Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Kodierung der ICD-Ausrufezeichenkodes U80.4! und U80.5!. Mehrfachkodierung gem D012i DKR 2015. Sekundärkode. obligate Kodeangabe. besondere therapeutische oder hygienische Maßnahmen kein eigenes Tatbestandsmerkmal

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Kodierung der Ausrufezeichenkodes U80.4! und U80.5!

2. Bei U80.4! und U80.5! handelt es sich um Ausrufezeichenkodes, die gemäß dem Kapitel Mehrfachkodierung D012i DKR 2015 als Sekundärkode nicht alleine, sondern nur zusammen mit einem passenden Primärkode verschlüsselt werden dürfen.

3. Der Kode U80.-! ist ausweislich der Tabelle 2 in D012i DKR 2015 obligat anzugeben.

4. Obligat bedeutet dabei in Abgrenzung zu den optional anzugebenden Kodes aus Tabelle 1, die angegeben werden können, wenn dies aus klinischer Sicht sinnvoll erscheint, dass diese Kodes bei jedem Vorliegen zwingend zu verschlüsseln sind.

5. Besondere therapeutische oder hygienische Maßnahmen sind kein eigenes Tatbestandsmerkmal der Kodes in der Untergruppe U80.-!

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 5. Oktober 2022 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.978,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. April 2016 zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Der Streitwert wird auf 3.978,84 Euro festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Vergütung der stationären Krankenhausbehandlung eines Mitglieds der Beklagten im Hause der Klägerin.

Die Klägerin ist Trägerin eines gemäߧ 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassenen Krankenhauses. Dort wurde in der Inneren Medizin I (Kardiologie, Pneumologie, Intensivmedizin) im Zeitraum 22. Dezember 2015 bis 29. Dezember 2015 der bei der Beklagten versicherte, am J. 1940 geborene K. stationär behandelt. Die Aufnahme erfolgte nach Einweisung des Hausarztes mit akuter respiratorischer Insuffizienz. Der Urin war trübe und flockig. Die behandelnden Ärzte diagnostizierten eine dekompensierte Herzinsuffizienz und begannen eine intravenöse diuretische Therapie. Laborchemisch waren erhöhte Entzündungsparameter sowie ein Bakterien-positiver Urinstatus nachweisbar. Das Krankenhaus leitete am 22. Dezember 2015 eine antibiotische Therapie mit Cefpodoxim (Orelox) ein. Der Blasen-Dauerkatheter wurde gewechselt. Im mikrobiologischen Befund vom 24. Dezember 2015 konnten im Urin Escherichia coli, Serratia marcescens und Proteus species-Keime nachgewiesen werden. Resistenzen wurden getestet und waren vorhanden gegen Chinolone und Beta-Laktam-Antibiotika. Die Antibiose mit Cefpodoxin wurde fortgeführt. Der weitere stationäre Aufenthalt gestaltete sich problemlos. Am 29. Dezember 2015 wurde der Versicherte entlassen.

Am 30. Dezember 2015 stellte die Klägerin der Beklagten für die Behandlung auf Grundlage der Diagnosis Related Group (DRG) F62A (Herzinsuffizienz und Schock mit äußerst schweren CC, mit Dialyse oder komplizierender Diagnose) 6.911,50 Euro in Rechnung. Dabei kodierte sie unter anderem die Nebendiagnosen U80.4! (Erreger mit bestimmten Antibiotikaresistenzen, die besondere therapeutische oder hygienische Maßnahmen erfordern: Escherichia, Klebsiella und Proteus mit Resistenz gegen Chinolone, Carbapeneme, Amikacin, oder mit nachgewiesener Resistenz gegen alle Beta-Laktam-Antibiotika [ESBL-Resistenz]) und U80.5! (Erreger mit bestimmten Antibiotikaresistenzen, die besondere therapeutische oder hygienische Maßnahmen erfordern: Enterobacter, Citrobacter und Serratia mit Resistenz gegen Carbapeneme, Chinolone oder Amikacin). Die Beklagte glich die Rechnung zunächst vollständig aus, schaltete aber den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK - seit dem 1. Januar 2020 Medizinischer Dienst - MD) zur Überprüfung ein, der mit Gutachten vom 18. Februar 2016 zu dem Ergebnis kam, dass die Diagnosen U80.4!, U80.5! sowie die nicht kostenrelevante B96.2! zu streichen seien, da keine Laborbefunde für die Keime vorgelegt und keine Therapie eingeleitet worden sei. Abgerechnet werden könne daher lediglich die niedriger bewertete DRG F62B.

Am 12. April 2016 verrechnete die Beklagte den sich aus der Differenz zwischen F62A und F62B ergebenden Betrag von 3.978,84 Euro mit einer weiteren unstreitigen Forderung der Klägerin.

Mit Schreiben vom 30. Januar 2018 widersprach die Klägerin der Bewertung des MDK und legte den mikrobiologischen Befund vor. In dem weiteren daraufhin vom MDK eingeholten Gutachten vom 30. August 2018 verblieb dieser bei seiner Einschätzung. Zwar lasse sich dem vorgelegten mikrobiologischen Befundbericht mit Antibiogramm entnehmen, dass der Keim U80.4! und U80.5! in diesem Resistenzmuster und signifikanter Keimzahl vorliege; das verabreichte Orelox sei im Antibiogramm jedoch nicht getestet worden. Beide Keime seien gegen drei getestete Vertreter derselben Untergruppe (Cephalosporine) jeweils resistent. Nach Eingang des Befundes sei von Sei...

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