Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Erteilung einer vorherigen Zusicherung für neue Unterkunft. Angemessenheitsprüfung. schlüssiges Konzept. Überschreitung der Mietobergrenze. fehlende Aktualisierung. Wohnungsbeschaffungskosten. Umzugskosten
Leitsatz (amtlich)
Zur Durchsetzung angemessener Unterkunftskosten nach § 22 SGB II und hiermit in Zusammenhang stehender Fragen einer durch Verwaltungsanweisung bestimmte Mietobergrenze im einstweiligen Rechtsschutzverfahren.
Normenkette
SGB II § 22 Abs. 4 S. 1, § 22c Abs. 2; SGG § 86b Abs. 2 S. 2
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners hin wird der Beschluss des Sozialgerichts Bremen vom 29. September 2016 aufgehoben.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Bremen vom 29. September 2016 ist begründet.
Zu Unrecht hat das SG den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Kosten für Wohnungsbeschaffung und Umzug sowie die Mietkaution für die Wohnung der Antragsteller in der J. in K. darlehensweise zu übernehmen.
Soweit das SG den Ehemann und die minderjährigen Kinder der Antragstellerin zu 1), die Antragsteller zu 2) bis 4), in das Rubrum seiner Entscheidung mitaufgenommen und in seine dem Eilantrag stattgebende Entscheidung miteinbezogen hat, war dies bereits unzulässig. Die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller hat in ihrem am 8. September 2016 bei dem SG gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rubrum ausdrücklich nur die Antragstellerin zu 1) als Verfahrensbeteiligte aufgeführt und die Antragsteller zu 2) bis 4) auch in späteren Schriftsätzen nie als Verfahrensbeteiligte benannt, die in dem vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin zu 1) eigene Leistungsansprüche nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) gegen den Antragsgegner geltend machen. Auch der mit einem weiteren anwaltlichen Schriftsatz vom 8. September 2016 an das SG gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde lediglich namens und in Vollmacht der Antragstellerin zu 1) gestellt.
Hinsichtlich der Antragstellerin zu 1) haben die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG nicht vorgelegen.
Nach § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht - soweit ein Fall nach Absatz 1 nicht vorliegt - auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen.
Die Antragstellerin zu 1) hat mit ihrer Antragsschrift vom 8. September 2016 zunächst lediglich die Verpflichtung des Antragsgegners zur Bewilligung der Kostenübernahme für die Wohnung in der J. begehrt, die der Antragsgegner mit Bescheid vom 5. September 2016 zunächst abgelehnt hat und auf den Widerspruch der Antragstellerin zu 1) hin mit Bescheid vom 5. Oktober 2016 gewährt hat. Insofern war, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, ein Rechtsschutzinteresse bereits deswegen zu verneinen, da es der Antragstellerin zu 1) unbenommen blieb, die Wohnung auch ohne vorherige Zusicherung i.S. von § 22 Abs. 4 SGB II anzumieten. Spätestens nach dem am 16. September 2016 erfolgten Abschluss eines Mietvertrages - von dem die Antragsteller im Übrigen weder dem Antragsgegner noch dem SG eine Mitteilung gemacht haben - war das Interesse der Antragstellerin zu 1) an der Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz entfallen.
Ohne dass es somit noch darauf ankommt - der Antragsgegner hat die tatsächlichen Unterkunftskosten überdies mittlerweile aufgrund einer neuen Würdigung des Sachverhalts mit Bescheid vom 17. Oktober 2016 in voller Höhe übernommen -, wird darauf hingewiesen, dass eine Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 4 S. 1 SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach der Rechtsprechung des Senats allenfalls dann in Betracht gekommen wäre, wenn mit hoher, wenn nicht an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte festgestellt wer...