Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattung von Kosten im Vorverfahren. Verbandsvertretung. notwendige Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Erstattungsfähigkeit einer Kostenbeteiligung. satzungsrechtliche Grundlage. Gewährleistung durch satzungsgemäße Ermächtigung des Vorstandes zur allgemeinen Festlegung der Beteiligungshöhe
Leitsatz (amtlich)
Lässt sich ein Versicherter im Widerspruchsverfahren erfolgreich durch eine Vereinigung im Sinne des § 7 Abs 1 Nr 1 RDG vertreten, dann wird eine für deren Erstattungsfähigkeit erforderliche satzungsrechtliche Wurzel bezüglich der für diese Verbandsvertretung aufgewandten Kostenbeteiligung durch eine in der Satzung der Vereinigung enthaltene Ermächtigung ihres Vorstandes zur allgemeinen Festlegung der Höhe entsprechender Beteiligungen gewährleistet.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 28. Mai 2019 wird aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 9. November 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2018 wird geändert.
Die Beklagte wird verpflichtet, zugunsten der Klägerin weitere erstattungsfähige Aufwendungen in Höhe von 26,20 € festzusetzen.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin aus beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, weitere ihr im Widerspruchsverfahren entstandene Aufwendungen in Höhe von 26,20 € für erstattungsfähig zu erklären.
Im Ausgangsverfahren hatte der beklagte Rentenversicherungsträger den Erwerbsminderungsrentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 16. August 2016 abgelehnt. Dagegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 23. August 2016, den in ihrem Namen und Auftrag der „SoVD-Landesverband Niedersachsen e.V.“ - (im Folgenden „SoVD Niedersachsen“) eingelegt hat. Für ihre Vertretung im Widerspruchsverfahren entrichtete die Klägerin an diesen Verband, dem sie als Mitglied angehört, die in dessen Leistungsordnung vorgesehene Kostenbeteiligung in Höhe von 50 €.
Der SoVD Niedersachsen verfolgt (ausweislich § 3 Nr. 1 seiner Satzung mit Stand vom 19. August 2015, abrufbar auch über https://www.sovd-nds.de/fileadmin/landesverbaende/nds/downloads/pdf_2019/Informationen_ueber_den_SoVD/Satzung_LV.pdf) ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke im Sinne des Abschnittes „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung. Zweck des SoVD Niedersachsen ist
- die Förderung der Jugend- und Altenhilfe,
- die Förderung des Wohlfahrtswesens,
- die Förderung der Hilfe für Kriegsopfer und Kriegshinterbliebene,
- die Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern,
- die Förderung der bürgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnütziger und mildtätiger Zwecke sowie
- die selbstlose Unterstützung von Personen im Sinne des § 53 Nr. 1 und 2 Abgabenordnung
- Förderung des Verbraucherschutzes und der Verbraucherberatung
Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch (§ 3 Nr. 2 der Satzung):
a) die Vertretung der sozialen Interessen von Personen im Sinne des § 53 Nr. 1 und 2 Abgabenordnung gegenüber der Öffentlichkeit, dem Gesetzgeber, den Regierungen, Behörden und Verwaltungen, erforderlichenfalls durch Erhebung einer Verbandsklage. Im Übrigen richtet sich die Interessenwahrnehmung nach § 5 Ziff. 1 der Satzung.
b) Beratung mit den Tarifpartnern über die besonderen Bedürfnisse der Personen im Sinne des § 53 Nr. 1 und 2 Abgabenordnung,
c) Zusammenarbeit mit anderen sozialen und ähnlichen Zwecken dienen den Verbänden und Organisationen im In- und Ausland,
d) die Förderung der Rehabilitation, Gleichstellung und Teilhabe von Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen, insbesondere in Arbeit und Beruf, u.a. durch Mitwirkung in Ausschüssen und Beiräten nach dem niedersächsischen Behindertengleichstellungsgesetz,
e) die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen für alle Menschen mit Behinderungen, Förderung der Arbeit der Schwerbehindertenvertretung, durch die arbeitsrechtliche Vertretung und Mitwirkung in den maßgeblichen Gremien insbesondere nach dem SGB IX,
f) die Förderung der Frauen- und Jugendarbeit, durch die Schulung von Kreis- und Ortsfrauensprecherinnen, Mitwirkung im Landesfrauenrat und weiteren Gremien, Durchführung inklusiver Freizeit-und Bildungsmaßnahmen,
g) die Fürsorge für alte Menschen im Rahmen der Altenhilfe, durch die Beratung und Unterstützung in ihren Rechten nach dem SGB XII,
h) Betreuung von Erwachsenen nach dem Betreuungsgesetz, umfassende Beratung zu Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen,
i) Unabhängige Patientenberatung
j) Durchführung von Fort-und Weiterbildungsveranstaltungen für Ehrenamtlich Tätige
k) Umfassende Information der Mitglieder durch Herausgabe einer Landesbeilage zur Zeitung des Bundesverbandes sowie weiterer Veröffentlichungen.
Im Rahmen seiner Satzungszwecke (§ 3 Nr. 3 der Satzung)
- setzt sich der SoVD Niedersachsen für die Stärkung des Sozialstaats ein, um ein Höchstmaß an sozialer Gerechtigkeit zu erreichen...