Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. örtliche Zuständigkeit. Vertragsarztangelegenheit. Altfall. Bestimmung des zuständigen Gerichts. Krankenhausvergütungsverfahren. Anhängigkeit bis zum 31.3.2008. perpetuatio fori. niedersächsische Sozialgerichtsbarkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Für Krankenhaushausvergütungsverfahren, die bis zum 31, März 2008 in der niedersächsischen Sozialgerichtsbarkeit anhängig geworden sind, bleibt das bisher zuständige Sozialgericht weiterhin zuständig. Nach dem Grundsatz der perpetuatio fori ist die Anwendung des § 57a Abs 3 SGG in der Fassung des Art 1 Nr 12 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008, BGBl. I S 444 (SGGArbGGÄndG) auf Verfahren beschränkt, die ab dem 1. April 2008 anhängig werden.

 

Orientierungssatz

Für Krankenhaushausvergütungsverfahren, die bis zum 31.3.2008 in der niedersächsischen Sozialgerichtsbarkeit anhängig geworden sind, bleibt das bisher zuständige Sozialgericht weiterhin zuständig. Nach dem Grundsatz der perpetuatio fori ist die Anwendung des § 57a Abs 3 SGG idF des Art 1 Nr 12 SGG/ArbGGÄndG vom 26.3.2008 (BGBl I, 444) auf Verfahren beschränkt, die ab dem 1.4.2008 anhängig werden.

 

Tenor

Es wird bestimmt, dass das Sozialgericht Oldenburg das zuständige Gericht ist.

 

Gründe

I.

Der Beschluss betrifft die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klägerin betreibt ein Klinikum. Sie begehrt von der Beklagten die Vergütung für die Behandlung einer Versicherten der Beklagten.

Mit Schriftsatz vom 16. Februar 2007 - eingegangen am 19. Februar 2007 - hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben. Das SG Oldenburg hat sich mit Beschluss vom 2. Juli 2008 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Hannover verwiesen. Dieses hält sich ebenfalls für örtlich unzuständig und hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts angerufen (Beschluss des SG Hannover vom 1. September 2008).

II.

Die Anrufung des LSG Niedersachsen-Bremen zur Bestimmung des für den Rechtsstreit örtlich zuständigen SG ist nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGG zulässig. Die Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGG liegen vor.

Zuständiges Gericht ist das SG Oldenburg.

Die Klage ist am 19. Februar 2007 beim SG Oldenburg anhängig geworden. Sie betrifft einen Anspruch auf Krankenhausvergütung. Die örtliche Zuständigkeit für diese Verfahren richtet sich nach § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 10. Januar 2005 - L 4 B 31/04 KR -). Denn entgegen der Ansicht des SG Oldenburg ist die örtliche Zuständigkeit für Krankenhausvergütungsverfahren, die bis zum 31. März 2008 anhängig geworden sind (d.h. für sog. Altfälle), nicht durch Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008, BGBl. I S. 444 (SGGArbGGÄndG) geändert worden.

Das SGGArbGGÄndG hat die Vorschrift des § 57a SGG neu gefasst (nF). § 57a SGG nF ist am 1. April 2008 in Kraft getreten (Art. 5 SGGArbGGÄndG). Das SGGArbGGÄndG enthält keine spezielle Regelung für Altverfahren, insbesondere keine Übergangsregelung. Zwar betonen die Gesetzesmaterialien, dass die Änderung des § 57a SGG nur eine “redaktionelle Überarbeitung„ sei; sie sei notwendig geworden, weil in Rechtsprechung und Literatur Uneinigkeit über die Auslegung der Vorschrift bestehe (BR-Drucks. 820/07 S. 20 zu Nr. 12). Gleichwohl hat es der Gesetzgeber unterlassen, die örtliche Zuständigkeit für die Altfälle ausdrücklich zu regeln. Es bleibt daher für Altfälle bei der bisherigen örtlichen Zuständigkeit.

Das zuständige SG Oldenburg hat den Rechtsstreit an das SG Hannover verwiesen. Dieser Verweisungsbeschluss entfaltet gegenüber dem SG Hannover keine Bindungswirkung.

Nach § 98 SGG iVm § 17a Abs. 2 und 3 Gerichtsverfassungsgesetz ist ein Verweisungsbeschluss wegen örtlicher oder sachlicher Unzuständigkeit für das Gericht bindend, an das verwiesen wird. § 98 SGG ist Ausdruck des Grundsatzes der perpetuatio fori. Er dient der Prozessökonomie und dem Rechtsfrieden und besagt, dass die nachträgliche Veränderung von Umständen, auf denen die örtliche Zuständigkeit des ursprünglich angerufenen Gerichts beruht, grundsätzlich unerheblich ist (vgl. hierzu: BSG, Beschluss vom 8. Mai 2007 - B 12 SF 3/07 S -). Daraus folgt, dass die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses nur durchbrochen wird, wenn der Verweisungsbeschluss willkürlich bzw. grob verfahrensfehlerhaft ist oder wenn er gegen den Sinn und Zweck des Grundsatzes der perpetuatio fori verstößt (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 98 Rdnr. 9 ff. mwN).

Der Verweisungsbeschluss des SG Oldenburg ist weder willkürlich noch grob verfahrensfehlerhaft (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 8. August 2008 - L 4 B 37/08 KR -). Er verstößt aber gegen den Grundsatz der perpetuatio fori und entfaltet deshalb keine Bindungswirkung für das SG Hannover.

In der Rechtsprec...

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