einkommen iS des § 11 SGB 2 dar. Dies gilt auch für einen Anspruch auf Einkommensteuerrückerstattung, der mehrere Monate vor seiner bescheidmäßigen Festsetzung an einen Dritten abgetreten worden ist, soweit die Auszahlung der Rückerstattung direkt an den Dritten erfolgt ist. Allerdings steht dem Grundsicherungsträger aufgrund der erfolgten Abtretung uU ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB 2 zu.
2. Selbst wenn eine Rechtsverfolgung nur teilweise Erfolgsaussichten hat, besteht in Klageverfahren, in denen für die anwaltliche Vertretung Betragsrahmengebühren nach § 3 RVG anfallen, Anspruch auf unbeschränkte Prozesskostenhilfe.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Bremen vom 22. September 2009 wird aufgehoben.
Den Klägerinnen wird für das erstinstanzliche Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bremen (S 26 AS 646/09) Prozesskostenhilfe gewährt. Ihnen wird Rechtsanwalt D., G., zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet. Raten sind nicht zu zahlen.
Gründe
I.
Die Klägerinnen wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das von ihnen vor dem Sozialgericht Bremen geführte Klageverfahren S 26 AS 646/09, in dem die Höhe von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Bewilligungszeitraum vom 01. Oktober 2008 bis 31. März 2009 streitbefangen ist.
Die 1965 geborene Klägerin zu 1. und ihre 2003 geborene Tochter (Klägerin zu 2.) stehen seit Oktober 2007 im laufenden Bezug von Arbeitslosengeld II.
Mit dem im erstinstanzlichen Klageverfahren streitbefangenen Bescheid vom 03. Dezember 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2009 gewährte die Beklagte den Klägerinnen monatliche Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 743,62 € (1. Oktober bis 31. Dezember 2008) bzw. 375,50 € (1. Januar bis 31. März 2009). Die Absenkung des Leistungsbetrags für die Zeit ab 1. Januar 2009 beruhte auf der Berücksichtigung der zugunsten der Klägerin zu 1. mit Bescheid des Finanzamtes L. vom 24. November 2008 festgesetzten Einkommenssteuerrückerstattung i.H.v. 1.194,36 € als Einkommen.
Die Klägerinnen machten im Widerspruchsverfahren geltend, dass die Klägerin zu 1. diese Steuerrückerstattung nie erhalten habe. Der Anspruch sei bereits im Juli 2008 zum Zwecke der Darlehenstilgung an die Schwester der Klägerin zu 1. abgetreten worden. Das Finanzamt habe den Betrag direkt an die Schwester überwiesen. Die Abtretung sei erfolgt, weil der Klägerin zu 1. von ihrer Schwester am 08. Dezember 2005 ein Kredit über 1.800 € für den Kauf einer Einbauküche für die unmittelbar zuvor erworbene Eigentumswohnung gewährt worden sei. Die Einbauküche, deren Wert sich im untersten Preissegment befunden habe, sei für eine angemessene Lebensführung der Klägerinnen dringend notwendig gewesen und am 02. Januar 2006 aus dem Darlehensbetrag bezahlt worden. Zum damaligen Zeitpunkt habe sich die Klägerin zu 1. noch in Elternzeit befunden und sei davon ausgegangen, ab 11. März 2006 ihre abhängige Beschäftigung fortsetzen zu können. Ihr sei dann jedoch im März 2006 zum 30. September 2006 gekündigt worden. Nachdem die Schwester das Darlehen im Juli 2008 mit Wirkung zum 31. Oktober 2008 gekündigt habe, habe die Klägerin zu 1. ihr den Anspruch auf Einkommenssteuerrückerstattung abgetreten. Eine anderweitige Rückzahlung des Darlehens sei aufgrund des Arbeitsplatzverlustes nicht möglich gewesen.
Im Klageverfahren vertiefen die Klägerinnen ihr Vorbringen dahingehend, dass die Schwester die Darlehensforderung hätte titulieren und vollstrecken müssen, wenn die Klägerin zu 1. eine Abtretung abgelehnt hätte. Durch die Abtretung seien die - letztlich von der Klägerin zu 1. zu tragenden - Kosten dieses Verfahrens vermieden worden.
Das SG hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren wegen fehlender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung abgelehnt. Die Beklagte habe die Steuererstattung zutreffend als Einkommen der Klägerin zu 1. angerechnet. Zwar setze eine Einkommensanrechnung grundsätzlich voraus, dass der Geldbetrag dem Betroffenen auch tatsächlich zugeflossen sei. Dieser Grundsatz gelte jedoch dann nicht, wenn der Hilfebedürftige - wie vorliegend die Klägerin zu 1. - durch eine freiwillige Vermögensdisposition den Zufluss letztlich verhindere. Da es sich bei den Leistungen nach dem SGB II um nachrangige und Bedürftigkeit voraussetzende Sozialleistungen handele, führe auch die Tatsache, dass die Schwester den Anspruch auf Steuerrückerstattung hätte pfänden können, zu keinem anderen Ergebnis. Die Klägerin hätte - wie viele andere SGB II-Leistungsempfänger auch - mit der Tilgung v...