Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingliederungshilfe. Hilfsmittel. Batterien für Hörgerät als Instandhaltungskosten. Leistungseinschränkung gem § 54 Abs 1 S 2 SGB 12. keine Heranziehung der Rechtsprechung zu § 40 Abs 1 S 1 BSHG. KVHilfsmV. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Zwar besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf Versorgung mit einem Hörgerät und den dazugehörenden notwendigen Batterien gem § 54 Abs 1 S 1 SGB 12 iVm §§ 26 Abs 2 Nr 6, 31 Abs 2 S 1 SGB 9, §§ 9 Abs 2 Nr 8, 10 Abs 3 S 1 BSHG§47V; jedoch sind die Batterien gem § 2 Nr 11 KVHilfsmV vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen und damit gem § 54 Abs 1 S 2 SGB 12 auch nicht vom Sozialhilfeträger zu übernehmen.

2. Zur Nichtübertragbarkeit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu § 40 Abs 1 S 1 Nr 2 BSHG als eigenständige sozialhilferechtliche Sonderregelung für Hilfsmittel auf die Regelung des § 54 Abs 1 S 1 SGB 12.

3. Unter den Begriff der "Instandhaltung" in § 10 Abs 3 S 1 BSHG§47V fällt auch die Versorgung mit Batterien, damit das Hörgerät überhaupt funktionsfähig ist.

4. Die KVHilfsmV, die Hörgerätebatterien für über 18 Jahre alte Versicherte aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausnimmt, ist ermächtigungskonform und verstößt nicht gegen die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie, das Rechtsstaatsprinzip oder den Gleichheitssatz (vgl BSG vom 8.6.1994 - 3/1 RK 54/93 = SozR 3-2500 § 33 Nr 9 und BSG vom 25.10.1994 - 3/1 RK 57/93 = SozR 3-2500 § 34 Nr 4).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.05.2009; Aktenzeichen B 8 SO 32/07 R)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt als Sozialhilfe - Eingliederungshilfe für behinderte Menschen - die Kosten für Hörgerätebatterien, für die sie je Quartal 24,00 € aufwenden muss.

Die im Dezember 1936 geborene Klägerin gehört wegen ihrer Innenohrschwerhörigkeit zum Personenkreis der körperlich wesentlich behinderten Menschen. Wegen dieser Hörbehinderung ist sie mit einem Hörgerät versorgt. In der Vergangenheit - bis Ende des Jahres 2004 - übernahm der Beklagte die Kosten für die Anschaffung der Hörgerätebatterien, zum Schluss aufgrund eines Urteils des Verwaltungsgerichts (VG) Hannover zu den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG).

Die Klägerin bezog ab Januar 2005 Altersrente in Höhe von 623,26 €, ab 1. Juli 2005 620,18 €; außerdem erhält sie eine Rente der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder in monatlicher Höhe von seinerzeit 208,22 €. Außerdem erhielt die Klägerin im Jahre 2005 monatliches Wohngeld von 18,00 €. Ab Januar 2006 werden der Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII gewährt.

Im Jahre 2005 lehnte der Beklagte nach Zusendung von Auslagenquittungen für Januar bis Mai 2005 die Übernahme der Kosten für Hörgerätebatterien ab. Daraufhin begehrte die Klägerin mit schriftlichem Antrag vom 12. Juni 2005 die weitere Übernahme der Kosten für Hörgerätebatterien ab Januar 2005. Diese Leistungen stünden ihr als behinderten Menschen zu, wie auch das VG in seinem Urteil vom 3. Februar 2005 entschieden habe. Durch die neuen gesetzlichen Regelungen im Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) hätten sich keine Änderungen demgegenüber ergeben.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 4. Juli 2005 den Antrag auf Kostenübernahme für Hörgerätebatterien ab. Die Eingliederungshilfeleistungen müssten den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen. In der gesetzlichen Krankenversicherung sei die Versorgung mit Batterien für Hörgeräte durch gesetzliche Regelung ausgeschlossen. Die Klägerin müsse daher die Kosten selbst tragen. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 2. September 2005 als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klägerin hat am 30. September 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Sie hat vorgetragen, dass sie auch unter Geltung des SGB XII die Kosten für die Hörgerätebatterien aus Mitteln der Sozialhilfe erhalten müsse.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25. April 2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin dem Grunde nach anspruchsberechtigt für die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen sei. Zu den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gehörten auch Hörgeräte und Leistungen zur deren Instandhaltung, also Hörgerätebatterien. Doch müssten die Eingliederungshilfeleistungen den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen. Die gesetzliche Krankenversicherung schließe Energieversorgung bei Hörgeräten für Versicherte aus, dies bedeute, dass die Kosten für Hörgerätebatterien von den Antragstellern selbst zu tragen seien. Dieser Ausschluss gelte ebenso für die Eingliederungshilfe. Die Berufung wurde zugelassen.

Das Urteil wurde der Klägerin am 22. Mai 2006 zugestellt.

Die Klägerin hat am 21. Juni 2006 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, dass sie weiterhin die Hörgerätebatterien benötige und auf die Zahlungen des Sozialhilfeträgers angewiesen sei.

Die ...

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