Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Höhe von Übergangsgeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf Grundlage einer fiktiven Bemessungsgrundlage. letzter Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben außerhalb der Dreijahresfrist. zeitverzögerte Bewilligung. behördliches Verschulden. Zuordnung eines Abteilungsleiters im Buchbinderhandwerk zur Qualifikationsgruppe 3 nach § 68 Abs 2 S 2 Nr 3 SGB 9 2018
Leitsatz (amtlich)
Liegt tatsächlich der letzte Tag des in Betracht kommenden Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben länger als drei Jahre zurück, dann ist die Höhe des Übergangsgeldes auch dann entsprechend den pauschalierenden Vorgaben des § 68 SGB IX zu ermitteln, wenn ein behördliches Verschulden zu dem verzögerten Maßnahmebeginn beigetragen hat.
Orientierungssatz
Für die Einstufung der Versicherten in die in § 68 Abs 2 SGB 9 2018 normierten Qualifikationsgruppen kommt es allein auf den förmlichen Abschluss der maßgeblichen Berufsausbildung an (vgl LSG Celle-Bremen vom 29.1.2020 - L 2 R 377/19 = juris RdNr 23 ff und LSG Schleswig vom 26.4.2022 - L 7 R 10006/21 = juris RdNr 37).
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Berücksichtigung einer höheren fiktiven Qualifikationsgruppe und hilfsweise seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit für eine Gewährung eines höheren Übergangsgeldes für eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Der am 25.10.1959 geborene Kläger absolvierte nach seinem Hauptschulabschluss in der Zeit von 1975 bis 1978 eine Ausbildung zum Buchbinder und arbeitete unterbrochen durch einen Wehrdienst danach zunächst in diesem Beruf. Im Anschluss war der Kläger von 1982 bis 1997 als Papierveredler, als schichtführender Abteilungsleiter einer Buchbinderei bis 2005 und sodann nach einer Integrationsmaßnahme 2007 als Mitarbeiter am Empfang in einem Hotel tätig. Von November 2007 bis Mai 2016 war er wieder als Abteilungsleiter in einer anderen Firma, der Firma I. Druck und Medien, tätig. Voraussetzung für diese Tätigkeit war nach der Stellenausschreibung eine einschlägige abgeschlossene Ausbildung, idealerweise mit Meisterprüfung und einem ausreichend großen Erfahrungsschatz. Während dieser Tätigkeit bezog der Kläger zunächst auf der Grundlage eines Abteilungsleitervertrages mit 40 Wochenstunden ein Arbeitsentgelt in Höhe von 3.800 € (brutto) pro Monat und zuletzt nach einem in der Folge eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 26.03.2015 (Az: 10 Ca 636/14) vereinbarten Änderungsvertrages als Schichtleiter auf der Grundlage von 32 Wochenstunden in Höhe von 3.040 Euro (brutto).
Nebenbei übte der Kläger Tätigkeiten als Mitglied des Prüfungsausschusses für Buchbinder in Hannover und Tätigkeiten als Lehrbeauftragter für die Ausbildungsberufe Medientechnologien, Druckverarbeitung und Buchbinder an der J. Berufsbildenden Schule in K. aus.
Aufgrund der Insolvenz der Firma I. meldete sich der Kläger ab dem 02.06.2016 arbeitslos und bezog zunächst Arbeitslosengeld und aufgrund einer zwischenzeitlich eingetretenen Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 19.12.2016 bis zum 06.05.2018 Krankengeld in Höhe des vorherigen Arbeitslosengeldes. Daran anschließend bezog der Kläger bis zum 03.12.2019 wieder Arbeitslosengeld.
Am 30.08.2016 beantragte der Kläger eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bei der Beklagten. Wegen Schließung der Firma, Hüftarthrose, Spinalkanalverengung und Polyneuropathie suche der Kläger nach einem behindertengerechten Arbeitsplatz. Diesen Antrag lehnte die Beklagte zunächst nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens mit Untersuchung am 12.10.2016 mit Bescheid vom 19.10.2016 ab, weil der Kläger in der Lage sei, seine Beschäftigung als Buchbinder weiterhin auszuüben. Den hiergegen am 01.11.2016 erhobenen und im März 2017 auch mit psychischen Beschwerden begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.04.2017 zurück, weil der Kläger weiterhin in der Lage sei als leitender Angestellter und Schichtführer zu arbeiten. Im Rahmen des auf die ablehnenden Bescheide folgenden Klageverfahrens gewährte die Beklagte dem Kläger in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.03.2019 im Vergleichswege eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach, weil die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr existiere. Vom 05.-30.08.2019 absolvierte der Kläger ein Assessment bei den Berufsförderungswerken und bekam als Empfehlung im Assessmentbericht vom 11.09.2019 (Bl. 87 VV) die Empfehlung für eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 29.08.2019 eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer beruflichen Integrationsmaßnahme bei der L. gGmbH in K.. An dieser nahm der Kläger in der Zeit vom 04.12.2019 bis zum 31.08.2020 teil.
Der Kläger reichte am 06.11.2019 bei der Beklag...