Entscheidungsstichwort (Thema)
soziales Leistungsrecht. gesetzliche Unfallversicherung. Verletztenrente. Vorschusszahlung gem § 42 SGB 1. Rückforderung
Orientierungssatz
Ein rechtswidrig gezahlter Vorschuss auf eine Verletztenrente kann wegen der Bestandskraft des Vorschussbescheides gem § 77 SGG nicht gem § 42 Abs 2 SGB 1 wieder zurückgefordert werden (Abweichung von BSG vom 29.4.1997 - 4 RA 46/96 = SozR 3-1200 § 42 Nr 9). Der Unfallversicherungsträger muss vielmehr den Vorschuss gewährenden Verwaltungsakt in Anwendung von § 45 SGB 10 unter der Beachtung der normierten Voraussetzungen zurücknehmen, um dann in Anwendung von § 50 SGB 10 die Erstattung der bereits erbrachten Leistungen fordern zu können.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Anspruch der Berufungsklägerin auf Zuerkennung einer Verletztenrente wegen der bei ihr anerkannten Berufskrankheit (BK) sowie um die Rückzahlung eines der Berufungsklägerin gezahlten Vorschusses.
Die 1965 geborene Berufungsklägerin absolvierte von August 1982 bis zum Juli 1985 eine Lehre als Friseurin. Im Anschluss daran war sie im erlernten Beruf bis zum März 1991 tätig. Im Februar 1991 wandte sie sich an die Berufungsbeklagte und wies darauf hin, bei ihr lägen sowohl Haut- als auch Atemwegserkrankungen vor, die auf berufliche Einflüsse zurückzuführen seien.
Die Berufungsbeklagte leitete Ermittlungen ein. Sie zog u.a. Befundberichte der die Berufungsklägerin behandelnden Ärzte (Dr. B, Hautärztin und Allergologin Dr. W sowie Hautärztin und Allergologin Dr. S) bei. Sodann veranlasste die Berufungsbeklagte die Begutachtung der Berufungsklägerin. Nachdem der Gutachter mitgeteilt hatte, die Berufungsklägerin sei nicht zum Untersuchungstermin erschienen, stellte die Berufungsbeklagte das Verwaltungsverfahren ein.
Die Berufungsklägerin war von September 1991 bis Januar 1997 bei der Fa. D C E als Monteurin von Bauelementen beschäftigt. Nach Beendigung dieses Beschäftigungsverhältnisses aufgrund von internen Veränderungen bei der Beschäftigungsfirma meldete sich die Berufungsklägerin im April 1997 erneut bei der Berufungsbeklagten und teilte mit, sie wolle nunmehr eine Umschulung machen.
Die Berufungsbeklagte zog Befundberichte der Hautärztin und Allergologin Dr. W des Hautarztes Dr. G und des Internisten Dr. M sowie einen Entlassungsbericht der H Klinik Bad E (wegen eines stationären Aufenthaltes vom 16. Juli bis zum 13. August 1991) vom 13. September 1991 bei. Sodann veranlasste die Berufungsbeklagte die Begutachtung der Berufungsklägerin durch den Arzt für innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, Umweltmedizin Dr. We und Dr. R. Diese kamen nach stationärer Untersuchung der Berufungsklägerin vom 08. bis zum 10. Dezember 1997 im Wesentlichen zu dem Ergebnis, bei der Berufungsklägerin läge eine Überblähung der Lunge mit geringer Erhöhung des Atemwegswiderstandes vor. Eine obstruktive Atemwegserkrankung habe sich lediglich unmittelbar nach Exposition mit Blondierung gezeigt. Die Obstruktion sei aber rasch ohne therapeutischen Einsatz reversibel gewesen. Durch die Atemwegserkrankung werde die Erwerbsfähigkeit nicht gemindert.
Die Direktorin des Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin der H-H-Universität in D Prof. Dr. B-G kam in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 29. Mai 1998 in Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Dr. We zu dem Ergebnis, es liege eine obstruktive Atemwegserkrankung vor. Diese sei durch die berufliche Belastung verursacht worden. Die Berufungsklägerin sei aufgrund dieser Erkrankung gezwungen gewesen, ihre berufliche Tätigkeit aufzugeben. Daher sei eine BK der Nr. 4302 der Anlage zur BKVO (durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) anzuerkennen. Es liege eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 20 v.H. vor. Hierzu nahmen Dr. We/Dr. R unter dem 14. November 1998 Stellung und schlossen sich in Auseinandersetzung mit der Stellungnahme von Prof. Dr. B-G deren Einschätzung an, es liege eine MdE von 20 v.H. vor.
Daraufhin wandte sich die Berufungsbeklagte mit Schreiben vom 09. Februar 1999 an die Berufungsklägerin und teilte dieser unter dem Betreff "Ihre Atemwegserkrankung" mit, nach dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen bestehe in ihrem Fall ein Anspruch auf Geldleistungen. Die Leistung könne ihrer Höhe nach jedoch noch nicht festgestellt werden, weil hierzu noch weitere Ermittlungen erforderlich seien. Gem. § 42 Abs. 1 Sozialgesetzbuch I (SGB I) würden ihr daher 15.000,- DM als Vorschuss auf Verletztenrente für die Zeit vom 01. Januar 1993 bis zum 31. Januar 1999 überwiesen. Abschließend wies die Berufungsbeklagte darauf hin, dass Vorschüsse auf zustehende Leistungen anzurechnen seien. Soweit sie diese überstiegen, seien sie vom Empfänger zu erstatten (§ 42 Abs. 2 SGB I...