Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Absetzung von Werbungskosten. Fahrkosten zur Arbeitsstätte. Kraftfahrzeugbenutzung. Pauschbetrag für den Entfernungskilometer. Anforderungen an den Nachweis höherer notwendiger Ausgaben
Leitsatz (amtlich)
Der Nachweis abweichender höherer Kosten nach § 6 Abs 1 Nr 3 Buchst b Alg II-V erfordert eine einzelfallbezogene Kostenaufstellung nebst konkretem Vortrag unter Beifügung entsprechender Nachweise, nicht lediglich einen allgemein gefassten Vortrag üblicher Betriebskosten eines Fahrzeugtyps, verbunden mit der Behauptung, die in der Verordnung festgelegte Pauschale reiche nicht aus.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 18. August 2011 wird aufgehoben.
Die Klagen werden abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten der Beteiligten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren vom Beklagten die Bewilligung und Auszahlung höherer laufender Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch (SGB), Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - für die Zeiträume vom 1. März 2009 bis zum 28. Februar 2010 sowie vom 1. September 2010 bis zum 31. August 2011.
Die in O. wohnenden Kläger sind ein Ehepaar (Kläger zu 1. und Klägerin zu 2.) mit drei 1991, 1994 und 1998 geborenen Kindern (Kläger zu 3. - 5.). Seit Anfang 2005 bezogen sie Leistungen nach dem SGB II.
Zum 1. September 2008 nahm der Kläger zu 1. eine Beschäftigung bei der Volkshochschule und Musikschule in P. auf, aus welcher er ein regelmäßiges Gehalt bezog, i. H. von 2.522,00 € brutto bzw. 1.863,05 € netto gemäß Einkommensbescheinigung des Arbeitgebers für den Monat Februar 2009. Den Weg zwischen der Wohnung zur 43 km entfernt liegenden Arbeitsstätte legte der Kläger zu 1. mit dem eigenen Pkw (Typ Alfa 164) zurück. Der Kläger zu 1. vertrat insoweit im Rahmen der Berechnung seiner in Bezug auf die Ausübung dieser Tätigkeit notwendigen Ausgaben (Werbungskosten) die Ansicht, ihm stünden höhere Fahrkosten zu, denn eine Berücksichtigung von lediglich 10 Cent je gefahrenem Kilometer, entsprechend 20 Cent je Entfernungskilometer, sei zu gering; in dieser Auffassung war er nach seinen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat getätigten Ausführungen von Mitarbeitern der Rechtsvorgängerin des Beklagten bekräftigt worden. Er teilte mit, nach seinen Erfahrungen der letzten zwei Jahre mit den Kosten seines Kfz und dem gegenwärtigen Benzinpreis habe er bei diesem Kostenansatz mehr als 11 Cent je Fahr-Kilometer selbst zu tragen. Seiner Aufstellung zufolge entstanden ihm seinerzeit laufleistungsabhängige Kosten für seine Fahrten in Höhe von 21,9 Cent je gefahrenem Kilometer, unter Berücksichtigung des Benzinverbrauchs, des Verschleißes und der regelmäßigen Werkstattleistungen. Nicht enthalten in der Aufstellung waren nicht laufleistungsabhängige Kosten wie Steuern, TÜV- und AU-Gebühren, Versicherungen und Wertverlust. Er legte dazu eine Übersicht mit Berechnungen einer Autofachzeitschrift vor.
Mit Bescheiden vom 21. September 2009 lehnte die Agentur für Arbeit Q. die Bewilligung von Leistungen für die Zeiträume vom 1. März bis 31. August 2009 einerseits und vom 1. September 2009 bis 28. Februar 2010 andererseits ab, während der kommunale Träger, der Landkreis R., mit Bescheiden vom 26. September 2009 den Klägern für die Monate März bis Juni 2009 laufende Leistungen in Höhe von monatlich 233,67 € sowie für den Zeitraum von Juli bis September 2009 laufende Leistungen in Höhe von 299,69 € monatlich bewilligte. Für den Zeitraum von Oktober 2009 bis März 2010 bewilligte der Landkreis R. den Klägern für den Monat Oktober 2009 einen Betrag in Höhe von 299,67 €, für den Monat November 2009 einen Betrag in Höhe von 328,67 € sowie für den Zeitraum ab Dezember 2009 einen Betrag in Höhe von 329,67 €.
Die durch den Kläger zu 1. vertretenen Kläger legten gegen die Bescheide der Agentur für Arbeit Q. vom 21. September 2009 Widerspruch ein, den sie im Wesentlichen mit den ihrer Ansicht nach zu gering berücksichtigten Fahrkosten des Klägers zu 1. begründeten. Berücksichtigt worden seien die allgemeine Werbungskostenpauschale sowie die Entfernungspauschale in Höhe von 20 Cent für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für jeden Entfernungskilometer der kürzesten Straßenverbindung; jedoch könnten die Fahrkosten auch, statt pauschal geltend gemacht zu werden, wahlweise konkret abgerechnet werden. Demnach seien die Kosten des durch ihn genutzten Pkw maßgeblich; insoweit verwies er auf eine Kostenaufstellung aus einer Fachzeitschrift. Ergänzend hat er mitgeteilt, Nachweise über weitere höhere Aufwendungen, etwa über ein Fahrtenbuch oder über Reparaturrechnungen, könnten nicht vorgelegt werden, da er derartige Unterlagen nicht erstellt bzw. nicht aufbewahrt habe. Nach dem Autokatalog der Zeitschrift "Auto, Motor und Sport" errechneten sich jedoch Kosten in Höhe von 22,55 Cent je Kilometer, wobei die Preissteigerungen der ...