Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Fortsetzungsfeststellungsklage. Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits. Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Vertrag nach § 112 SGB 5 (hier: Niedersächsischer Sicherstellungsvertrag). Zahlung der Klageforderung unter Vorbehalt. keine Feststellung der Rechtmäßigkeit des erledigten Klagebegehrens. Erfüllungswirkung der Zahlung. keine Fortsetzung des Rechtsstreits durch Aufrechnungserklärung
Orientierungssatz
1. Beantragt der Kläger - nach vorbehaltlicher Zahlung der Klageforderung durch den Beklagten - ausdrücklich nur die Feststellung des Eintritts eines erledigenden Ereignisses und damit die Erledigung des Rechtsstreits, geht der erkennende Senat orientiert am klägerischen Begehren (§ 123 SGG) nicht davon aus, dass der Kläger die Feststellung der Rechtmäßigkeit des erledigten Begehrens im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage begehrt. Insoweit erlangt die Prüfung der Begründetheit der ursprünglichen Klage keine Bedeutsamkeit (so aber LSG Celle-Bremen vom 16.6.2022 - L 16 KR 251/21 = KRS 2022, 380).
2. Zahlt in einem Rechtsstreit um die Vergütung eines Krankenhauses die Krankenkasse den strittigen Rechnungsbetrag im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens unter Vorbehalt, verhindert dieser nicht die Erfüllung des Vergütungsanspruchs. Durch die Zahlung hat sich die Hauptsache erledigt.
3. Durch eine (hier bereits erklärte) Aufrechnung des streitigen Betrages mit einer unstreitigen Forderung des Klägers für die Behandlung eines anderen Versicherten wird der ursprüngliche Rechtsstreit nicht fortgesetzt. Im Falle einer Aufrechnung ist die Bezahlung der Behandlung eines anderen (neuen) Versicherten im Streit. Streitgegenständlich ist dann ein völlig anderer Behandlungsfall, obwohl notwendigerweise inzident der hier streitige Behandlungsfall inhaltlich überprüft werden muss (vgl BSG vom 10.11.2021 - B 1 KR 9/21 R = KRS 2022, 149).
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 5. März 2021 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 903,92 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob sich der Rechtsstreit nach Zahlung der Klageforderung erledigt hat. Ursprünglich ging es um die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus. Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte J. K., geb. 1957 (im Folgenden: Versicherter), befand sich u.a. unter den Diagnosen Hirninfarkt durch Thrombose zerebraler Arterien (ICD-10 E63.3), nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus, Typ II (ICD-10 E11.40), Störungen durch Tabakabhängigkeitssyndrom (ICD-10 F17.2), Facialisparese (ICD-10 G51.0), Monoparese und Monoplegie einer oberen Extremität (ICD-10 G83.2) im Zeitraum vom 2. August 2018 bis zum 6. August 2018 in stationärer Behandlung in der Fachabteilung für Innere Medizin der Klägerin.
Mit Rechnung vom 20. August 2018 machte die Klägerin bei der Beklagten einen Betrag in Höhe von insgesamt 4.479,27 Euro für die Behandlung des Versicherten unter Angabe der DRG B70D (Apoplexie ohne komplexen zerebrovaskulären Vasospasmus , ohne komplizierende Diagnose oder systemische Thrombolyse , mit neurologischer Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls bis 72 Stunden oder mit anderer neurologischen Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls bis 72 Stunden) geltend. Im Grouping berücksichtigte die Klägerin u.a. die Prozedur-OPS 8-98b.00 (andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls).
Unter dem 28. August 2018 teilte die Beklagte der Klägerin im Datenträgeraustausch mit, dass die Abrechnung des OPS 8-98b.00 nicht zulässig sei, da die Strukturvoraussetzungen für die Abrechnung der Behandlung nicht nachgewiesen seien. Es seien neue Entlassungs- und Rechnungsdaten ohne den OPS zu übermitteln. Der unstreitige Betrag in Höhe von 3.575,35 Euro sei an die Klägerin überwiesen worden.
Die Klägerin hat am 13. Dezember 2019 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Braunschweig erhoben. Sie begehrt eine weitere Vergütung in Höhe von 903,92 Euro für die Behandlung des Versicherten. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass der Behandlungsfall ordnungsgemäß abgerechnet worden sei. Die Beklagte sei verpflichtet, die vollständigen Behandlungskosten zu erstatten. Zu den anspruchsbegründenden Tatsachen sei umfassend vorgetragen worden. Der Versicherte sei in dem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt worden. Die Erforderlichkeit der Behandlung sei von der Beklagten nicht in Abrede gestellt worden. Die neurochirurgischen Notfalleingriffe sowie auch die gefäßchirurgischen Behandlungsmaßnahmen seien im Hause der Klägerin selbst durchgeführt worden. Auch habe ein unmittelbarer Zugang zu interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen bestanden, weil auch diese im Hause der Kläger...