Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Nebenkostennachforderung. Unzulässigkeit der Abtretung von Teilen des Regelbedarfs an den Vermieter. fehlendes wohlverstandenes Interesse des Leistungsberechtigten
Orientierungssatz
Die Abtretung von Leistungen der Grundsicherung setzt nach § 53 Abs 2 Nr 2 SGB 1 voraus, dass diese im wohlverstandenen Interesse des Leistungsberechtigten liegt. Dies ist zwar zur Deckung laufender Mietzahlungen möglich. Eine Abtretung ist aber ausgeschlossen, wenn es um die Abzweigung von Teilen der Regelbedarfsleistung geht, die zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts dienen. Insoweit fehlt es am erforderlichen wohlverstandenen Interesse des Leistungsempfängers.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird endgültig auf 1.946,67 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt als ehemaliger Vermieter der Beigeladenen die Auszahlung von insgesamt 100,00 Euro monatlich aus den der Beigeladenen vom Beklagten gewährten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) aus abgetretenem Recht. Er beruft sich auf ein sog „wohlverstandenes Interesse“ iS von § 53 Abs 2 2 Nr 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) bezogen auf Nebenkostennachforderungen für 2013 iHv 1.100,34 Euro und für 2014 iHv 846,33 Euro.
Die Beigeladene steht im laufenden Leistungsbezug bei dem Beklagten. Sie war jedenfalls in der Zeit von 2013 bis August 2017 Mieterin einer Wohnung in „M. 1, N.“. Vermieter war der Kläger. Er machte Nebenkostennachforderungen iHv 1.100,34 Euro für das Jahr 2013 geltend. Diesen hatte die Beigeladene (jedenfalls zunächst) widersprochen. Der Kläger machte außerdem Nebenkostennachforderungen für das Jahr 2014 iHv 846,33 Euro geltend, denen die Beigeladene (ebenfalls jedenfalls zunächst) widersprochen hatte und die deshalb von dem Beklagten nicht übernommen wurden. Die laufenden Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) wurden jedenfalls für die Zeit ab April 2016 iHv 580,00 Euro direkt an den Kläger überwiesen (Bl 1947R, Bl 2013 Verwaltungsakten - VA -).
Mit Schreiben vom 3. März 2016 (Bl 1930R VA), eingegangen per Fax am 2. März 2016, legte der Kläger beim Beklagten eine Vereinbarung vom 3. Februar 2016 vor und begehrte, monatliche Raten iHv 50,00 Euro ab April 2016 an ihn zu überweisen. In der per Fax vorgelegten Kopie der Vereinbarung heißt es, dass die Beigeladene einen Restbetrag von Nebenkosten 2013 iHv 1.100,34 Euro selbst zu tragen habe. Unter 2. steht: „Es wird vereinbart, dass dieser Betrag in monatlichen Raten von 50,00 Euro von der Regelleistung gezahlt wird, beginnend ab März 2016. Dieser Betrag wird unwiderruflich an Herrn C. abgetreten. Dieser Betrag wird von dem Jobcenter O. P. 1, Q., BG-Nr: R. direkt an Herrn C. gezahlt.“ Die Vereinbarung enthält außerdem noch die Bankverbindung des Klägers sowie zwei Unterschriften zwischen der Datumszeile 3. Februar 2016 und den Namen B. C. und E. F..
Am 7. März 2016 ging ein weiteres Schreiben des Klägers per Fax ein (Bl 1931 VA). Er benannte hier im Betreff eine Vereinbarung über die Zahlung von 846,33 Euro in monatlichen Raten von 50,00 Euro ab März 2016 und bat um Überweisung. Eine Kopie einer entsprechenden Vereinbarung vom 12. Oktober 2015 ging erstmals am 1. April 2016 per Fax ein (Bl 1964 VA), nun mit einem auf den „3.02.2016“ datierten, ansonsten inhaltsgleichen Anschreiben wie dasjenige vom 7. März 2016 (Bl 1963R VA). Darin wurde vereinbart, dass die Beigeladene die Nebenkosten 2014 iHv 846,33 Euro selbst zu tragen habe. Im Übrigen wurde wortgleich wie in der Vereinbarung vom 3. Februar 2016 vereinbart, dass dieser Betrag in monatlichen Raten von 50,00 Euro von der Regelleistung gezahlt wird, beginnend ab November 2015, dieser Betrag unwiderruflich an Herrn C. abgetreten wird und vom Jobcenter O. direkt an Herrn C. gezahlt wird.
Anlässlich einer Vorsprache am 24. März 2016 erklärte die Beigeladene, sie habe keine Einverständniserklärung zur Abzweigung der Betriebskosten 2013 und 2014 unterzeichnet und bat, nichts abzuzweigen (Bl 1951 VA).
Der Beklagte vermerkte, dass ein Widerspruch zu den Nebenkosten 2013 von der Leistungsempfängerin gegenüber dem Vermieter eingelegt und bezüglich der Nebenkosten 2014 eine entsprechende Vorlage fehle bzw ebenfalls Widerspruch von der Leistungsempfängerin eingelegt worden sei. Der Beklagte wies mit Bescheid vom 1. April 2016 den Antrag auf Auszahlung ab, da Widerspruch gegen die Betriebskostenabrechnung 2013 eingelegt worden sei und nicht bekannt sei, ob die Betriebskostenabrechnung 2014 anerkannt worden sei. Somit sei eine Abzweigung des Betrags nicht möglich.
Hiergegen legte der Kläger am 12. April 2016 Widerspruch ein. Gegen die Nebenkostenabrechnungen 2013 und 2014 habe die Beigeladene keinen Widerspruch eingelegt. Sie habe vielmehr die Nebenkosten anerkannt. Er habe auß...