Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Bedarfe für eine Kranken- und Pflegeversicherung. angemessene Beiträge für eine private Krankenversicherung. halbierter monatlicher Beitrag für den Basistarif. sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Aufhebung eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse. Erhöhung des Renteneinkommens
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Obergrenze des Beitragszuschusses nach § 32 Abs 4 S 2 Nr 1 SGB XII ist die Hälfte des Beitrages im (konkret-individuellen) Basistarif maßgeblich, den die betroffene Person der privaten Krankenversicherung zu leisten hat oder - soweit sie nicht im Basistarif versichert ist - nach einem Wechsel in diesen Tarif zu leisten hätte (ebenso LSG Chemnitz vom 15.3.2021 - L 8 SO 29/20 B ER = juris RdNr 37; zu der Parallelvorschrift § 26 SGB II auch LSG Berlin-Potsdam vom 20.4.2021 - L 10 AS 802/19 = Die Leistungen Beilage 2021, 215 = juris RdNr 22 ff).
2. Der Anwendungsbereich des § 48 SGB X erstreckt sich auch auf anfänglich rechtswidrige Verwaltungsakte, "soweit" in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten ist; die Aufhebung ist damit ausschließlich auf das Ausmaß der Änderung beschränkt (hier Erhöhung von Renteneinkommen).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 6. September 2019 geändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 26. April 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2019 wird aufgehoben. Die Bescheide der Beklagten vom 16. Mai und 19. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2019 und vom 17. April, 20. Juni und 20. Dezember 2019, vom 7. Februar, 2. Juli und 21. Dezember 2020 sowie vom 17. Mai und 25. Juni 2021 werden aufgehoben, soweit dem Kläger monatlich Leistungen für Juni 2018 von weniger als 889,98 €, für Juli 2018 bis Juni 2019 von weniger als 887,18 €, für Juli bis Dezember 2019 von weniger als 883,95 €, für Januar bis Juni 2020 von weniger als 883,86 €, für Juli bis Dezember 2020 von weniger als 880,66 € sowie ab Januar 2021 von weniger als 880,57 € bewilligt worden sind.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) für die Zeit ab Juni 2018, insbesondere wegen höherer Beitragszuschüsse für die private Kranken- und Pflegeversicherung.
Der 1951 geborene Kläger lebt gemeinsam mit seiner 1963 geborenen Lebensgefährtin in einer im Stadtgebiet der Beklagten gelegenen, etwa 68 qm großen Wohnung, für die eine Grundmiete von 419,68 € (bis Juni 2018) und Vorauszahlungen für Betriebs- und Heizkosten von 137,00 € bzw. 58,00 € zu entrichten waren (bruttowarm: 614,68 € je Monat); die Grundmiete erhöhte sich ab Juli 2018 auf 473,27 € und ab Februar 2021 auf 482,63 €. Der Kläger bezieht seit März 2017 eine Regelaltersrente, deren monatlicher Zahlbetrag (netto) sich ab Juli 2017 auf 86,66 €, ab Juli 2018 auf 89,46 €, ab Juli 2019 auf 92,69 €, ab Januar 2020 auf 92,78 € und ab Juli 2020 auf 95,98 € belief und seit Januar 2021 96,07 € je Monat beträgt. Seine Lebensgefährtin erhält eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, die sich im streitgegenständlichen Zeitraum auf einen monatlichen Betrag von 586,90 € (im Juni 2018) bis zu 647,03 € (seit Juli 2020) belief. Für seine private Kranken- und Pflegeversicherung bei der DKV (im Normaltarif) hat der Kläger Beiträge zu entrichten in monatlicher Höhe ab Juni 2018 von 606,74 € bzw. 49,15 € (Gesamt: 655,89 €), ab Januar 2020 von 616,83 € bzw. 85,17 € (Gesamt: 702,00 €) und zuletzt ab Juli 2021 von 606,74 € bzw. 85,17 € (Gesamt: 691,91 €).
Der Kläger war u.a. wegen verschiedener körperlicher Beschwerden (Somatisierungsstörung), einer ausgeprägten Angststörung (Agoraphobie) und einer wiederkehrenden (rezidivierenden) depressiven Störung seit mindestens November 2011 dauerhaft voll erwerbsgemindert und bezieht seit dieser Zeit vom Beklagten Grundsicherungsleistungen. Zuvor hatte er zur Sicherung seines Lebensunterhalts Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bezogen, bei denen zuletzt aufgrund einer gerichtlichen Auseinandersetzung Zuschüsse für die private Kranken- und Pflegeversicherung in monatlicher Höhe von 246,15 € bzw. 34,01 € (gesamt: 280,16 €) berücksichtigt worden sind (Sozialgericht - SG - Bremen, Beschluss vom 18.1.2011 - S 27 AS 2/11 ER -; Ausführungsbescheid des Jobcenters Bremen vom 20.1.2011). In dieser Höhe wurden dem Kläger auch von der Beklagten bis Mai 2018 Beitragszuschüsse gewährt; zuletzt wurden ihm und seiner Lebensgefährtin durch Bescheid vom 28.3.2018 für di...