Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer Berücksichtigung von Militärpersonen in der UdSSR zurückgelegter Beschäftigungszeiten nach dem Fremdrentenrecht

 

Orientierungssatz

1. Zeiten der Zugehörigkeit zur Sozialversorgung in der UdSSR, z. B. für Militärpersonen, sind keine Beitragszeiten i. S. von § 15 Abs. 1 FRG. Dieses System dient vorwiegend der Sicherung von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Damit stellt es keine gesetzliche Rentenversicherung i. S. von § 15 Abs. 1 FRG dar.

2. Eine Berücksichtigung solcher Zeiten als Beschäftigungszeiten i. S. von § 16 FRG ist gleichfalls ausgeschlossen. Diesen bei der russischen Rente zusätzlich angerechneten Zeiten entspricht kein realer Zeitraum einer Beschäftigung. Die Berücksichtigung rein fiktiver Zeiten für Grund oder Höhe des Rentenanspruchs ist dem deutschen Rentenrecht fremd und deshalb mit dem Rentenversicherungssystem des SGB 6 nicht vereinbar.

3. Der Rentenberechnung nach dem FRG liegen nicht die im Ausland erzielten Löhne oder entrichteten Beiträge zugrunde. Nach dem maßgeblichen Eingliederungsprinzip und der damit verbundenen Pauschalierung wird eine Bewertung nach Leistungsgruppen mit pauschalen Jahresarbeitsentgelten vorgenommen. Mit dieser abschließenden Regelung fehlt für eine zusätzliche Berücksichtigung von mehr 12 Monatsgehältern pro Jahr die rechtliche Grundlage.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 09.09.2010; Aktenzeichen B 13 R 173/10 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 19. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt nach Maßgabe des Fremdenrentengesetzes (FRG) unter Berücksichtigung weiterer Beitrags- und Beschäftigungszeiten eine höhere Rente.

Der 1951 in I. (Russland) geborene Kläger war seit August 1971 Flugschüler an der J. Höheren Militär-Fliegerschule der Navigationsoffiziere, wo er im Oktober 1975 die Qualifikation “Offizier mit akademischer Militärausbildung, Navigator-Ingenieur„ zuerkannt erhielt. Von Dezember 1975 bis Oktober 1992 war er in der Roten Armee der UdSSR zunächst als Navigator (Dezember 1975 bis Juli 1987), dann als Co-Pilot und Navigator (Juli 1987 bis März 1988) und schließlich als Pilot und Navigator (März 1988 bis Oktober 1992) tätig. Der letzte von ihm erreichte Dienstgrad war der eines Majors der Garde. Von November 1992 bis November 1993 arbeitete der Kläger als Schlosser im Maschinenbau (Ukraine). Im November 1993 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über; er ist Spätaussiedler i.S.d. § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG).

Im März 1995 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Berufsunfähigkeit, die diese mit Bescheid vom 6. Februar 1996 ab dem 1. März 1995 gewährte. Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Rentenberechnung zunächst mit dem Argument, dass die Zeit von August 1968 bis August 1971 ebenso wie seine Tätigkeiten in der Sowchose in den Jahren 1965 und 1966 nicht als Rentenzeiten berücksichtigt worden seien. Die Beklagte forderte von dem Kläger weitere Unterlagen an und half dem Widerspruch mit Teilabhilfebescheid vom 13. Oktober 1997 insoweit ab, als sie die Zeit vom 28. Juni 1968 bis 30. Juli 1971 als Anrechnungszeit wegen Schul- bzw. Hochschulausbildung anerkannte. Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kläger nunmehr mit der Begründung, nicht damit einverstanden zu sein, dass für die Zeit vom November 1975 bis März 1988 nur die Qualifikationsgruppe 2 statt der höheren Qualifikationsgruppe 1 zuerkannt worden sei; auch die Tätigkeiten in der Sowchose seien trotz der vorgelegten Zeugenerklärungen nicht anerkannt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. April 1998 wies die Beklagte den Widerspruch, soweit sie diesem nicht mit Bescheid vom 13. Oktober 1997 abgeholfen hatte, zurück. Die Tätigkeiten in der Sowchose seien nicht als Beitragszeiten nachgewiesen; zudem habe der Kläger erst am 5. Juli 1967 das 16. Lebensjahr vollendet. Unter Beachtung der Angaben des Klägers sowie der von ihm nach dem Studium erworbenen Berufsbezeichnung sei erst aufgrund der höherwertigen Tätigkeit als Pilotnavigator ab dem 3. März 1988 eine Einstufung in die Qualifikationsgruppe 1 möglich.

Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bremen hat der Kläger zunächst weiterhin die Einstufung der Zeiten von November 1975 bis März 1988 in die Qualifikationsgruppe 1 sowie die Berücksichtigung der von ihm in den Sowchosen geleisteten Arbeit (Mai bis August 1965 sowie Mai bis August 1966) geltend gemacht. Darüber hinaus hat er erstmals gerügt, dass die Anzahl der für die Rentenberechnung anzusetzenden Berufsjahre nicht zutreffend berechnet worden sei: Nach dem von ihm vorgelegten Rentenausweis des Gebietswehrkommandos K. sei für die Zeit von August 1971 bis Oktober 1992 im Hinblick auf die Art seiner Tätigkeit von zwei Jahren für ein Arbeitsjahr auszugehen, so dass für diesen Zeitraum 36 Berufsjahre der Rentenberechnung zugrunde zu legen seien. Dies...

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