Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Beitragspflicht von geleisteten Kapitalleistungen aus einer als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung an einen Hinterbliebenen als geerbtes Vermögen. Nachlass. Bezugsberechtigung. durchgehende private Krankenversicherung des verstorbenen Versicherten

 

Orientierungssatz

1. Der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) aus der betrieblichen Altersversorgung fallen, auch soweit sie zur Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, nicht unter § 229 SGB 5, wenn der verstorbene Ehegatte nicht zum versicherten Personenkreis des SGB 5 gehörte.

2. Kapitalzahlungen aus einer als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung an einen Hinterbliebenen, die zunächst Teil des Nachlasses wurden und somit Einnahmen aus ererbtem Vermögen darstellen, fallen nicht unter die Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 229 SGB 5.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.04.2012; Aktenzeichen B 12 KR 19/10 R)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 26. September 2008 und die Bescheide der Beklagten vom 26. September 2006 und 27. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 25. April 2007 werden aufgehoben.

Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außerge-richtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Beitragszahlung auf die Kapitalauszahlung einer Lebensversicherung.

Die 1939 geborene Klägerin ist bei der Beklagten versichert, seit dem 1. Januar 2004 in der Krankenversicherung der Rentner (KVDR). Sie bezieht eine Altersrente und eine Witwenrente (große Witwenrente nach ihrem 2006 verstorbenen Ehemann H. C. - Bescheid vom 3. August 2006).

Der am 11. Dezember 1941 geborene und am 12. Juni 2006 verstorbene Ehemann der Klägerin war durchgehend privat bei der S. I. krankenversichert. Der frühere Arbeitgeber des Ehemannes, die Firma J. und Co. GmbH und Co KG, schloss am 2. Oktober 1989 eine Lebensversicherung zu Gunsten des verstorbenen Ehemannes der Klägerin bei der I. V. Lebensversicherung (jetzt: S. I.) ab. Der Versicherungsbeginn war der 1. Januar 1989; der Ablauf der Versicherung der 1. Januar 1997. Unter Ziff. 4.1 des Vertrages "Bezugsberechtigung" heißt es:

"Der Versicherte ist sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall sowie für eine eventuelle Berufsunfähigkeit bei Rente unwiderruflich bezugsberechtigt. Die Abtretung oder Beleihung des unwiderruflichen Bezugsrechts wird ausgeschlossen. Sofern nichts anderes bestimmt wird, ist beim Todes des Versicherten die Versicherungsleistung zu zahlen an 1. den überlebenden Ehegatten, mit dem der Versicherte im Zeitpunkt seines Ablebens verheiratet war, 2. die ehelichen und ihnen gesetzlich gleichgestellten Kinder zu gleichen Teilen, 3. die Eltern, 4. die Erben (in der Reihenfolge der Ziffern und unter Ausschluss der jeweils nachfolgenden Berechtigten). Die Vorgenannten für den Todesfall begünstigten Hinterbliebenen haben einen widerruflichen Anspruch auf die Versicherungsleistung für den Fall des Todes des Versicherten."

Mit Schreiben vom 14. September 2006 teilte die S. I. der Beklagten mit, dass zum Fälligkeitstermin 12. Juni 2006 an die Klägerin aus der Lebensversicherung Nr. 00000-00 38.493,-- € ausgezahlt würden. Die Beklagte setzte daraufhin mit Bescheid vom 26. September 2006 die Beiträge zur Krankenversicherung aus diesem Versorgungsbezug auf 47,15 € monatlich (beitragspflichtiger Versorgungsbezug 1/120 = 320,77 €; allgemeiner Beitragssatz 13,8 % plus zusätzlicher Beitragssatz 0,9 %) ab 1. Juli 2006 fest. Die Beiträge zur Pflegeversicherung wurden mit Bescheid vom 26. September 2006 auf 5,46 € festgesetzt.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 17. Oktober 2006 Widerspruch ein. Sie wies darauf hin, dass es sich hier um einen Sonderfall handele, da ihr Ehemann selbst privat krankenversichert gewesen sei und die von ihm abgeschlossene Lebensversicherung nur an die Klägerin ausgezahlt worden sei. Ob ein der Versorgung eines Hinterbliebenen dienender unmittelbarer Vermögenserwerb aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis des Erblassers stamme, sei zunächst nach steuerrechtlichen Kriterien zu entscheiden. Die Beklagte hätte zunächst positiv feststellen müssen, dass es sich hier um einen nicht erbschaftssteuerpflichtigen Vorgang gehandelt hätte. Die Leistung sei im Todesfall in den Nachlass gefallen. Gemäß § 168 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) falle die Leistung einer Kapitallebensversicherung immer dann in den Nachlass, wenn keine bezugsberechtigte Person benannt sei. Hier sei abstrakt die gesetzliche Erbfolge genannt, somit der Nachlass gemeint. Die Versicherungsleistung gehe also nicht etwa an dem Nachlass vorbei in das Vermögen der Klägerin, sondern die Versicherungsleistung werde zunächst Teil des Nachlasses. Handele es sich allerdings bei der Versicherungsleistung um geerbtes Vermögen, scheide in jedem Fall ein Versorgungsbezug nach der Begriffbestimmung des § 229 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Bu...

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