Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherungspflicht. selbständig tätiger Dozent. Lehrauftrag. Arbeitslosmeldung mit Leistungsbezug. Unterbrechung der selbständigen Tätigkeit
Orientierungssatz
1. Die Versicherungspflicht selbständig Tätiger wird im Allgemeinen nicht schon dann unterbrochen, wenn die tatsächliche Arbeitsleistung vorübergehend entfällt, sondern erst dann, wenn der selbständig Tätige nicht nur kurzfristig keine Arbeitsleistung im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit mehr erbringt, oder wenn eine sonstige Voraussetzung der Versicherungspflicht vorübergehend entfällt. Kurzfristige Unterbrechungen in der tatsächlichen Erbringung von Arbeitsleistungen insbesondere durch Krankheit, Urlaub oder auch infolge eines Auftragsmangels haben keine Auswirkungen auf das Fortbestehen des Versicherungsverhältnisses.
2. Ein Zeitraum von vier Monaten kann nicht mehr als kurzfristige Unterbrechung angesehen werden, die für die Annahme der Versicherungspflicht gem § 2 S 1 Nr 1 SGB 6 unschädlich wäre.
3. Ist eine Beendigung der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit nur möglich, wenn diese tatsächlich aufgegeben wird und der Wille zur Fortsetzung dieser Tätigkeit nicht besteht, so folgt daraus zwangsläufig, dass für die Annahme einer Unterbrechung gerade der Wille des Selbständigen bestehen muss, diese nach einem Zeitraum des Nichttätigseins fortzusetzen.
4. Unter dem Gesichtspunkt der Regelung des § 58 Abs 2 SGB 6 steht auch der Annahme einer Unterbrechung der Versicherungspflicht des selbständig Tätigen wegen Arbeitslosigkeit bei Leistungsbezug nichts entgegen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 18. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht des Klägers als selbständiger Lehrer in der Zeit vom 4. Juni bis 30. September 2007.
Der 1954 geborene Kläger nahm im Oktober 2004 eine Tätigkeit als Honorardozent beim Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft gemeinnützige GmbH (BNW) an und beantragte bei der Beklagten im Januar 2005 hierfür die Beitragszahlung für eine Pflichtversicherung kraft Gesetzes als selbständig Tätiger. Die Beklagte nahm eine Pflichtversicherung gemäß § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI an und erhob von dem Kläger ab Oktober 2004 durchgängig Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung. Die Tätigkeit des Klägers für das BNW fand jedoch nicht durchgängig statt; so war er zunächst vom 5. Oktober bis 23. Dezember 2004, dann vom 10. Januar bis 23. Juni 2005, sodann vom 1. September bis 21. Dezember 2005, vom 06. Februar bis 12. April 2006, vom 27. April bis 13. Juli 2006 und schließlich vom 4. Oktober bis 20. Dezember 2006 als Honorarkraft tätig. Jedes Mal meldete sich der Kläger bei der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit Aurich - für die Zwischenzeit arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld (Arbeitslosmeldungen vom 4. Januar 2005, 24. Juni 2005, 22. Dezember 2005, 13. April 2006, 14. Juli 2006, 21. Dezember 2006).
Im Jahr 2007 war der Kläger erneut in der Zeit vom 8. Januar bis 2. Juni 2007 als Honorarkraft für das BNW tätig; am 4. Juni 2007 meldete er sich wieder arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. Mit Schreiben vom 6. Juli 2007 teilte er unter Hinweis hierauf der Beklagten mit, die Beitragszahlung vorerst einzustellen. Bei neuerlicher Aufnahme der Dozententätigkeit, voraussichtlich im August/September, werde er die Beklagte hierüber unterrichten und die Zahlungen nach Aufforderung wieder aufnehmen; er bitte um Mitteilung, falls er die Versicherungspflicht neu beantragen müsse. Mit Bescheid vom 1. August 2007 lehnte die Beklagte die Unterbrechung der Beitragszahlung ab und führte zur Begründung aus, dass eine solche aufgrund einer zeitweisen Nichtausübung der Lehrtätigkeit nicht erfolgen könne. In der Beitragshöhe trete ab 1. Januar 2007 eine Änderung ein, die geänderte Beitragshöhe könne der Kläger der Beitragsrechnung entnehmen. Diese wies einen monatlichen Beitrag i.H.v. EUR 243,78 aus, wobei die monatliche Beitragsforderung auch nach dem 1. Juni 2007 geltend gemacht wurde. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, dass es sich um eine ordnungsgemäße Arbeitslosigkeit handele; er erhalte von der Arbeitsverwaltung Arbeitslosengeld einschließlich der damit verbundenen Übernahme der Sozialbeiträge auch für die Rentenversicherung. Damit sei seiner Pflicht zur Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge Genüge getan. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2007 zurück. Gegen eine tageweise Feststellung der Versicherungspflicht spreche, dass sich ein ständiger Wechsel des versicherungsrechtlichen Status des zu Beurteilenden - je nach Auftragseingang - ergäbe. Zudem erstrecke sich die Berufstätigkeit bei selbständigen Lehrern grundsätzlich nicht nur auf...