Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistung für Kindererziehung. Anspruchsvoraussetzung. adoptiertes Kind. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Frauen der Geburtsjahrgänge bis 1920, die ihr später adoptiertes Kind in den ersten Lebensjahren als Pflegekind erzogen haben, können keine Leistungen für Kindererziehung nach § 294 SGB 6 beanspruchen.
Orientierungssatz
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die vom Gesetzgeber vorgenommene Beschränkung des Anspruchs auf leibliche Mütter bei Leistungen für Kindererziehung sind nach Auffassung des Senates jedenfalls bezogen auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art nicht gegeben (vgl BSG 13.5.1996 - 13 RJ 67/95).
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die 1917 geborene Klägerin begehrt Leistungen für Kindererziehung gemäß § 294 SGB VI für ihre 1942 geborene Adoptivtochter J. K.. Der zwischen der Tochter und der Klägerin und ihrem Ehemann am 16. Januar 1962 abgeschlossene notariell beurkundete Kindesannahmevertrag ist mit Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 20. Februar 1962 gerichtlich bestätigt worden.
Nachdem die Beklagte einen entsprechenden Antrag bereits im Jahr 2001 abgelehnt hatte, begehrte die Klägerin im Dezember 2008 erneut die Gewährung von Leistungen für Kinderziehung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Februar 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2009 mit der Begründung ab, dass § 294 SGB VI die beantragten Leistungen nur für leibliche Mütter, nicht aber für Pflege- bzw. Adoptivmütter vorsehe.
Mit der am 20. Mai 2009 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass Gerechtigkeit und Moral eine Entlohnung der Mühen gebieten würden, die sie für die Erziehung ihrer von ihr von Geburt an betreuten Adoptivtochter aufgewandt habe. Angesichts der in den Wirren der Kriegsjahre erbrachten Erziehungsleistungen dürfte sich die Beklagte nicht auf die gesetzlichen Regelungen berufen. Einer Adoption der Tochter zu einem früheren Zeitpunkt habe entgegengestanden, dass seinerzeit der Aufenthalt ihrer leiblichen Mutter unbekannt gewesen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. November 2009 hat das Sozialgericht Hannover die Klage abgewiesen, da das Gesetz in § 294 SGB VI eine Gewährung von Leistungen für Kinderziehung nur an leibliche Mütter vorsehe.
Mit der am 30. November 2009 eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Nichtberücksichtigung der von Adoptivmüttern erbrachten Erziehungsleistungen in § 294 SGB VI sei verfassungswidrig; die Ablehnung ihres Begehrens beinhalte eine besondere Härte. Ihre Menschenwürde werde missachtet.
Sie beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 16. November 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2009 aufzuheben und
2. die Beklagte zur Gewährung von Leistungen für Kindererziehung gemäß § 294 SGB VI zu verpflichten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen für Kindererziehung.
§ 294 SGB VI enthält folgende Regelung:
1) Eine Mutter, die vor dem 1. Januar 1921 geboren ist, erhält für jedes Kind, das sie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland lebend geboren hat, eine Leistung für Kindererziehung. Der Geburt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht die Geburt im jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze gleich.
(2) Einer Geburt in den in Absatz 1 genannten Gebieten steht die Geburt außerhalb dieser Gebiete gleich, wenn die Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes ihren gewöhnlichen Aufenthalt
1. in diesen Gebieten hatte,
2. zwar außerhalb dieser Gebiete hatte, aber im Zeitpunkt der Geburt des Kindes oder unmittelbar vorher entweder sie selbst oder ihr Ehemann, mit dem sie sich zusammen dort aufgehalten hat, wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten hat oder nur deshalb nicht hat, weil sie selbst oder ihr Ehemann versicherungsfrei oder von der Versicherung befreit war, oder
3. bei Geburten bis zum 31. Dezember 1949 zwar außerhalb dieser Gebiete hatte, aber der gewöhnliche Aufenthalt in den in Absatz 1 genannten Gebieten aus Verfolgungsgründen im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes aufgegeben worden ist; dies gilt auch, wenn bei Ehegatten der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt in den in Absatz 1 genannten Gebieten aufgegeben worden ist und nur beim Ehemann Verfolgungsgründe vorgelegen haben.
(3) Absatz 1 Satz 2 gilt nicht, wenn Beitragszeiten zum Zeitpunkt der Geburt aufgrund einer Versicherungslastregelung mit einem anderen Staat nicht in die Versicherungslast der Bundesrepublik Deutschland fallen würden.
(4) Einer Geburt in den i...