Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Anspruch auf Krankengeld trotz fehlender ärztlicher Feststellung der Arbeitsunfähigkeit

 

Orientierungssatz

Zur Frage, wann ein Versicherter seine Obliegenheit für die zeitgerechte Feststellung einer geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit erfüllt (vgl BSG vom 8.11.2005 - B 1 KR 30/04 R = BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr 1).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.12.2014; Aktenzeichen B 1 KR 19/14 R)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Krankengeld über den 10. Dezember 2008 hinaus.

Der 1957 geborene Kläger (GdB 40) war zuletzt als Lagerarbeiter erwerbstätig und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er wurde zunächst vom Durchgangsarzt Dipl.-Med. K. für die Zeit vom 13. Oktober 2008 bis einschließlich 10. Dezember 2008 wegen einer “Lumboischialgie„ arbeitsunfähig geschrieben. Der Arbeitgeber kündigte das Beschäftigungsverhältnis zum 30. November 2008. Im Anschluss an die vom Arbeitgeber geleistete Entgeltfortzahlung zahlte die Beklagte Krankengeld für die Zeit vom 1. Dezember bis zum 10. Dezember 2008.

Am 6. November 2008 fand ein Beratungsgespräch im Hause der Beklagten statt. Bei diesem Gespräch wurde der Kläger darüber informiert, dass er einen Vertragsarzt suchen müsse, der ihm weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstelle. Die Bescheinigungen des Durchgangsarztes würden von der Beklagten nicht weiter anerkannt. Am 28. November 2008 stellte sich der Kläger daraufhin erstmalig bei Dr. L. vor. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stellte Dr. L. jedoch nicht aus, weil noch jene von Dr. K. bis zum 10. Dezember 2008 galt. Am 9. Dezember 2008 begab sich der Kläger erneut in die Praxis des Dr. L., um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten. An diesem Tage bescheinigte der Vertragsarzt Dr. L. dem Kläger jedoch keine Arbeitsunfähigkeit, weil für den 11. Dezember 2008 ein Termin zur Ganzkörperuntersuchung des Klägers angesetzt war. Zudem teilte er dem Kläger in einem Gespräch mit, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem 11. Dezember 2008 ausreichend sei, um weiterhin Krankengeld zu beziehen. Am 11. Dezember 2008 attestierte Dr. L. dem Kläger Arbeitsunfähigkeit bis zum 10. Januar 2009 wegen der bereits bekannten Lumboischialgie . In der Folgezeit stellte der Vertragsarzt Dr. L. dem Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis einschließlich 3. April 2009 aus, die der Kläger auch der Beklagten übersandte.

Mit Bescheid vom 2. Januar 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf des 10. Dezember 2008 geendet habe. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 11. Dezember 2008 reiche nicht aus, um weiterhin Krankengeld zu bekommen. Diese hätte bereits am 10. Dezember 2008 ausgestellt und vorgelegt werden müssen. Wegen eines nachgehenden Leistungsanspruchs erhalte der Kläger jedoch für die Zeit vom 12. Dezember 2008 bis zum 10. Januar 2009 Krankengeld. Für den 11. Dezember 2008 und für die Zeit nach dem 10. Januar 2009 stehe dem Kläger jedoch kein Krankengeld mehr zu. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 25. März 2009).

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben, die am 9. April 2009 beim Sozialgericht (SG) Hannover eingegangen ist. Seine Klage hat der Kläger damit begründet, dass der behandelnde Arzt Dr. L. ihm mitgeteilt habe, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem 11. Dezember 2008 ausreichend sei, um seine Rechte zu wahren. Auf diese Aussage habe er vertraut.

Der Kläger hat die Bescheinigungen des Dr. L. vom 6. April und 16. September 2009 zu den Akten gereicht. Wegen der Einzelheiten der Bescheinigungen wird auf Blatt 17 bzw. 77 der Gerichtsakte verwiesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2010 hat das SG Dr. L. als Zeugen vernommen. In der Niederschrift heißt es wie folgt:

“Ich bin der Auffassung, dass eine Folgebescheinigung am 11.12.2008 ausreichend ist für den ununterbrochenen Bezug von Krankengeld, gerade auch deswegen, weil es sich um die gleiche Diagnose gehandelt habe. So habe ich es dem Kläger auch vermittelt.

Der Zeuge reicht nochmals eine Bescheinigung ein, dass nach den PC-Daten der Kläger bereits am 09.12.2008 arbeitsunfähig in seine Praxis erschienen sei, wobei ein Untersuchungstermin erst am 11.12.2008 eingeräumt werden konnte.

Wahrscheinlich habe ich ihm in der Hektik der Praxis gesagt, dass eine Bescheinigung ab dem 11.12.2008 ausreichend sei. Am 11.12.2008 wurde ausweislich der Karteikarte eine Vorsorgeuntersuchung in Form einer Ganzkörperuntersuchung durchgeführt. Dabei wurde auch ein EKG geschrieben. Blutdruck gemessen, die Untersuchung erfolgte von Kopf bis Fuß.„

Mit Urteil vom 29. Oktober 2010 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 2. Januar 2009 in Gestalt des Widersp...

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