Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Rücknahme rechtswidriger Bewilligungsbescheide und Erstattung von Leistungen. verschwiegenes Vermögen im Ausland. Steuer-CD
Leitsatz (amtlich)
Informationen auf einer von einem deutschen Bundesland aufgekauften Steuer-CD mit Daten von Kapitalanlegern in der Schweiz, die hinsichtlich des Namens und des Geburtsdatums mit den Daten eines Leistungsempfängers nach dem SGB II übereinstimmen, können im Einzelfall ausreichen, in Verbindung mit weiteren Indizien die volle Überzeugung des Gerichts von der Rechtswidrigkeit erteilter Bewilligungsbescheide des Jobcenters zu begründen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen der Berufungskläger zu 3) und 4) werden als unzulässig verworfen, die Berufungen der Berufungskläger zu 1) und 2) werden zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Berufungskläger wenden sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Oktober 2014 wegen verschwiegenen Vermögens und die Rückforderung eines Betrages von insgesamt 175.056,18 €. Das von den Berufungsklägern zu 1) bis 4) diesbezüglich geführte Berufungsverfahren L 13 AS 45/17 hat der Senat mit einem bereits anhängigen Berufungsverfahren (L 13 AS 77/15) der Berufungskläger zu 1) und 2) verbunden, welches die für die Monate Mai bis Oktober 2014 erteilten Bewilligungsbescheide betrifft und in welchem die Berufungskläger zu 1) und 2) höhere Leistungen geltend machen.
Die 1969 geborene Klägerin und Berufungsklägerin zu 1) (nachfolgend nur: Klägerin zu 1.) und der 1960 geborene Kläger und Berufungskläger zu 2) (nachfolgend nur: Kläger zu 2.) sind miteinander verheiratet. Sie bewohnen zusammen mit ihren Söhnen D. (geboren 1999) und E. (geboren 2001), den Berufungsklägern zu 3) und 4), ein 140 m² großes Haus in L. im Zuständigkeitsbereich des Beklagten, das im Alleineigentum des Klägers zu 2) steht. Die Grundstücksgröße beträgt 750 m². Beim Erwerb des Hauses im Jahr 2003 nahm der Kläger zu 2) ein Darlehen der M. (Rechtsnachfolger: N.) in Höhe von 180.000 € auf, für welches monatliche Raten in Höhe von 870 € zu entrichten waren. Dieses ist mit einer Grundschuld in Höhe von 100.000 € dinglich gesichert. Eine weitere dingliche Sicherung erfolgte auf dem Grundstück der Eltern des Klägers zu 2) in O. Zum Zeitpunkt des Hauserwerbs war der Kläger zu 2), der gelernter Konditormeister ist und später den Abschluss eines staatlich geprüften Betriebswirts erworben hat, ausweislich eines bei dem Beklagten vorgelegten Lebenslaufs als selbständiger Unternehmensberater tätig. Für die Zeit ab dem 1. September 2004 bezeichnete er sich als arbeitsuchend. Eine aktenkundige Gewerbeabmeldung der Samtgemeinde L. vom 21. September 2004 weist den Kläger zu 2) als Inhaber der Unternehmensberatung „Q.“ aus. Als Datum der Geschäftsaufgabe wird der 31. Mai 2004 genannt. Der Kläger zu 2) ist wegen falscher Verdächtigung, Beleidigung und übler Nachrede vorbestraft. Die Klägerin zu 1), die wegen Beleidigung, übler Nachrede, falscher Verdächtigung und versuchter Erpressung vorbestraft ist, ist gelernte Zahnarzthelferin und war nach einem von ihr im Verwaltungsverfahren vorgelegten Lebenslauf zuletzt als Verkaufsleiterin tätig. Seit dem 1. Januar 2000 war sie nach ihren Angaben arbeitsuchend.
Die Klägerin zu 1) beantragte am 15. Oktober 2004 für sich und den Kläger zu 2) sowie die beiden Söhne bei der seinerzeit für die Bescheidung zuständigen Agentur für Arbeit R. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Zu diesem Zeitpunkt unterhielt der Kläger zu 2) u. a. ein Girokonto bei der M. (nachfolgend einheitlich: N.) mit der Konto-Nr. 210 924 501. Dieses Konto war mit einem Betrag von rund 32.000 € im Soll. Im Rahmen eines im Jahr 2014 durchgeführten Ermittlungsverfahrens des Hauptzollamts S. wurden bei einer Hausdurchsuchung am 22. Juli 2014 die vollständigen Kontoauszüge für das genannte Konto beschlagnahmt. Aus diesen ist ersichtlich, dass am 29. Dezember 2004 Verkaufserlöse aus diversen Wertpapierverkäufen in Höhe von insgesamt 88.555,78 € dem Konto gutgeschrieben wurden. Am selben Tag erfolgte eine Überweisung über 44.000 € (Empfänger: „C. P.“) mit dem Verwendungszweck „Tilgung Verbindlichkeiten“ sowie eine Lastschrift über 5.000 € mit dem Verwendungszweck „Außerplanm.Tilg. 210924521“, so dass ein Kontostand von 5.332,61 € verblieb. Die Klägerin zu 2) füllte im Rahmen der Antragstellung bei der Arbeitsagentur diverse Antragsvordrucke aus. Im Hauptvordruck gab sie an, dass weder sie noch ihr Ehemann Vermögen hätten, das den Wert von 4.850 € je Person übersteige. Im Zusatzblatt 3 zur Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens trug die Klägerin zu 1) ein (nicht näher bezeichnetes) Girokonto des Klägers zu 2) mit einem Kontostand von 938,16 € ein. Weit...