Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. keine Kostenerstattung für eine Kopforthesenbehandlung. Bindungswirkung der Richtlinien des GBA. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die Behandlung mittels Kopforthese bzw Helmtherapie gehört nicht zu den von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen.
2. Die Bindungswirkung der Richtlinien des GBA als untergesetzliche Rechtsnormen gegenüber allen Systembeteiligten steht außer Frage. Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtssetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel (vgl BSG vom 7.5.2013 - B 1 KR 44/12 R = BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29 Rn 14).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Osnabrück vom 24. April 2015 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die 2012 geborene Klägerin litt an einer Schädelasymmetrie.
Sie führte deshalb Krankengymnastik durch und hatte zehn Behandlungen Osteopathie.
Nachdem sich die Deformität nicht gebessert hatte, stellte sie sich am 23. Januar 2013 bei Dr. G. (H.) vor, der eine Therapie mittels Kopforthese einleitete.
Am 24. Januar 2013 beantragte die Klägerin unter Vorlage einer Verordnung für eine Kopforthese durch den behandelnden Kinderarzt I. die Gewährung einer Therapie mittels Kopforthese und Kostenübernahme.
Die Eltern der Klägerin erhielten am 6. Februar 2013 eine Rechnung über 1.819,-- Euro, die die Eltern der Klägerin am 11. März 2013 per Kontoüberweisung beglichen.
Am 20. Februar 2013 führte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) durch Dr. J. aus, dass als Diagnose eine nichtsynostotische Plagiozephalie mit Schädelbasisasymmetrie bestehe. Der Einsatz einer Kopforthese zur Behandlung der nichtsynostotischen Schädelasymmetrie stelle im Ergebnis eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode (NUB) dar. Eine eindeutige medizinische Notwendigkeit zur Kopforthesenbehandlung lasse sich unter Berücksichtigung der bisherigen wissenschaftlichen Datenlage und auch anhand der vorgelegten Messdaten im vorliegenden Falle nicht ableiten. Eindeutige “Schwellenwerte„ für die Indikationsstellung zur Behandlung mit Kopforthesen könnten nicht definiert werden. Es sei wissenschaftlich nicht geklärt, ob unbehandelte, nichtsynostotische Schädeldeformitäten überhaupt zu Spätschäden iS von Funktionsstörungen oder Behinderungen führten. Der Krankheitsbegriff sei im Falle der nichtsynostotischen kindlichen Schädeldeformität nicht eindeutig geklärt. Eine positive Bewertung der Behandlungsmethode durch den gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) läge nicht vor. Es handele sich bei der nichtsynostotischen Schädelasymmetrie weder um eine lebensbedrohlich oder regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung noch um einen sogenannten Seltenheitsfall.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. März 2013 den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus, dass das beantragte Produkt nicht die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme erfülle.
Hiergegen erhob die Klägerin am 15. März 2013 unter Vorlage einer Stellungnahme des K. Widerspruch. Die Kopfform sei vor der Helmtherapie außerhalb der Norm gewesen. Unbehandelt wären Kiefer- und Gesichtsasymmetrien mit entsprechenden Funktionsstörungen zu erwarten gewesen. Die Behandlung mit einer Kopforthese sei eine wachstumslenkende Einflussnahme auf die Kopfform und geeignet, die Asymmetrie auszugleichen, weshalb die Therapie am 23. Januar 2013 eingeleitet worden sei. Mittlerweile habe sich die Asymmetrie verringert.
Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des MDK durch Dr. L. wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2013 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass Versicherte nur unter den Voraussetzungen des § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln hätten. Der MDK habe in seinem Gutachten mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für die Kostenübernahme der Helmorthese nicht vorlägen. Auch nach Vorlage der Unterlagen im Widerspruchsverfahren an den MDK sei dieser erneut zur Auffassung gelangt, dass die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nicht vorlägen. Gem § 135 Abs. 1 SGB V müssten neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch den GBA positiv bewertet werden, bevor sie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung im vertragsärztlichen Bereich erbracht werden könnten. Eine solche Bewertung liege nicht vor. Eine Kostenübernahme komme deshalb nicht in Betracht.
Gegen den am 29. November 2013 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 23. Januar 2014 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der Widerspruchsbescheid eine Offenbarung darstelle, da schlichtweg nichts geprüft worden sei oder beurteilt worden sei, das die Belange der Klägerin betreffe. Die medizinisch angeordnete Behandlung der Klägerin sei...