Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortbestehen des Waisenrentenanspruches während der erziehungsbedingten Ausbildungsunterbrechung. Elterngeldbezug
Orientierungssatz
Auch unter Geltung des § 48 Abs 4 SGB 6 in der seit 1.8.2004 geltenden Fassung ist die Unterbrechung einer Schul- oder Berufsausbildung bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres für die Dauer des Bezuges von Elterngeld während der ersten drei Lebensjahre eines Kindes waisenrentenunschädlich (entgegen LSG Stuttgart vom 1.2.2011 - L 11 R 813/10).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 11.6.2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung einer Halbwaisenrente für die Zeit vom 1.6.2011 bis 30.6.2012 sowie die Rückforderung zunächst noch insoweit (bis 31.10.2011) gezahlter 1.010,96 €; streitig ist dabei vor allem, ob die Rente auch während der Zeit eines Elterngeldbezuges fortzuzahlen war.
Die am ... 1991 geborene Klägerin ist die Tochter des am ... 1949 geborenen und am 2010 verstorbenen ehemaligen Versicherten der Beklagten G... Nach dem Tode ihres Vaters beantragte und erhielt die Klägerin mit bestandskräftigem Bescheid der Beklagten vom 12.7.2010 ab dem 1.8.2010 eine bis zum voraussichtlichen Ende ihrer Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin an der Fachschule Sozialpädagogik in P... am 30.6.2012 bewilligte Halbwaisenrente in Höhe von (zunächst) 201,27 € (monatlicher Zahlbetrag). Nachdem im August 2010 eine Schwangerschaft bei ihr festgestellt wurde, befand sie sich vom 11.2. bis 26.5.2011 in Mutterschutz. Am ... 2011 wurde ihr Sohn J... geboren; seither (bis zum 26.3.2012) bezog die Klägerin Elterngeld in Höhe von 300,00 € monatlich. Ab dem 27.5.2011 war sie vom Unterricht freigestellt. Zum Schuljahr 2012/13 (1.8.2012) nahm die Klägerin ihre Ausbildung wieder auf; sie beantragte und erhielt seither (nunmehr befristet bis 31.7.2014) erneut Halbwaisenrente von der Beklagten (Bescheide v. 17.8. bzw. 16.11.2012).
Bereits im September 2011 hatte sich die Beklagte bei der Klägerin nach dem Fortgang der Ausbildung erkundigt. Die Klägerin teilte daraufhin mit, ihre Ausbildung “am 11.2.2011 [Beginn der Mutterschutzfrist] abgebrochen„ zu haben, weil sie schwanger war und sich nach der Entbindung um ihren Sohn habe kümmern müssen. Daraufhin hob die Beklagte den Rentenbescheid vom 12.7.2010 nach Anhörung der Klägerin mit Wirkung ab dem 1.6.2011 auf und forderte die im Zeitraum vom 1.6. bis 31.10.2011 noch geleisteten Zahlungen in Höhe von 1.010,96 € zurück (Bescheid v. 24.11.2011). In den der Erteilung des Rentenbescheides zugrunde liegenden Verhältnissen sei durch den vorzeitigen Abbruch der Ausbildung am 26.5.2011 (Ende der Mutterschutzfrist) eine wesentliche Änderung eingetreten; hierdurch sei der Anspruch auf die Rentenzahlung verloren gegangen und die Bewilligung aufzuheben. Weil die Klägerin zumindest habe wissen können, dass der “Abbruch der Waisenrente„ (u.U. gemeint: Abbruch der Ausbildung) zur vollständigen Einstellung der Zahlung führen könne, habe die Aufhebung auch rückwirkend zu erfolgen. Anhaltspunkte für einen untypischen Sachverhalt oder eine unbillige Härte lägen nicht vor. Dass die Klägerin - wie von ihr im Anhörungsverfahren vorgetragen - von der Beklagten eine telefonische Auskunft erhalten habe, sie habe auch während der Elternzeit Anspruch auf die Waisenrente, lasse sich nicht nachweisen. Dies gehe zu Lasten der Klägerin.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin hiergegen geltend, es liege kein Ausbildungsabbruch, sondern lediglich eine durch die Elternzelt bedingte Ausbildungsunterbrechung vor. Im Übrigen habe auch das Bundessozialgericht (BSG, Urt. v. 17.4.2008 - B 13/4 R 49/06 R) entschieden, dass Waisenrente auch während einer rentenunschädlichen Elternzeit weiter zu gewähren sei.
Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.3.2012 zurück. Der Rentenanspruch bestehe nur während der gesetzlichen Mutterschutzfrist fort, wenn diese die Ausbildung nahtlos unterbreche und die Ausbildung danach fortgesetzt werde. Eine über die Mutterschutzfrist hinausgehende Elternzeit werde jedoch nicht erfasst. Während einer Elternzeit könne ein Anspruch auf Waisenrente nur entstehen, wenn tatsächlich ein ausbildungsbezogener Zeitaufwand von mehr als 20 Stunden pro Woche betrieben werde. Eine Ausnahme bestehe bei Unterbrechung der Ausbildung durch die Inanspruchnahme der Elternzeit nur im zeitlichen Rahmen einer Übergangszeit von vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten. Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin jedoch nicht: Sie habe während der Elternzeit weder die Schulausbildung mit einem zeitlichen Umfang von 20 Stunden/Woche weitergeführt noch habe sie diese nach einer Unterbrechung von höchstens vier Kalendermonaten wieder aufgeno...