Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt. Übernahme von Vorsorgebeiträgen gem § 33 SGB 12. angemessene Alterssicherung
Leitsatz (amtlich)
Eine angemessene Alterssicherung iS von § 33 SGB 12 kann auch bejaht werden, wenn der Rentenbezug nicht zur Unabhängigkeit von Sozialhilfeleistungen im Rentenalter führt.
Orientierungssatz
Zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der angemessenen Alterssicherung.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 9. Mai 2006 sowie der im Namen und im Auftrag der Beklagten erlassene Bescheid der Landeshauptstadt F. vom 12. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 10. Januar 2006 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 4. März 2005 auf Übernahme von Beiträgen für eine angemessene Alterssicherung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen für seine angemessene Alterssicherung. Die Beklagte soll Beiträge zu seiner gesetzlichen Rentenversicherung einzahlen.
Der im August 1951 geborene Kläger erhält seit vielen Jahren Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt -; seit dem Jahr 1991 von der Stadt H., nach seinem Umzug nach F. seit 1996 von der Landeshauptstadt F.. Seit dem Januar 2005 bezieht der Kläger Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt - nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Nach einem Versicherungsverlauf, den die LVA Hannover erstellte (Bl 509 VA und Bl 976 VA) kann der Kläger 30 Monate mit Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung aufweisen (Zeiten zwischen April 1968 und 21. September 1973). In der Vergangenheit hatte der Kläger mehrfach Anträge gestellt, Beiträge für seine Alterssicherung aus Mitteln der Sozialhilfe gemäß § 14 Bundessozialhilfegesetz - BSHG - zu übernehmen. Diese Anträge blieben erfolglos. Das Versicherungsamt der Landeshauptstadt F. erstellte nach Kenntnisnahme des Versicherungsverlaufs folgende Berechnung:
Wie Sie der folgenden Berechnung entnehmen können, wird eine freiwillige Beitragszahlung bis zum Erreichen von 60 Beitragsmonaten nicht dazu führen, dass Herr I. jemals ohne lfd. HLU auskommen wird.
Aufgrund der derzeit erreichten 30 Monate besteht noch kein Anspruch auf irgendeine Rente. Um mit dem 65. Lebensjahr eine Rente bekommen zu können, müssten für Herrn P. noch mindestens 30 freiwillige Beiträge gezahlt werden.
1999 gezahlte Beiträge mit z. Zt.
niedrigstem Satz mtl. 122,85 DM = 1.474,20 DM jährlich und
Höchstsatz mtl 1.657,50 DM = 19.890,-- DM jährlich
würde bei niedrigsten Beiträgen für 12 Monate eine mtl Rente von 0,57 DM zur Folge haben.
Die Zahlung von Höchstbeiträgen für 12 Monate würde eine mtl Rentenzahlung von 7,63 DM bewirken.
Bei gleich bleibenden Beitragssätzen - die genaue Höhe für 2000 und 2001 steht noch nicht fest - bedeutet dies für 2000 ebenfalls 0,57 DM bzw 7,63 DM mtl, für 2001 ebenso, wobei - um die 60 Monate zu erreichen - für 2001 nur für 6 Monate Beiträge gezahlt werden müssten.
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Beitragsaufwand insgesamt: Niedrigster Satz |
= 3.685,50 DM |
Höchstsatz |
= 49.725,-- DM |
Rentenanwartschaft mtl bei niedr Satz |
= 17,-- DM |
mtl bei Höchstsatz |
= 228,90 DM bei Rentenbeginn 01.09.2016 (65. Lebensjahr). |
Eine Möglichkeit Renten wegen Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit zu erhalten ist derzeit nicht gegeben und wird auch durch die freiwilligen Beiträge nie gegeben sein.
In dem darauf folgenden Rechtstreit hat das Verwaltungsgericht Hannover mit Urteil vom 29. Februar 2000 - 3 A 6060/98 - die Klage des Klägers auf Übernahme der Kosten für eine angemessen Alterssicherung abgewiesen. Das Verwaltungsgericht sah eine angemessene Alterssicherung erst für gegeben, wenn der Hilfesuchende zum Zeitpunkt der Rentenleistung unabhängig von Sozialhilfe sei. Diese Voraussetzung läge hier nicht vor. Das Urteil des VG Hannover wurde rechtskräftig.
Nach Inkrafttreten des SGB XII am 1. Januar 2005 begehrte der Kläger neuerlich Beitragszahlungen für seine gesetzliche Rentenversicherung. Es müssten monatliche Leistungen von 78,00 € eingezahlt werden. Nach seinem ersten Antrag vom 4. März 2005 bekräftigte der Kläger bei Vorsprachen am 16. März und 8. April 2005 (Bl 922, 924, 928 VA) sein Anliegen. Nach Vorlage eines Versicherungsverlaufs vom 16. Juni 2006 der LVA Hannover, der dem Versicherungsverlauf aus dem Jahr 1999 entspricht (Bl 976 und Bl 509 VA), lehnte die im Namen und im Auftrag der Beklagten handelnde Landeshauptstadt F. den Antrag auf Übernahme von Beiträgen zur Alterssicherung ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10. Januar 2006 als unbegründet zurückgewiesen. Eine Alterssicherung sei erst dann angemessen, wenn durch den zu erwartenden Anspruch auf Altersrente unter Ber...