Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Rentner. Beitragspflicht einer Rente nach dem Vertragsmodell VBLextra der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder. zusätzliche Altersversorgung ohne Beteiligung des Arbeitgebers. Versorgungsbezug
Orientierungssatz
Eine nach dem Vertragsmodell VBLextra der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder gezahlte Rente stellt keinen Versorgungsbezug im Sinne von § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5 dar.
Normenkette
SGB V § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 237 S. 1 Nr. 2, S. 4; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
SG Bremen (Urteil vom 04.04.2022; Aktenzeichen S 61 KR 347/17) |
Tenor
Der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Bremen vom 4. April 2022 wird klarstellend wie folgt neu gefasst:
Unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 6. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2017 wird festgestellt, dass die Rentenzahlungen der Klägerin aus der VBLextra-Versicherung nicht beitragspflichtig zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sind.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Entrichtung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung auf monatliche Zahlungen aus der Versicherung „VBLextra“ streitig.
Die am H. 1950 geborene Klägerin ist seit dem 1. Januar 2016 als Rentnerin bei der Beklagten zu 1.) gesetzlich kranken- und bei der Beklagten zu 2.) pflegeversichert. Zuvor war sie bei dem Zentralkrankenhaus I. beschäftigt und im Zuge dessen pflichtversichert bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Am 18. Dezember 2002 schloss die Klägerin als Versicherungsnehmerin mit der VBL eine freiwillige Versicherung in der Tarifvariante Alters- und Hinterbliebenenrente (VBLextra) ab. Die Beiträge entrichtete sie aus ihrem individuell versteuerten Einkommen unter Inanspruchnahme der staatlichen Förderung nach § 10a Abschnitt XI Einkommenssteuergesetz (EStG) („Riester-Rente“). Für die Dauer ihres Beschäftigungsverhältnisses ermächtigte sie ihren Arbeitgeber, die Beiträge aus ihrem Arbeitsentgelt abzuführen.
Neben ihrer gesetzlichen Rente erhält die Klägerin seit dem 1. Januar 2016 eine Betriebsrente von der VBL. Diese besteht aus zwei Teilen, der „VBLklassik“ und der „VBLextra“.
Mit am 4. Mai 2016 eingegangenen Schreiben wandte die Klägerin sich an die Beklagten. Nach Prüfung ihres Rentenbescheides habe sie festgestellt, dass die VBL auch von der VBLextra Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgeführt habe. Hiermit sei sie nicht einverstanden. Bei der VBLextra handele es sich um eine freiwillige Versicherung. Da diese ausschließlich privat finanziert gewesen sei, seien hieraus keine Beiträge abzuführen. Anders als bei der VBLklassik sei sie bei der VBLextra alleinige Versicherungsnehmerin. Ihr Arbeitgeber sei hieran nicht beteiligt gewesen. Sie bitte daher um eine Überprüfung ihrer Beiträge nach§ 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) .
Mit Bescheid vom 6. Mai 2016 teilte die Beklagte zu 1.) der Klägerin - auch im Namen der Beklagten zu 2.) mit, sie erhalte seit dem 1. Januar 2016 einen Versorgungsbezug von der VBL. Dieser sei beitragspflichtig und direkt von der VBL einzubehalten. Den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 12. Mai 2016 wiesen die Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 26. September 2017 zurück. Bei versicherungspflichtigen Rentnern würden der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge und das Arbeitseinkommen zugrunde gelegt (§ 237 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V ). Zu den Versorgungsbezügen zählten auch Renten der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung erzielt würden (§ 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V ). Dies seien nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) alle Renten, die entweder von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung oder aus einer vom Arbeitgeber für die Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung iSd § 1 Abs 2 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersvorsorge (BetrAVG) gezahlt würden, wenn sie im Zusammenhang mit einer früheren beruflichen Tätigkeit stünden. Die VBL sei als Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes betriebsrentenrechtlich dem Durchführungsweg der Pensionskasse zuzuordnen. Bei einer Riester-Förderung im Rahmen des Durchführungsweges einer Pensionskasse sei die daraus gewährte Versorgungsleistung daher als beitragspflichtige Einnahme anzusehen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28. September 2010 (1 BvR 1660/08 ) zu den kapitalisierten, gemischt dotierten Direktversicherungen/Lebensversicherungen seien auf Pensionskassen nicht anwendbar. Das gelte auch dann, wenn der Versicherte Versicherungsnehmer gewesen sei und die Beiträge teilweise alleine getragen habe. Den...