Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. abschließende Entscheidung nach vorläufiger Leistungsbewilligung. Einkommensberücksichtigung und -berechnung. Bildung eines Durchschnittseinkommens. Zufluss einmaliger Einnahmen. Aufteilung auf Verteilzeitraum ab Folgemonat. keine Unterbrechung des Leistungsbezugs. Berücksichtigung des monatlichen Teilbetrags beim Durchschnittseinkommen
Leitsatz (amtlich)
1. Führt eine einmalige Einnahme nicht zum Wegfall des Leistungsanspruchs in einem Leistungsmonat, weil sie gemäß § 11 Abs 3 S 4 SGB II auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen ist, liegt ein Ausnahmefall iS des § 41a Abs 4 S 2 Nr 2 SGB II, in dem ein Durchschnittseinkommen nicht zu bilden ist, nicht vor.
2. Die Regelung des § 11 Abs 3 S 3 SGB II über die Berücksichtigung einer einmaligen Einnahme im Folgemonat ist auch auf vorläufige Leistungen anzuwenden.
3. In die Bildung eines Durchschnittseinkommens nach § 41a Abs 4 S 1 und 3 SGB II sind auch im Bewilligungszeitraum zu berücksichtigende Teilbeträge einer einmaligen Einnahme einzubeziehen.
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 27. August 2019 wird aufgehoben, soweit es die Monate Februar bis April 2018 betrifft, und hinsichtlich des Monats Mai 2018 dahingehend geändert, dass der Beklagte unter Änderung seines Leistungsbescheides vom 14. August 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2018 verurteilt wird, der Klägerin zu 1.) weitere Leistungen in Höhe von 66,60 €, dem Kläger zu 2.) weitere Leistungen in Höhe von 59,57 € und der Klägerin zu 3.) weitere Leistungen in Höhe von 23,31 zu bewilligen, und seine Erstattungsbescheide vom 14. August 2018 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21. September 2018 aufgehoben werden, soweit die geltend gemachten Erstattungen über 101,81 € (Klägerin zu 1.), 91,07 € (Kläger zu 2.) und 35,64 € (Klägerin zu 3.) hinausgehen.
Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat den Klägern 1/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die endgültige Festsetzung ihrer Leistungsansprüche nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum von Februar bis Juni 2018 und hieraus resultierende Erstattungsforderungen des Beklagten.
Die 1992 geborenen Kläger zu 1.) und 2.) sind miteinander verheiratet. Sie standen mit ihrer 2013 geborenen Tochter, der Klägerin zu 3.), im aufstockenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Am 25. Juni 2018 wurde ein weiteres Kind geboren, welches nicht am vorliegenden Rechtsstreit beteiligt ist. Für ihre 69,5 qm große Mietwohnung entstanden den Klägern monatliche Aufwendungen in Höhe von 494,60 € (330,60 € Grundmiete und 164 € Vorauszahlungen für Betriebs- und Heizkosten). Die Klägerin zu 1.) bezog im streitbefangenen Bewilligungszeitraum Kindergeld in Höhe von 192 € monatlich. Weiteres Einkommen hatte sie nicht (Elterngeld wurde erstmals im August 2018 gezahlt). Der Kläger zu 2.) befand sich zunächst in Berufsausbildung und wurde ab dem 15. Juni 2018 von seinem Lehrbetrieb in Vollzeit weiterbeschäftigt. Das erzielte laufende Arbeitsentgelt belief sich von Januar bis Mai 2018 auf 770 € monatlich (netto 614,65 €) und im Juni 2018 auf 1.580,34 € (netto 1.164,73 €). Im Mai 2018 wurden zudem Überstunden abgerechnet (brutto 1.805,58 €/netto 1.441,29 €). Die laufenden Löhne wurden jeweils im Folgemonat, die Überstundenvergütung im Mai 2018 auf das Konto des Klägers überwiesen, wobei sich die Überweisungsbeträge nach Abzug von Kosten für Arbeitskleidung in Höhe von 10 € bzw. 15,66 € (Lohnabrechnung für Juni 2018) auf 604,65 € monatlich (Februar bis April 2018), 2.045,94 € (Mai 2018), 604,67 € (Juni 2018) und 1.149,07 € (Juli 2018) beliefen. Weiteres Einkommen erzielte der Kläger zu 2.) nicht.
Der Beklagte bewilligte für den Bewilligungszeitraum von Februar bis Juli 2018 im Hinblick auf das schwankende Arbeitseinkommen des Klägers zu 2.) zunächst vorläufige Leistungen, welche sich gemäß Änderungsbescheiden vom 19. Februar 2018 und 2. August 2018 für die Klägerin zu 1.) auf 477,43 € monatlich (Februar bis Mai 2018) und 465,06 € (Juni 2018), für den Kläger zu 2.) auf 427,05 € monatlich (Februar bis Mai 2018) und 423,02 € (Juni 2018) sowie für die Klägerin zu 3.) auf 167,11 € monatlich (Februar bis Mai 2018) und 161,42 € (Juni 2018) beliefen. Der Monat Juli 2018 ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Nach Vorlage der Lohnabrechnungen entschied der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. August 2018 abschließend über die Leistungsansprüche der Kläger für den Bewilligungszeitraum von Februar bis Juli 2018 und setzte diese für die Klägerin zu 1.) auf 408,92 € monatlich (Februar bis April 2018), 309,02 € (Mai 2018) und 305,37 € (Juni 2018), für den Kläger zu 2.) ...