Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattungsanspruch nach § 13 SGB 5. stationäre Behandlung im europäischen Ausland. zwei sich deckende Leistungsansprüche aus einer privaten und einer gesetzlichen Krankenversicherung. Wahlrecht des Versicherten. Entfallen des Anspruchs aus dem GKV-System bei Inanspruchnahme der privaten Versicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) gegen eine gesetzliche Krankenkasse bei stationärer Krankenbehandlungen im europäischen Ausland, wenn eine private Auslandsreisekrankenversicherung die Kosten der Krankenhausbehandlung bereits erstattet hat.
2. Grundsätzlich erlischt bei zwei sich deckenden Leistungsansprüchen gegen eine private und eine gesetzliche Krankenversicherung der Leistungsanspruch bei Leistung des einen Trägers auch die Schuld des jeweils anderen, soweit sich die Ansprüche überschneiden. Hat der Versicherte seinen Behandlungsbedarf mit der Leistung eines seiner Schuldner gedeckt, erlischt die Schuld des anderen. In diesem Fall ist der Bedarf des Versicherten durch Leistung einer Versicherung entfallen. Dem Versicherten steht ein Wahlrecht offen, wen er in Anspruch nimmt. Soweit die Krankenkasse die Leistung nicht verweigert, aber der Versicherte die privat versicherte Leistung als eine der ihm möglichen Leistungen wählt, entfällt sein Anspruch aus dem GKV-System (vgl BSG vom 11.9.2018 - B 1 KR 7/18 = BSGE 126, 277 = SozR 4-7610 § 812 Nr 8). Dem Versicherten sind dann keine Kosten entstanden, die von der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 13 SGB V erstatten werden müssen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 1. Dezember 2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung von Aufwendungen für eine Krankenbehandlung im Ausland, wobei er die Zahlung des Erstattungsbetrages an seine private Reiseversicherung begehrt.
Der am H. Juni 19I. geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Bei der J. Reiseversicherung bestand eine Reisekrankenversicherung ohne Selbstbeteiligung (Versicherungsschein Nr K.), nach den Versicherungsbedingungen waren medizinisch notwendige Heilbehandlungen, wie stationäre Behandlungen im Krankenhaus einschließlich Operationen, im Ausland versichert.
Während eines Aufenthaltes in Spanien wurde der Kläger dort wegen der Diagnose I25.4 in der Zeit vom 16. bis zum 18. Juli 2017 in einem Krankenhaus (L. M.) stationär behandelt. Die N. Reiseversicherung O. erstattete dem Kläger im Jahre 2017 Behandlungskosten in Höhe von insgesamt 6.538,29 Euro. Am 16. November 2017 unterzeichnete der Kläger zugunsten der N. Reiseversicherung O. folgende Abtretungserklärung: „Meine Forderung aus diesem Leistungsfall gegen andere Kostenträger trete ich an die N. Reiseversicherung O. ab. Die Abtretung gilt bis zur Höhe des gezahlten Betrages.“
Mit Schreiben vom 25. Juli 2019 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm „die im Zusammenhang mit dem Krankheitsfall in Spanien in der Zeit vom 16. bis zum 18. Juli 2017 entstandenen erstattungsfähigen Krankenbehandlungskosten durch Zahlung an die N. Reiseversicherung O. zu erstatten“.
Mit Bescheid vom 31. Juli 2019 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, Sachleistungsansprüche könnten gemäß § 53 Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nicht abgetreten werden. Das Abtretungsverbot erstrecke sich auch auf sogenannte Sachleistungssurrogate. Demgemäß seien auch Kostenerstattungsansprüche nicht übertragbar. Die von dem Kläger vorgelegte Abtretungserklärung ändere daran nichts. Die Leistung durch die N. Reiseversicherung O. sei endgültig und nicht vorläufig oder bedingt erfolgt. Der Kläger sei nicht ungerechtfertigt bereichert. Die Beklagte könne daher eine Erstattung der Behandlungskosten nicht vornehmen. Sie verwies auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11. September 2018 (B 1 KR 7/18 R).
Gegen den Bescheid vom 31. Juli 2019 erhob der Kläger am 6. August 2019 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2019 als unbegründet zurückwies. Der Kläger habe aufgrund seiner bestehenden Auslandsreisekrankenversicherung Ansprüche für eine Kostenerstattung bei dieser geltend gemacht. Es habe ihm im Falle gleichgerichteter, sich inhaltlich überschneidender Ansprüche gegen über dem Reisekrankenversicherer und dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ein Wahlrecht zwischen den Ansprüchen zugestanden. Der zuerst angegangene Erstattungspflichtige habe seine Leistungspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer/Versicherer vollständig nach Maßgabe der für ihn geltenden Vorgaben zu erfüllen und zwar ohne Rücksicht auf weitere Ansprüche des Versicherungsnehmers/Versicherten gegenüber anderen Erstattungspflichtigen. Die Subsidiaritätsklauseln in den Versicherungsbedingungen, nach der die Leistungspflicht eines Dritten oder die Beanspruchung einer...