Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. persönliche Voraussetzung. Diplom-Chemiker

 

Orientierungssatz

Zur Zugehörigkeit eines Diplom-Chemikers zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz, der keine Versorgungszusage auf eine Zusatzversorgung nach der ZAVtIV hatte.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 18.10.2007; Aktenzeichen B 4 RS 25/07 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Beklagte den Zeitraum von November 1962 bis Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (im Folgenden: AV-techInt) sowie die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.

Der am ... 1937 geborene Kläger bestand im Juli 1956 die Reifeprüfung an einer Oberschule in G (Gebiet der damaligen DDR). Nach anschließendem Studium an der Technischen Universität D wurde ihm aufgrund der Diplomprüfung in der Fachrichtung Chemie der akademische Grad eines Diplom-Chemikers verliehen (Urkunde vom 6. Oktober 1962). Anschließend war der Kläger bis Juni 1990 im Gebiet der ehemaligen DDR als Diplom-Chemiker beschäftigt, und zwar von November 1962 bis April 1969 beim VEB Sprengstoffwerk G (bei B), und von Mai 1969 bis Juni 1990 beim VEB-Chemiekombinat B. Im Sprengstoffwerk G entwickelte der Kläger neue Verfahren zur Herstellung von Salpetersäure-Estern (Anmeldung im September 1964 zum Patent) und war seit Mai 1966 Laborleiter sowie ab April 1968 zunächst kommissarisch und später voll verantwortlich Leiter der Gütestelle. Im Chemiekombinat B, Forschungsabteilung für Elektrolysen, war der Kläger für die Forschung und Entwicklung in der Chloralkalielektrolyse verantwortlich (Entwicklung, Bau und Erprobung großtechnischer Aggregate und ganzer Anlagen) und hatte in einem Projekt verfahrenstechnische Parameter an Elektrolysezellen zu messen und die dafür notwendigen Verfahren zu entwickeln. Im Rahmen einer sog. Vertragsforschung ging es u. a. um die Entwicklung eines asbestfreien Diaphragmas (gemeinsame Forschung mit dem Akademieinstitut für Technologie der Polymere in D). Der Kläger arbeitete im Sprengstoffwerk G vor allem mit 2 Chemie-Ingenieuren zusammen, im Chemiekombinat B vor allem mit mehreren Diplom-Ingenieuren.

Nach seinem Übertritt in die alten Bundesländer war der Kläger zuletzt noch von März 1996 bis Februar 1998 freiberuflich als Diplom-Chemiker tätig (Berater für eine Pilotanlage).

Auf seinen am 19. April 1999 gestellten Antrag bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit ab dem 1. März 2000 (frühest möglicher Rentenbeginn ohne Abschlag) Altersrente für langjährig Versicherte. Den gleichzeitig gestellten und zum vorliegenden Verfahren führenden Antrag, die Zeit von November 1962 bis Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AV-techInt oder aber der Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen - vom Kläger später nicht weiter verfolgt - festzustellen, lehnte die Beklagte mit ihrem Bescheid vom 25. Juni 2001 ab. Zunächst und vor allem fehle es an einer positiven Versorgungszusage. Der Kläger habe aber auch keine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt, die ihrer Art nach von der AV-techInt erfasst gewesen sei. Nur unter dieser Voraussetzung habe der Beschäftigte damit rechnen können, eine Versorgungszusage zu erhalten. Während Ingenieure und Techniker vom Wortlaut der AV-techInt erfasst seien, sei dies bei Diplom-Chemikern gerade nicht der Fall. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 19. März 2003 zurück. Sie bezog sich dabei u. a. auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach Diplom-Chemiker nicht berechtigt gewesen seien, den Titel eines Ingenieurs zu führen.

Mit seiner dagegen gerichteten und am 17. April 2003 beim Sozialgericht (SG) Stade eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Er hat sich vor allem gegen die Rechtsprechung des BSG gewandt und zu bedenken gegeben, die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in der ehemaligen DDR seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Das gelte vor allem für den Gesichtspunkt, der DDR sei es darum gegangen, die Abwanderung der Intelligenz in die Westzonen einzudämmen. Dieses Bestreben müsse Richtschnur für die Auslegung der vom Wortlaut allein nicht zielführenden Versorgungsordnungen sein. Danach könne es keine Rolle spielen, dass ihm, dem Kläger, nicht - durch Staatsakt - das Recht zuerkannt worden sei, den Titel "Ingenieur" zu führen. Vielmehr verdienten es Diplom-Chemiker erst recht, in die AV-techInt aufgenommen zu werden, wenn dies schon für Chemie-Ingenieure gelte. Denn Chemie-Ingenieure hätten ihren Titel nach einem lediglich 3-jährigen Fachschulstudium erworben, während Diplom-Chemiker ihren Abschluss erst nach einer Regelstudienzeit von 5 Jahren an einer Hochschule erreicht hätten (wofür wiederum das Abitur oder aber der bereits erfolgreiche Absc...

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