Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Zahlungen des Arbeitgebers zur Abgeltung verbliebener Erholungsurlaubsansprüche. rentenunschädlicher Hinzuverdienst
Leitsatz (amtlich)
Tritt im Laufe eines Arbeitsverhältnisses eine Erwerbsminderung ein, die einer weiteren Erbringung tatsächlicher Arbeitsleistungen entgegensteht, dann sind Zahlungen des Arbeitgebers zur Abgeltung verbliebener Erholungsurlaubsansprüche nicht nach Maßgabe des § 96a SGB VI als Hinzuverdienst auf die zuerkannte Erwerbsminderungsrente anzurechnen.
Orientierungssatz
Zum Leitsatz vgl BSG vom 10.7.2012 - B 13 R 85/11 R = SozR 4-2600 § 96a Nr 14 und B 13 R 81/11 R sowie LSG Stuttgart vom 16.6.2015 - L 9 R 5132/14.
Tenor
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch aus dem Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ausgezahlte Mehrarbeitsvergütung, Urlaubsgeld, Urlaubsabgeltung und Zuschuss zu Krankengeld als Hinzuverdienst auf eine laufende Rente wegen voller Erwerbsminderung anzurechnen sind.
Der am 18. Oktober 1948 geborene Kläger war bei der I. GmbH, J., K. beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis war der Manteltarifvertrag für die Erdöl- und Erdgas-, Bohr- und Gewinnungsbetriebe vom 2. November 2004, gültig ab 1. Januar 2005, anzuwenden.
Ab dem 21. Februar 2011 war er arbeitsunfähig erkrankt. Nachdem er zunächst Entgeltfortzahlung von seinem Arbeitgeber erhalten hatte, bezog er in dem Zeitraum vom 4. April 2011 bis 19. August 2011 Krankengeld von der AOK - Die Gesundheitskasse.
Mit Bescheid vom 15. August 2011 gewährte die Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag vom 7. Juni 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Juni 2011 längstens bis zum 31. Dezember 2013 (Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze). Für die Zeit ab 1. Oktober 2011 wurden laufend monatlich 1.741,99 € ausgezahlt. Auf den Antrag des Klägers vom 1. November 2011 erhielt er von der Beklagten mit Bescheid vom 3. November 2011 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab November 2011 in Höhe von monatlich laufend 1.763,14 €.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 2011 kündigte der Kläger entsprechend einem Vorschlag der Arbeitgeberin das formal fortbestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Oktober 2011 aus gesundheitlichen Gründen.
Am 23. November 2011 erstellte die I. GmbH L. ausgehend von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Oktober 2011 die Entgeltabrechnung für den Kläger für die Monate Oktober und November 2011. Aus der Abrechnung für den Monat Oktober 2011 ergab sich eine (hinsichtlich des sich daraus ergebenden Nettobetrages im November 2011 an den Kläger ausgezahlte) Gesamtbruttozahlung in Höhe von 10.905,04 €, welche bei der sozialversicherungsrechtlichen Meldung der beitragspflichtigen Entgelte dem Monat Oktober 2011 zugeordnet worden ist. Diese gliederte sich in eine Vergütung für
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Mehrarbeitsvergütung |
1.092,00 € |
Zus. Urlaubsgeld |
1.650,00 € |
Urlaubsabgeltung Betrag |
7.621,28 € |
Zuschuss Krankengeld |
541,76 €. |
Die Mehrarbeitsvergütung zugrunde liegenden 50 Überstunden hatte der Kläger im Zeitraum von Anfang 2010 bis einschließlich 31. Januar 2011 erarbeitet.
Das dem Kläger zustehende Urlaubsgeld belief sich im Jahr 2011 auf 2.475 € (entsprechend einem monatlichen Anfangsgehalt in der Tarifgruppe 4) und wurde in dem Beschäftigungsbetrieb in monatlichen Teilbeträgen von 206,25 € jeweils mit dem Monatsgehalt ausgezahlt. Da der Kläger entsprechende regelmäßige monatliche Gehaltszahlungen im Jahr 2011 zuvor nur für die Monate Januar bis April erhalten hatte, ergab sich noch ein verbleibender anteiliger Urlaubsgeldanspruch in Höhe des Achtfachen dieses monatlichen Abschlagbetrages von 206,25 €.
Die Urlaubsabgeltung errechnete sich aus 46 abzugeltenden Urlaubstagen (elf Tage Resturlaub aus 2010, 30 Tage Urlaub aus 2011 und fünf Tage Sonderurlaub für Schwerbehinderte) und belief sich nach den Berechnungen des Arbeitgebers auf 165,68 € je Tag. Der Zuschuss zum Krankengeld ergab sich aus der Regelung des § 17 Abs. 3 MTV unter Berücksichtigung eines Bruttoentgelts in Höhe von 3.603,58 € und einem Nettoentgelt von 2.525,42 €.
Mit Schreiben vom 12. Januar 2012 (Eingang bei der Beklagten: 16. Januar 2012) zeigte der Kläger die Zahlungen seines Arbeitgebers bei der Beklagten an und führte aus, dass er davon ausgehe, dass diese Zahlungen bei der Ermittlung der Hinzuverdienstgrenze nicht zu berücksichtigen seien, da sie aus einer Beschäftigung vor dem Bezugszeitraum der Rente resultieren würden. Gleichzeitig legte er die Entgeltabrechnungen für die Monate Oktober und November sowie die Meldebescheinigung zur Sozialversicherung vom 23. November 2011 vor.
Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 23. Februar 2009 zu einer teilweisen Aufhebung des Bescheides vom 15. August 2011 für den Zeitraum vom 1. bis 31. Oktober 2011 nach § 48 und einer Erstattung in Hö...