Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Aufwandspauschale. Nichtdurchführung einer Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung nach § 275 Abs 1c S 1 SGB 5. Auffälligkeitsprüfung. Anforderung von Behandlungsunterlagen. Konkreter Prüfungsanlass

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Prüfung iS von § 275 Abs 1 c S 1 SGB V ist nicht durchgeführt, wenn der Medizinische Dienst der Krankenversicherung dem Krankenhaus die Prüfung zwar ankündigt, aber gleichzeitig ausdrücklich bittet, von einer unaufgeforderten Übersendung der Behandlungsunterlagen vorerst abzusehen, den Fall dann nicht weiter verfolgt und eine Stellungnahme nicht abgibt (Abgrenzung zum Urteil des LSG Celle-Bremen vom 26.1.2016 -0 L 16/1 KR 66/14 - NZB anhängig - B 1 KR 13/16 B).

 

Normenkette

SGB V § 275 Abs. 1c S. 3, Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

Das  Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 26. April 2013 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert wird auf 300,-- € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Höhe von 300,-- €.

Die Klägerin ist Trägerin des Krankenhauses U. in F.. Dieses behandelte in der Zeit vom 5. August bis 6. August 2010 den 1926 geborenen, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten G.. Die Rechnung der Klägerin vom 23. August 2010 in Höhe von 903,67 € beglich die Beklagte in vollem Umfang am 30. August 2010.

Die Beklagte beauftragte den  Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) zu den Fragen: “Waren während des gesamten Aufenthalts die besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich, ggf bis wann?„ “Hauptdiagnose ICD 10 H25.8L korrekt? DRG C08B korrekt?„, “ambulant zu erbringende OPS, keine PS, Patient kam mit Einweisung s.a. Fall vom 06.05.10 bis 07.05.10)„.

Der MDK  zeigte mit Schreiben vom 30. August 2010  eine Prüfung bei der Klägerin an. In dem Schreiben  heißt es:

“...hiermit zeigen wir Ihnen zur Fristwahrung an, dass die AOK NDS RB 9 gegenüber den Medizinischen Diensten der Krankenversicherung Niedersachsen und im Lande Bremen die Durchführung einer Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V bei der o. g. Patientin/dem o. g. Patienten eingeleitet hat.

Die Erforderlichkeit der Übersendung von Prüfungsunterlagen durch das Krankenhaus an den Medizinischen Dienst ist von den medizinischen Umständen des Einzelfalles abhängig. Wir werden daher in dem hier vorliegenden Einzelfall beurteilen, ob und ggf welche Prüfungsunterlagen wir von Ihnen zwecks zeitnaher Durchführung der Prüfung noch benötigen.

Wir bitten Sie daher, von einer unaufgeforderten Übersendung von Prüfungsunterlagen an den Medizinischen Dienst abzusehen.„

Mit Eingang der Prüfanzeige nahm die Klägerin die Falldaten auf und betraute die Firma H. mit der weiteren Bearbeitung.

Die Klägerin stellte der Beklagten am 24. März 2011  die Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c SGB V in Höhe von 300,-- € in Rechnung. Mit Schreiben von 28. September 2011 wies die I.  die Beklagte darauf hin, dass der MDK die Prüfung vor einem Jahr angezeigt, jedoch niemals Unterlagen angefordert habe. Da sie die Unterlagen zum Versand bereitgestellt  und den Fall ein Jahr lang hätte verfolgen müssen, sei ein Aufwand entstanden, der mit der Aufwandspauschale von 300,-- € zu vergüten sei.

Am 29. März 2012 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hildesheim erhoben  und vorgetragen, dass sie die Voraussetzungen für die Erstattung von 300,-- € gemäß § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V erfülle. Die Prüfung des Behandlungsfalles habe nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt, ein Gutachten des MDK sei nie vorgelegt worden.

Die Beklagten hat darauf hingewiesen, dass sie einen Datensatz gemäß § 301 SGB V erhalten habe. Aus diesen Daten sei jedoch  hervorgegangen, dass es sich um eine grundsätzlich ambulant zu erbringende Leistung gehandelt habe, der Patient jedoch mit einer Einweisung seines Arztes im Krankenhaus erschienen sei. Sie sei sich daher nicht sicher gewesen, ob die Daten zu einer Prüfung gemäß § 275 Abs 1 SGB V an den MDK zu geben wären oder ob ein direktes Gespräch mit dem Krankenhaus hätte erfolgen sollen. Zu diesem Zweck habe sie zur Fristwahrung eine Mitteilung an den MDK zur möglichen Prüfung per DTA übersandt. Eine tatsächliche Prüfung durch den MDK habe nie stattgefunden. Unterlagen zur Prüfung seien vom MDK niemals angefordert worden.

Das SG hat mit Urteil vom 26. April 2013 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 300,-- € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. April 2011 zu zahlen. Es hat zur Begründung ausgeführt,  die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V, die Prüfung sei eingeleitet worden. Wenn die Beklagte einerseits durch Mitteilung über den MDK beabsichtige, die Sechs-Wochen-Frist nach § 275 Abs 1c Satz 2 SGB V zu wahren, könne sie nicht andererseits davon ausgehen, d...

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