Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung. schlüssiges Konzept. Hinweise auf eingetretene Mietpreissteigerung. fehlende Aktualität und Validität des Konzepts. Notwendigkeit der Überprüfung. Abbildung der aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes
Leitsatz (amtlich)
Liegen deutliche Hinweise für eingetretene Preissteigerungen vor, können früher erhobene Daten nicht ungeprüft weiterhin für die Bestimmung der angemessenen Referenzmiete zugrunde gelegt werden, da diese gerade nicht mehr die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sie die aktuellen Verhältnisse auf dem örtlichen Wohnungsmarkt wiedergeben.
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 30. April 2015 wird für den Monat Januar 2012 teilweise aufgehoben, soweit der Beklagte zu einer weiteren Zahlung von mehr als 10 € verurteilt worden ist, und für den Monat Februar 2012, soweit der Beklagte zu einer weiteren Zahlung von mehr als 11,52 € verurteilt worden ist; die Klage wird insoweit abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage höhere Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis zum 31. März 2012.
Die Klägerin ist 1960 geboren. Sie bezieht seit 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), mit einer Unterbrechung von August 2009 bis März 2010. In dieser Zeit hat sie eine Erbschaft verbraucht; weiteres Vermögen ist nicht vorhanden.
Seit 1992 wohnt sie in einer 77 m² großen, mit einer Gaszentralheizung beheizten Drei-Zimmer-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der K. in der kreisfreien niedersächsischen Stadt L.. Bis Dezember 2011 musste sie dafür monatlich 392,16 € als Grundmiete, 94 € Nebenkostenabschlag und 85 € Heizkostenabschlag, insgesamt also 571,16 €, an den Vermieter zahlen. Ab dem 1. Januar 2011 wurde der Nebenkostenabschlag um 10 € auf 104 € monatlich erhöht, sodass sich der monatliche Gesamtbetrag auf 581,16 € belief. Zum 1. Januar 2012 erfolgte eine Absenkung des Heizkostenabschlags auf 79 €.
Auf den Neuantrag der Klägerin vom 17. März 2010 bewilligte der Beklagte ihr zunächst die vollen Unterkunftskosten, abzüglich allein der sogenannten Warmwasserpauschalen. Nachdem die Klägerin sodann eine Mahnung ihrer Vermieterin bezüglich der Neben- und Heizkostennachforderung für das abgeschlossene Jahr 2010 vorgelegt hatte, lehnte der Beklagte zunächst die Übernahme weiterer Betriebskosten mit Bescheid vom 24. Februar 2011 ab. Er verwies dabei auf die für die Stadt L. geltenden Mietobergrenzen. Gleichzeitig übersandte er der Klägerin unter dem 24. Februar 2011 eine Kostensenkungsaufforderung. Darin führte er aus, dass die von der Klägerin zu zahlende Grundmiete von monatlich 392,16 € den nach dem aktuellen Mietspiegel für die Stadt L. angemessenen Betrag um 158,66 € übersteige. Es sei der Klägerin möglich und zumutbar, ihre Unterkunftskosten auf den angemessenen Betrag von monatlich 233,50 € zuzüglich angemessener Betriebs- und Heizkosten zu senken. Diese Hinweise wiederholte der Beklagte in seinem Bescheid vom 9. März 2011, mit dem er der Klägerin für den Bewilligungszeitraum von April bis September 2011 ab dem Monat September 2011 nur noch die aus seiner Sicht angemessenen Kosten der Unterkunft (insgesamt 416,03 € inkl. Heizkosten anstatt zuvor 574,69 €) bewilligte. Für den hier streitigen Zeitraum vom 1. Oktober 2011 bis zum 31. März 2012, in dem die Klägerin Einkommen nicht erzielte, beantragte diese am 13. September 2011 die Fortzahlung ihrer Grundsicherungsleistungen. Einen entsprechenden Bewilligungsbescheid erließ der Beklagte unter dem 23. September 2011. Bei der Berechnung der Leistungen wurde ein Unterkunftskostenbedarf i. H. v. insgesamt 422,50 € (inkl. Heizkosten) berücksichtigt.
Am 15. November 2011 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 23. September 2011. Diesem Antrag gab der Beklagte mit Bescheid vom 16. November 2011 teilweise statt und erließ unter dem gleichen Datum einen Änderungsbescheid für den gesamten Bewilligungszeitraum von Oktober 2011 bis März 2012, mit dem er Leistungen unter Berücksichtigung eines Bedarfs für Unterkunft und Heizung i. H. v. nunmehr 432 € monatlich bewilligte.
Während des anschließenden Widerspruchsverfahrens erteilte der Beklagte einen Änderungsbescheid vom 26. November 2011, mit dem er die Erhöhung der Regelbedarfe ab Januar 2012 berücksichtigte. Für die Monate Januar bis März 2012 wurden mit dem genannten Bescheid weiterhin Kosten für Unterkunft und Heizung i. H. v. insgesamt 432 € berücksichtigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2011 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 17. November 2011 gegen den Bescheid vom 16. November 2011 be...