Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfüllung der für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erforderlichen 45-jährigen Wartezeit. Bezug von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nach Kündigung infolge der Insolvenzabwendungsbemühungen des Arbeitgebers. Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 51 Abs 3a Nr 3 SGB 6
Leitsatz (amtlich)
Auf die für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erforderliche 45-jährige Wartezeit können Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn auch dann nicht angerechnet werden, wenn der Arbeitgeber mit der Kündigung des letzten Arbeitsverhältnisses eine drohende Insolvenzgefahr abwenden wollte.
Orientierungssatz
Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 51 Abs 3a Nr 3 SGB 6.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am 29. Dezember 1950 geborene Kläger begehrt eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte für den Zeitraum von September 2014 bis März 2015.
Der langjährig berufstätige Kläger war 2014 bei der “I.„ (J.), einem mittelständischen Unternehmen mit etwa 300 Mitarbeitern, in K. im Bereich des Rechnungswesens angestellt. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2013 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2014.
Grund für diese Kündigung waren Bemühungen der in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Arbeitgeberin, durch Kostensenkungsmaßnahmen eine seinerzeit drohende Insolvenz zu vermeiden (vgl. deren Bescheinigung vom 10. Juni 2014). Diese Bemühungen zur Abwehr einer Insolvenz blieben im Ergebnis ohne Erfolg; am 31. März 2014 musste die Arbeitgeberin gleichwohl den Insolvenzantrag stellen.
Der Kläger war nach einer Fachschulausbildung im August 1968 mit der Aufnahme einer beruflichen Ausbildung in das Arbeitsleben eingetreten. Er hatte seine berufliche Tätigkeit von Oktober 1974 bis Juli 1976 bedingt durch eine zwölfmonatige Hochschulausbildung ohne Abschluss mit nachfolgender - mit einem Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung einhergehender (vgl. Bl. 22 R VV) - zehnmonatiger Arbeitslosigkeit unterbrochen. Bis Januar 2014 hatte er insgesamt 533 Beitragsmonate (unter Einschluss von Anrechnungszeiten bei Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung) in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt (vgl. wegen der Einzelheiten den dem Rentenbescheid vom 25. März 2015 beigefügten Versicherungsverlauf und die Wartezeitberechnungen der Beklagten, Bl. 41 ff. VV).
Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Januar 2014 bezog der Kläger ab Februar 2014 Arbeitslosengeld. Dementsprechend wurden von Seiten der Bundesagentur für Arbeit für ihn aufgrund des Bezuges dieser Leistungen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI entrichtet.
Am 26. August 2014 beantragte der Kläger die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab September 2014 nach Maßgabe des Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) vom 23. Juni 2014 (BGBl. I, 787).
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. September 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2014 mit der Begründung ab, dass der Kläger nicht die 45jährige Wartezeit im Sinne des § 51 Abs. 3a SGB VI (in der Fassung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes) erfülle. Er habe nur 533 und nicht die erforderlichen 540 Beitragsmonate zurückgelegt, da die Beitragsmonate von Februar bis August 2014 nach den gesetzlichen Vorgaben auf die 45jährige Wartezeit nicht anzurechnen seien. Zwar seien Kalendermonate mit Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung (soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten seien) grundsätzlich anzurechnen; dies gelte jedoch nicht für Zeiten in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung sei durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt.
Dagegen richtet sich die vom Kläger am 12. Januar 2015 erhobene Klage. Der Kläger macht geltend, dass seine Arbeitslosigkeit aufgrund der zur Abwehr einer seinerzeit drohenden Insolvenz vom Arbeitgeber im Dezember 2013 ausgesprochene Kündigung wie ein durch eine Insolvenz bedingter Bezug von Arbeitslosengeld eingestuft werden müsse. Er habe die Arbeitslosigkeit weder geplant noch verschuldet. Diese sei allein durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten seines Arbeitgebers bedingt gewesen.
Vor dem Hintergrund der nach Auffassung der Beklagten zunächst fehlenden sieben Beitragsmonate hatte der Kläger im September 2014 - neben dem weiterhin, wenn auch bedingt durch die Anrechnungsvorschriften in gekürzter Höhe, bezogenen Arbeitslosengeld - eine geringfügige versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen. Unter Berücksichtigung der sich daraus...