Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. Sozialversicherungspflicht. Promoter. Auftragsverhältnis. Durchführung von Verkostungsaktionen in Supermärkten gegen fest vereinbartes Tageshonorar. abhängige Beschäftigung. personenbezogene Beitragsbescheide müssen verlässliche Identifizierung der betroffenen Arbeitnehmer ermöglichen. Anhörungspflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beauftragung von Promotern, die gegen ein fest vereinbartes Tageshonorar Verkostungsaktionen in vorgegebenen Supermärkten durchführen sollen, erfolgt regelmäßig im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse.
2. Werden auf der Grundlage einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV personenbezogene Beitragsbescheide erlassen, dann müssen diese eine verlässliche Identifizierung der betroffenen Arbeitnehmer ermöglichen.
Orientierungssatz
Bei personenbezogenen Beitragsbescheiden erstreckt sich die Anhörungspflicht nach § 24 Abs 1 SGB 10 nicht nur auf den zur Beitragsnachentrichtung herangezogenen Arbeitgeber, vielmehr sind auch die verfahrensrechtlichen Belange der beschäftigten Versicherten zu berücksichtigen, für die die nachträglich festgesetzten Beiträge gezahlt werden sollen.
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 24. Juni 2015 wird geändert.
Die Klage des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 22. November 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 3. August 2012, 22. April 2013 und 23. Juni 2015 und des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2012, wird unter entsprechender Teilzurückweisung seiner Berufung abgewiesen, soweit sie sich gegen die Festsetzung von Sozialversicherungsbeiträgen einschließlich der darauf entfallenden anteiligen Säumniszuschläge für folgende Beschäftigungsverhältnisse richtet:
a) Tätigkeit der zu 109. beigeladenen AN. in den Jahren 2008 und 2009;
b) Tätigkeit der zu 95. beigeladenen L. in den Jahren 2006 bis 2009;
c) Tätigkeit der zu 99. beigeladenen T. in den Jahren 2006 bis 2009;
d) Tätigkeit des zu 135. beigeladenen CM. im Jahr 2006, in den Monaten Januar und Februar 2007 sowie im Jahr 2009;
e) Tätigkeit der verstorbenen (zunächst als Beigeladene zu 169. erfassten) FC. FD. in den Jahren 2006 bis 2008;
f) Tätigkeit des zu 173. beigeladenen FL. in den Jahren 2006 bis 2009;
g) Tätigkeit der zu 222. beigeladenen JG. im Jahr 2007 sowie in den Monaten Februar und März 2008;
h) Tätigkeit des zu 221. beigeladenen JE. im Zeitraum Dezember 2007 bis September 2009;
i) Tätigkeit der zu 198. beigeladenen HK. von März bis Dezember 2006;
j) Tätigkeit der zu der zu 132. beigeladenen CH. im Jahr 2007;
k) Tätigkeit des zu 133. beigeladenen CJ. im Zeitraum Januar 2007 bis März 2009;
l) Tätigkeit des zu 188. beigeladenen GQ. im Zeitraum November 2006 bis Dezember 2008;
m) Tätigkeit des zu 156. beigeladenen EC. im Jahr 2009;
n) Tätigkeit der zu 151. beigeladenen DU. im Jahr 2006 und im ersten Quartal 2007;
o) Tätigkeit des 164. beigeladenen ES. im Jahr 2006 und im ersten Quartal 2007;
p) Tätigkeit der zu 154. beigeladenen DY. im April und Oktober 2006 sowie im März 2007.
Im Übrigen wird der der Bescheid der Beklagten vom 22. November 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 3. August 2012, 22. April 2013 und 23. Juni 2015 und des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2012 aufgehoben.
Die Beklagte trägt 4/5 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen; der Kläger trägt 1/5 der Gerichtskosten aus beiden Rechtszügen; im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen den im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV erlassenen Beitragsnachforderungsbescheid der Beklagten vom 22. November 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 3. August 2012, 22. April 2013 und 23. Juni 2015 sowie des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2012, mit dem für den Prüfzeitraum 2006 bis 2009 rückständige Beiträge zur Sozialversicherung (einschließlich Säumniszuschläge) in Höhe von nunmehr noch 529.480,08 € festgesetzt worden sind.
Der (inzwischen seinerseits im Rentenalter sich befindende) Kläger, der nach eigenen Angaben inzwischen seine geschäftlichen Aktivitäten aufgegeben hat, befasste sich bis jedenfalls 2015 damit, in weiten Teilen des Bundesgebiets insbesondere für Anbieter für Nahrungsmittel verkaufsfördernde Maßnahme zu organisieren, bei denen namentlich in Supermärkten an meistens jeweils einzelnen Aktionstagen bestimmte Produkte an die Kunden entweder unentgeltlich zur Verköstigung abgegeben oder entgeltlich veräußert wurden.
Der Kläger seinerseits erteilte dabei Einzelaufträge an für ihn tätige Damen und Herren, die sog. Promoter (im Interesse der besseren Verständlichkeit der ohnehin komplexen Ausführungen sieht der Senat davon ab, im Rahmen der folgenden Darstellung jeweils noch einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass nicht nur männliche Promoter, sondern auch - sogar deutlich überwiegend - weibliche Prom...