Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2. qualifizierter Mietspiegel. Wohngeldtabelle
Orientierungssatz
Ist ein qualifizierter Mietspiegel iS der §§ 558c, 558d BGB nicht vorhanden, so ist bei der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 regelmäßig der Tabellenwert der rechten Spalte der Wohngeldtabelle zu § 8 WoGG 2 zu Grunde zu legen.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Leistungen für die Kosten der Unterkunft nach § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2005.
Die 1964 geborene alleinstehende Klägerin bezog bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe und erhält seitdem Leistungen nach dem SGB II. Sie bewohnte in der Zeit vom 1. August 2002 bis zum 31. Juli 2006 eine seit 1902 bezugsfertige Wohnung mit einer Wohnfläche von 53 qm, für die sie Mietzahlungen in Höhe von monatlich 257,05 € zuzüglich 51,60 € Nebenkosten zu leisten hatte. Für Heizkosten (Gasheizung) zahlte sie an den Energieversorger monatlich 54,00 €.
Bis zum 30. Juni 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen in Höhe von 698,65 € monatlich. Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigte sie mit 353,65 € (308,65 € Miete und Nebenkosten, 45,00 € Heizkosten) und wies die Klägerin darauf hin, dass sie die Miete von 308,65 € für nicht angemessen hielte und diese nur bis einschließlich Juni 2005 berücksichtigen würde. Die anzuerkennende Miethöchstgrenze läge bei 247,50 € Kaltmiete plus Nebenkosten ohne Heizkosten. Zur Berechnung der Heizkosten stellte sie auf eine angemessene Wohnfläche von 50 qm ab. Als Heizbedarf hielt sie einen Betrag von 0,90 € pro qm für angemessen und berücksichtigte deshalb einen Betrag von 45,00 € (50 qm angemessene Wohnfläche mal 0,90 €).
Für den folgenden Bewilligungszeitraum Juli bis Dezember 2005 erkannte die Beklagte nur noch die von ihr als angemessen erachteten Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 292,50 € (247,50 € Miete, 45,00 € Heizkosten) an (Bescheid vom 23. Juni 2005, Widerspruchsbescheid vom 11. August 2005). Maßgeblich seien die um 10 % erhöhten Tabellenwerte zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG). Ausreichende Bemühungen um günstigeren Wohnraum hätte die Klägerin nicht unternommen.
Zum 1. August 2006 hat die Klägerin eine andere Wohnung mit einer Wohnfläche von 50 qm zum Preis von 360,00 € Bruttokaltmiete zuzüglich 40,00 € Heizkostenpauschale angemietet. Die Beklagte übernimmt gemäß Änderungsbescheid vom 15. Juni 2006 von der Bruttokaltmiete 300,00 € zuzüglich 33,50 € Heizkosten (40,00 € Heizkostenpauschale abzüglich 6,50 € Warmwasserzubereitung).
Die Klägerin hat am 19. August 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Osnabrück erhoben und weiterhin Leistungen in bislang bewilligter Höhe verlangt, zumindest Mietkosten in Höhe von 300,00 € zuzüglich Heizkosten.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 15. Februar 2006 stattgegeben, die Beklagte zur Zahlung weiterer 63,50 € monatlich für Unterkunft und Heizung verurteilt und die Berufung zugelassen. Die Kosten der Unterkunft der Klägerin seien angemessen. Bei der Ermittlung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung sei nicht auf die Tabelle zum WoGG, sondern auf den Mietpreisspiegel der Stadt O aus dem Jahr 2005 abzustellen, unabhängig davon, dass es kein qualifizierter Mietspiegel nach § 558d des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sei. Dieser bilde die entscheidungserheblichen örtlichen Mieten besser ab und sei überdies aktueller als die Tabelle nach § 8 WoGG in der seit Januar 2001 geltenden Fassung. Überdies differenziere er sieben Fertigstellungszeiträume, während die Tabelle nach § 8 WoGG nur vier enthalte.
Anhand des Mietpreisspiegels hat das SG einen angemessenen Mietpreis von 5,19 €/qm ermittelt, der auch durch Auskünfte großer, im Raum O tätiger Wohnungsanbieter im Wesentlichen bestätigt worden sei. Die Wohnung sei mit einer Wohnfläche von 53 qm zwar um 3 qm zu groß, weil für Alleinstehende in Niedersachsen eine Wohnung nur bis 50 qm Wohnfläche angemessen sei. Aus dem Produkt der angemessenen Wohnungsgröße (50 qm) und dem Quadratmeterpreis ergebe sich aber eine angemessene Kaltmiete ohne Betriebskosten von 259,50 €, die tatsächliche Miete von 257,05 € liege noch unterhalb dieser Angemessenheitsgrenze. Hinzu kämen die tatsächlichen, weil von der Klägerin nicht beeinflussbaren Nebenkosten (51,60 €). Zwar betrügen die auf die angemessene Wohnfläche heruntergerechneten Nebenkosten 50,38 €. Auch die Differenz zu den tatsächlichen Nebenkosten (1,22 €) sei aber zu übernehmen, weil die Kaltmiete 2,45 € unterhalb der Angemessenheitsgrenze liege. Außerdem hätte die Klägerin Anspruch auf die tatsächlichen Heizkosten abzüglich eines Warmwasseranteils, insgesamt 54,00 € minus 6,50 €. Für die monatlich geschuldeten Heizkosten spreche eine Vermutung der Angemessenheit. Die ...